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Puppengrab

Puppengrab

Titel: Puppengrab
Autoren: Kate Brady
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Leichnam in einem bewaldeten Gebiet entdeckt. Der Täter hat vorher ein bisschen an ihr herumgeschnitzt, um ihr dann ein Hohlspitzgeschoss Kaliber 38 in den Schädel zu jagen. Am Tatort finden wir eine Snackverpackung.« Er hielt inne. »Reese’s Erdnussbutter-Cup.«
    Der alte Zweifel grub sich tief in Neils Herz. Das hörte sich in der Tat so an wie damals bei Gloria. Sogar bis zu jenem Detail, dass der Killer damals ein Snackpapier im Auto hinterlassen hatte. Neil schluckte. »Wurde sie vergewaltigt?«
    »Wissen wir noch nicht, aber«, Rick fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, »es sieht ganz danach aus.«
    Ein angstvoller Schauer lief Neil über den Rücken. Er ging auf und ab, während er versuchte, sich einzureden, dass an der Sache nichts dran war, doch die Möglichkeiten nahmen wie Gespenster vor seinem inneren Auge Gestalt an: die Möglichkeit, dass Anthony Russell in Bezug auf den Mord an Gloria gelogen hatte, um einen Deal mit der Staatsanwaltschaft zu schließen. Die Möglichkeit, dass die Geschworenen ihn freigesprochen hätten, wenn es tatsächlich zu einem Verfahren gekommen wäre. Die Möglichkeit, dass Neil, als er seine Familie im Stich ließ, um einen Mörder zu fassen, den falschen Mann erwischt hatte.
    Und der richtige Mann hatte vor drei Tagen in Seattle eine Frau umgebracht.
    »Neil, du kanntest den Gloria-Michaels-Fall besser als jeder andere. Bitte komm mit, und sieh dir die Sache an. Wir können den nächsten Flieger nach Virginia nehmen.«
    Neil verengte die Augen zu Schlitzen. »Wie kommt ein Lieutenant in Arlington eigentlich dazu, in einem Mordfall zu ermitteln, der sich dreitausend Meilen entfernt ereignet hat?«
    »Die Polizei von Seattle hat mich gebeten, jemanden zu überprüfen. Das Handy der Toten wurde in der Mordnacht benutzt, um eine Frau in meinem Revier anzurufen.«
    »Wen?«
    »Ihr Name ist Elizabeth Denison.«
    Neil ging im Gedächtnis die Namen durch, von denen er wusste, dass sie in Verbindung zu Anthony Russell gestanden hatten. Ihm fiel niemand mit dem Namen Elizabeth Denison ein, doch das überraschte ihn nicht. Denn Anthony hatte nichts damit zu tun. »Hast du mit ihr gesprochen?«
    »Es war niemand zu Hause. Wir haben ein Auto vor ihrem Haus postiert. Als mir dann die Parallelen zu dem Gloria-Michaels-Fall auffielen, habe ich beschlossen, dich zu fragen, ob du einen Blick auf die Sache werfen kannst.«
    Neil stieß einen Fluch aus. Verdammt, natürlich hatte er nicht die geringste Lust, sich die Sache anzusehen. Neun Jahre lang hatte er sich nicht mit derart nutzlosen Dingen wie richtig und falsch, gut und böse herumgeschlagen. Er war nichts weiter als ein exorbitant gut bezahlter Wachhund gewesen – gleichgültig, ob im Dschungel, in den Bergen oder in der Wüste. Er war an Orten unterwegs, an denen er sich nicht die Mühe gemacht hatte zu fragen, ob er die guten oder die bösen Jungs bewachte. Alles was zählte, war, nicht die erste Kugel abzubekommen.
    Ihr könnt mich alle mal – so lautete sein Lebensmotto jetzt, und es war meilenweit von jenem entfernt, das einst auf seiner Polizeimarke gestanden hatte.
    Neil presste die Stirn gegen seinen Arm, mit dem er sich an der Wand abstützte. »Wenn du recht hast«, sagte er schließlich, »habe ich einen unschuldigen Mann getötet.«
    »Unschuldig? Anthony Russell hat auf dich geschossen. Er hat einen Gerichtsdiener so zugerichtet, dass dieser für den Rest seines Lebens im Rollstuhl sitzt.«
    »Er war in Gewahrsam, weil ich ihn wegen des Mordes an Gloria festgenommen hatte.«
    Rick kam näher. »Er war ein Mörder mit einem Vorstrafenregister länger als dein bestes Stück, mein Freund. Der einzige Grund, weshalb überhaupt für uns von Interesse ist, ob du dich in ihm getäuscht hast, ist, dass Glorias tatsächlicher Mörder gestern Abend in Seattle zugeschlagen haben könnte. Verstanden?«
    Schon klar,
dachte Neil, doch er hatte Angst, tief durchzuatmen. Denn wenn er es täte, konnte so etwas wie neue Energie durch seine Adern strömen, und am Ende gäbe es vielleicht wieder etwas, das ihm tatsächlich wichtig war. Und dem hatte er doch vor neun Jahren abgeschworen.
    Selbst mit dieser Warnung im Kopf ließ er die Hand in die Hosentasche gleiten und drückte das ramponierte Stück Plastik mit der Schleife. Während er die Augen schloss, um die schrecklichste aller Möglichkeiten nicht sehen zu müssen, hielt er es fest umklammert.
    Wenn er sich in Anthony Russell getäuscht hatte, war Mackenzie umsonst
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