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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Sache des Geldes – jedenfalls dann nicht, wenn es nicht in seine Taschen floss.
    Für ihn stellte von Sybar eine Gefahr für die Originalität des Kölner Karneval dar. Wehret den Anfängen! Doch man lachte ihn aus als ewigen Gestrigen.
    Schnell merkte Schmitz, dass er mit seiner Rolle als Retter des kölschen Fasteleers bei den Entscheidungsträgern nicht weit kam. Aber er konnte nur auf die aus seiner Sicht bröckelnde Moral hinweisen. Bei seinem verzweifelten Bestreben, gegen von Sybar zu opponieren und die Oberen zu einem Umdenken zu bewegen, musste er die wahren Absichten für sich behalten. So blieb es bei seinem Appell an die Moral und er wurde kalt lächelnd abserviert.
    Ohne von Sybar würde es diese unmögliche Situation nicht geben. Es war Schluss mit lustig bei Witze Fritze, wenn er an diese Printe dachte. Es wurde ernst für Schmitz.
    Und am besten wäre es, wenn es todernst würde für von Sybar. Was wollte Köln mit einem Printenprinz aus Aachen?

    Hermann Weinberg hatte einige Fehler gemacht. Darüber war er sich im Klaren. Die Verfehlungen könnten ihm den Posten als Leiter des Gewerbeaufsichtsamts in Aachen kosten, wenn man ihm auf die Schliche kam. Er verfluchte den Tag, an dem er den gut gefüllten Briefumschlag angenommen hatte, verbunden mit dem diskreten Hinweis, er möge in die Bebauungspläne schauen und sich über ihre Umsetzung informieren.
    Weinberg brauchte nicht viel Fantasie, um zu ahnen, was sein Auftraggeber bezweckte. Das Baurecht war zwar nicht sein Fachgebiet und fiel nicht in seinen Zuständigkeitsbereich, aber als Aufsichtsbehörde für ein Gewerbe, das eventuell gegen das Baurecht verstoßen haben könnte, konnte er seinen Teil dazu beitragen, dass er das Geld nicht zu Unrecht erhalten hatte.
    Vorteilsannahme? Vorteilsgewährung? Sogar Bestechlichkeit im Amt? Er wusste nicht, wie die strafrechtliche Bewertung für sein Handeln ausfallen würde. Es war ein gewaltiger Fehler gewesen, den Umschlag anzunehmen. Damit hatte er sich in eine Sackgasse begeben, aus der es keinen Ausweg zu geben schien.
    Ebenso war es ein Fehler gewesen, überhaupt tätig zu werden. Als eine routinemäßige Überprüfung der Produktionsstätte hatte er seinen ersten Besuch bei von Sybar angekündigt. Wie eigentlich erwartet, fand er keine Missstände, die einen sofortigen Produktionsstopp gerechtfertigt hätten. Es gab einige kleinere Beanstandungen, weil etwa ein Gabelstapler vor einer Fluchttür im Warenlager abgestellt worden war oder weil eine Mitarbeiterin ohne die obligatorische Haube an einem Transportband hantierte. Das waren allerdings keine Gründe, die eine schwerere Sanktion nach sich zogen.
    Weinberg musste die nächste Stufe zünden, um im Sinne seines Geldgebers zu handeln. Er bat um die Baupläne des Betriebs, der nach dem Krieg in einem neuen Industrie- und Gewerbegebiet in Eilendorf errichtet worden war. Und er wurde fündig: Er fand heraus, dass ein Teil der Fabrik, der eindeutig industriellen Zwecken diente, auf einem Bereich des Grundstücks gebaut war, der ausschließlich für gewerbliche Nutzung geplant war. Dort wurden Teile für Backgeräte hergestellt, die von Sybar entweder für eigene Zwecke in den Backstraßen benötigte oder veräußerte.
    Somit verstieß das Unternehmen unzweifelhaft gegen den Flächennutzungsplan, den Bebauungsplan und das Baurecht. Weinberg kündigte Auflagen an, ein Bußgeld gegen den Printenproduzenten, verbunden mit der Forderung, das Baurecht unbedingt einzuhalten. Der Beamte hatte von Sybar Bedenkzeit gewährt und für sich selbst einen Schlachtplan entworfen, in dem er die weiteren Schritte festlegte.
    Weinberg hatte mit vielem gerechnet, nur nicht mit solch einer resoluten Reaktion von Peter von Sybar. Beim nächsten Gesprächstermin verkündete der Printenbäcker seine Absicht, mit dem Unternehmen Aachen zu verlassen. Nur das Geschäft in der Fußgängerzone zwischen Rathaus und Dom wolle er als aus der Werbung bekanntes und berühmtes Aushängeschild von ›Printen von Sybar‹ belassen. Was Dallmayr für München oder das Sacher für Wien, das war von Sybar für Aachen. Er würde den Schein wahren, aber den Firmensitz verlagern. Die Öffentlichkeit bekäme gar nicht mit, dass von Sybar kein Aachener Unternehmen mehr war.
    Welche Konsequenzen das haben würde, erkannte Weinberg schnell: Einer der größten Gewerbesteuerzahler würde Aachen verlassen. Hunderte von Arbeitsplätzen würden vor Ort verloren gehen, was nicht nur die Arbeitslosenquote
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