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Ausgekocht

Ausgekocht

Titel: Ausgekocht
Autoren: Tina Friedrich
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    E rzählfreude – Forum
Karl-Marx-Allee 78,10243  Berlin
    „ausgekocht“ von Tina Friedrich
© Bettina Buske
 
     
     
    AUSGEKOCHT
Der Blick in den Spiegel bestätigte ihm , d ass er immer noch ein sportlicher, gut aussehender, eleganter Mann war und er strich sich wohlgefällig über sein Kinn . Dann schweiften s eine Gedanken zu seiner Ehefrau Karina .
    Es ärgerte ihn unsäglich , dass er bei größeren Investitionen auf ihre Zustimmung angewiesen war . Er war der Geschäftsführer der Hotelanlage, und ohne ihn wäre es das spießige Familienhotel geblieben, d as es war, bevor er Karina geheiratet hatte. Erfahrungen, ein Unternehmen zu führen , mit Menschen umzugehen hatte er doch reichlich mit in die Ehe gebracht. Schließlich w urde er doch s chon mit 21 Jahren Geschäftsführer im U nternehmen seiner Mutter , einer Golds chmuckfabrik. Ja, gut , sieben Jahre später kam es zur Zahlungsunfähigkeit der Firma , aber bis dahin…
    „Möchtest du noch eine Gesichtsmassage, Hannes -Schatz ?“ fragte ihn die junge Frau, die ihn rasiert hatte. Er nickte, in seinen Gedanken versunken. So hatte er damals Karina kennen gelernt - die vom Gericht bestellte Insolvenzverwalterin. Sie war nicht wirklich hübsch und hatte die Dreißig überschritten. E in spätes Mädchen in Rüschenbluse und grauem Kostüm , dankbar über s eine Avancen.  Er dachte an seine Bemühungen , Karina zu gefallen , um ihre Aufmerksamkeit zu lenken , damit sie die Geschäftsu nterlagen nicht zu kritisch betrachtete . E in genauer er Blick in die Belege hätte vielleicht unangenehme Fragen aufwerfen können .
    Er grinste ; was für u nnötige Sorgen . I m Nachhinein konnte er sogar feststellen , dass der Firmenzusammenbruch für ihn die beste Entwicklung war , denn n iemand sah sich die Unterlagen der vergangenen Jahre genauer an . Karina nicht , die Familie nicht und auch kein Steuerprüfer . S o blieb endgültig un bemerkt, dass Rechnungen , insgesamt in Millionenhöhe , für Bestandteile seiner in Polen gelegenen Hochseejacht als betriebliche Instandhaltung skosten verbucht waren. Die Jacht ist nun gut fünf Millionen Wert – und Karina weiß noch immer nichts von ihr.
    Im Bericht über die Ursachen der Zahlungsunfähigkeit , den Karina dem Gericht vorlegt e , wurden gestiegene Kosten bei gleich gebliebenen Umsätzen als Grund der Insolvenz an gegeben .
    S ie hat eben Jura studiert und nicht Betriebswirtschaft - u nd besonders clever war sie auch nicht , eher der brav fleißige Typ . Wie die ihren Elan daran ge setzt hat , das Unternehmen in Einzelteilen zu ver ramschen! Dass an meiner Geschäftsführung et was faul war und irgendwo noch Werte stecken könnten, das kam ihr gar nicht in den Sinn . Ich bin aber auch ausgekocht . D ie Buchhalt erin und de n Leiter des Materiallagers habe ich schon entlassen, bevor ich beim Gericht die Finger hob . Da nn war keiner mehr da, der sich an verdächtige Lieferanten erinnern und darüber plauder n konnte .
    „Hannes-Schatz, morgen kannst du aber nicht vor der Öffnungszeit herkommen, deine Alte ist meine erste Kundin. “ Er machte ein bedauerndes Gesicht.
    “Gut, gut, komme ich eben nur zum rasieren und verzichte auf das - hmm - andere kommen .“
    Die junge Frau ergänzte : “Nicht, dass sie was merkt, ich will den Laden nicht verlieren und du hast ja auch einiges …“.
    “Ja, lass gut sein.“ knurrte Hannes. Er wollte nicht daran erinnert werden, dass er von seiner Frau abhängig war. Er dachte lieber weiter an seine vorteilhaft ausgekochte Pleite. Karina ha tt en die Entlassungen so wichtiger Mitarbeiter nicht verwundert , aber so ist sie halt . K ein Blick nach rechts oder links , wie mit Scheuklappen . Hat die Goldschmuckfabrik sogar wegen der Klage der Buchhalterin gegen die Entlassung vertreten . Was war sie verärgert, dass sie der aus der Insolvenzmasse dann noch drei Monate Gehalt nachzahlen musste. Ob Karina wirklich keinen Verdacht hatte? Aber n ein, dann hätte sie mich nicht geheiratet . Als sie mir erzählte, dass meine F abrik ihr besonders am Herzen lag , weil es ihr einzige r Fall als Insolvenzverwalterin bleiben würde, da sie eine ziemlich bekannte Hotelanlage geerbt hatte ; da wusste ich , dass ich sie heiraten werde.
    Zufrieden lächelnd polierte er seine Nägel am J ackettaufschlag. Wer kann schon meinem Charme widerstehen ? Selbst Oma Hanna meinte immer , dass ich ein süßes, ausgekochtes Bürschchen
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