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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein
Autoren: Jan Zweyer
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in der Schweiz, die zusagte, auch von ihm direkt Lieferungen entgegenzunehmen.
    Als Nächstes stieß Goldstein auf die Entwürfe der Erpresserbriefe. Lahmer hatte tatsächlich den Hals nicht voll bekommen. Sein Todesurteil.
    Der Kommissar nickte befriedigt. Diese Unterlagen brachen Trasse das Genick und würden ihn für viele Jahre in Haft wandern lassen. Angesichts seines Alters wäre es mehr als fraglich, ob der Kaufhausbesitzer in seinem Leben jemals wieder etwas anderes als Gefängniskost erhielte.
    Es gab nur ein Problem: Trasse würde nicht einfach dasitzen und auf seine Festnahme warten. Wahrscheinlich hatte er sich bereits abgesetzt.
    Goldstein wollte keine Zeit verlieren und unverzüglich der Villa des Unternehmers in der Nähe des Herner Stadtgartens einen Besuch abstatten.
    Es wurde bereits dunkel, als er das stattliche Gebäude an der Parkstraße erreichte. Kein Licht drang aus dem Haus nach draußen, die Rollos im Erdgeschoss waren heruntergezogen.
    Goldstein öffnete das Eingangstor und betrat das Anwesen. Zwei steinerne Löwen rechts und links des Weges bewachten das Grundstück; Skulpturen, die Trasse von seinem früheren Wohnsitz Recklinghausen nach Herne hatte transportieren lassen, wie der Polizist aus der Tageszeitung wusste.
    Der Kommissar betätigte die Klingel. Unmittelbar ertönte ein dumpfer Gong. Es machte niemand auf. Goldstein wartete einen Moment, ging dann um das Haus herum. Auch der Zugang zur Terrasse war fest verschlossen.
    Goldsteins Blick fiel auf die Kellertreppe. Unten angekommen, drückte er die Klinke der Tür hinunter, ohne große Hoffnung auf Erfolg. Zu seiner Überraschung schwang sie auf.
    Der Hauptkommissar zögerte. Er hatte keinen Durchsu-chungsbeschluss. Er durfte das Anwesen nicht betreten, wenn er sich nicht dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs oder gar Einbruchs aussetzen wollte. Auf Gefahr im Verzuge konnte er sich vermutlich nicht berufen. Aber als Ausrede taugte es allemal. Außerdem bezweifelte er mittlerweile, dass überhaupt irgendjemand sein unbefugtes Eindringen bemerkte. Wie hieß es doch so schön: Wo kein Kläger, da kein Richter. Er betrat den Keller.
    Es war stockfinster. Seine Hand ertastete den Lichtschalter. Als es hell wurde, musste der Kommissar für einige Zeit die Augen schließen. Dann hatte er sich an die Helligkeit gewöhnt. Auf der Suche nach der Treppe ins Erdgeschoss warf er einen Blick in die Kellerräume, an denen er vorbeiging. Sie waren alle leer geräumt oder enthielten lediglich Gerümpel. Irgendwie sah das Haus aus, als ob seit Jahren niemand mehr in ihm gewohnt hatte.
    Dieser Eindruck verstärkte sich, als er die Wohnräume erreichte. Keine Möbel, keine Teppiche. Nur helle Flecken an den Wänden, wo früher Gemälde gehangen hatten. Und nackte Glühbirnen, die aus ihren Fassungen strahlten.
    Dieses Bild setzte sich in der ersten Etage fort. Im Haus fand sich buchstäblich nichts. Es war vollständig leer.
    Kopfschüttelnd stieg Goldstein zurück ins Parterre. Erst jetzt bemerkte er im hinteren Bereich des Flurs eine Nische. Darin stand ein alter Stuhl, dessen Farbe abblätterte. Auf der Sitzfläche lag ein Briefumschlag, den der Hauptkommissar an sich nahm. In schnörkelloser Schrift fand sich als Adresse lediglich ein Name auf dem Kuvert: Kriminalrat Wilfried Saborski.
    Goldstein zögerte keine Sekunde. Ohne an mögliche Folgen zu denken, riss er das Kuvert auf, faltete den Briefbogen auseinander und begann zu lesen:

    Lieber Geschäftspartner Wilfried Saborski,
    bestimmt wirst Du Dir diese Anrede verbitten, sobald Du diesen Brief gelesen hast. Das kann ich sogar verstehen. Und es amüsiert mich sehr. Denn dieses Mal hast nicht Du mich, sondern ich habe Dich über den Tisch gezogen. Was für ein Spaß!
    Zunächst zu Deiner Information: Wenn Du dieses Schreiben erhältst, bin ich schon nicht mehr in Deutschland, sondern lasse es mir in der Ferne unter warmer Sonne gutgehen. Sicher kannst Du nachvollziehen, dass ich nicht das geringste Interesse daran habe, Dir den Namen dieses Landes mitzuteilen. Obwohl der Arm des deutschen Gesetzes nicht bis dort reichen dürfte, möchte ich nichts mehr mit Dir und Deinesgleichen zu tun haben. Nur so viel sei verraten: Hochrangige Persönlichkeiten dieses Landes sind mit mir einer Meinung, dass wir aktiver im Kampf gegen den Bolschewismus werden müssen. Ich werde mit meinem bescheidenen Wissen dazu beitragen, dass Europa und die Welt nicht unter das kommunistische Joch geraten. Aber bei dieser
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