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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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plötzlich alle Türen in Köln offen standen. Die Krönung im negativen Sinne erlebte Feilen, als ihn Müller von den Verhandlungen ausschloss. Er, immerhin Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung der Stadt Köln und beratendes Mitglied in der Liegenschaftsabteilung, war nicht mehr mit von der Partie, wenn es um millionenschwere Finanzgeschäfte mit städtischen Grundstücken ging.
    Müller servierte auch Feilens Freund kurzerhand ab. Der Oberbürgermeister betrachtete die bisherigen Verhandlungen als bloße Vorbereitungsgespräche ohne rechtliche Relevanz und sah keinen Grund, frühere Absprachen oder Zusagen als verbindlich anzusehen. Für ihn gab es bei dem Grundstücksverkauf nur noch einen ernsthaften Verhandlungspartner: die ›Printe‹, wie Feilen den Mann aus Aachen abfällig bezeichnete.
    Noch war das Geschäft nicht unter Dach und Fach. Es gab zwar die verbriefte Einigung zwischen dem Oberbürgermeister und dem Printenproduzenten, solange jedoch der Notar nicht tätig geworden war, bestand die Hoffnung, dass der Vertrag vielleicht platzte. Auf seinen Freund konnte Feilen dabei nicht setzen. Der war viel zu feige. Er selbst musste dafür sorgen. Es war für ihn bittere Notwendigkeit, die Veräußerung an von Sybar zu verhindern. Er brauchte die Provision unbedingt. Von Sybar war der Mann, der zwischen ihm und dem Geld stand – noch.

    Fritz Schmitz schäumte vor Wut, eine Reaktion, die ihm die wenigsten zutrauen würden. Für sie war er der liebe und liebenswürdige Witze Fritze. Die Öffentlichkeit kannte ihn in dieser Rolle als Büttenredner und niemand würde glauben, dass dieser Mann privat wenig bis gar keinen Humor besaß. Und fast niemand wusste, dass er mehr war als die von ihm geschaffene Figur. Als Witze Fritze war Schmitz eine kölnische Institution, die in einem Atemzug genannt wurde mit der Sängerin Marie-Luise Nikuta oder den inzwischen bundesweit bekannten ›Höhnern‹. Jede Karnevalsgesellschaft entlang des Rheins von Leverkusen bis Bonn, die etwas auf sich hielt, war darum bemüht, ihn für ihre Galasitzung zu verpflichten. Er war ein Garant für gute Stimmung, allein seinetwegen kamen viele Besucher. Bei ihm konnte man unbeschwert lachen. Dieses Lachen kostete seinen Preis. Schmitz ließ sich nicht locken oder blenden, wenn er um seine Gage feilschte. Da verging manch einem Literaten, der das Sitzungsprogramm zusammenstellte, das Lachen.
    Schmitz selbst war auch nicht zu Lachen zumute. Im Gegenteil. Die Situation, die sich vor ihm aufgetan hatte, ließ das Lachen gefrieren. Er schimpfte vor sich hin wie die Kassenwarte der Gesellschaften, wenn sie auf seine Forderungen eingingen. Er hatte halt seinen Preis. Günstig war anders.
    In der jetzt anstehenden Session von Mitte November bis zum Aschermittwoch hörte er häufig den Satz, den er selbst immer gerne in den Mund genommen hatte: Der Markt regelt das Geschäft. Nur die wenigsten Karnevalsfreunde wussten, dass die Rolle des Witze Fritze lediglich ein Beiwerk für Schmitz war. Er hatte nahezu alle guten Büttenredner unter Vertrag, ebenso wie die beliebtesten und bekanntesten Musikgruppen. In erster Linie war er Manager.
    Und da kam dieser Scheißkerl aus Aachen und versalzte ihm die Suppe. Schmitz verstand das Organisationskomitee mit der Prinzenfindungskommission nicht, wie es sich auf den Handel mit der Printe einlassen konnte. Als er davon erfuhr, war es zu spät für ein Umschwenken gewesen. Er hatte sich in seinem Feriendomizil in Südspanien aufgehalten, als am Rhein die richtungsweisenden Gespräche mit von Sybar geführt wurden. Von Sybar war sogar schon in Vorleistung getreten und hatte seinen Teil des Geschäfts erfüllt, sprich, er hatte einen stattlichen Batzen Geld auf den Tisch gelegt. Für den schnöden Mammon hatten die Karnevalsoberen alle ihre Prinzipien über Bord geworfen. Sie hingegen vertraten einen anderen Standpunkt, sie sahen in der Vereinbarung mit von Sybar einen Aufbruch in eine neue Zeit und hofften so, verkrustete Strukturen, in denen es sich der Kölner Karneval bequem gemacht hatte und langsam Staub ansetzte, überwinden zu können.
    Es gebe keine Erbhöfe, hatten ihm Komiteemitglieder unmissverständlich zu verstehen gegeben. Jeder müsse sehen, wo er bleibe. Auch im Karneval regiere das Geld und säße der Rubel längst nicht mehr so locker wie noch am Ende des letzten Jahrhunderts. Schmitz hatte für diese Argumentation kein Verständnis. Für ihn war der Karneval keine
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