Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein
Autoren: Jan Zweyer
Vom Netzwerk:
Goldstein Klaus Glittner gegenüber, der mit fahrigen Bewegungen erfolglos dagegen ankämpfte, dass ihm Haarsträhnen über die Augen fielen. Die Nervosität war ihm anzusehen. Auf einem Stuhl an der Stirnseite hatte eine Stenotypistin Platz genommen, die das Verhör wortgenau mitschrieb. Schließlich beobachteten zwei Beamte, die links und rechts hinter dem Verdächtigen postiert waren, jede seiner Aktivitäten. Glittner trug noch dieselbe Kleidung wie gestern. Unmittelbar nach seiner Verhaftung hatte Markowsky Proben des dunkelgrauen Pullovers sowie Glittners Fingerabdrücke genommen.
    Der Hauptkommissar wartete händeringend auf die Ergebnisse. Es war jetzt neun Uhr. Ihr Zugriff war am Vortag kurz nach Mittag erfolgt. Der Verhaftete musste binnen vierundzwanzig Stunden, also spätestens um ein Uhr, einem Haftrichter vorgeführt oder entlassen werden. Ohne hieb- und stichfeste Beweise würde der Richter Glittner wieder laufen lassen, dachte Goldstein. Er brauchte Markowskys Resultate. Und zwar schnell.
    Der Kommissar begann das Verhör mit der Nennung des Datums, der Uhrzeit und der anwesenden Personen. Dann sprach er den Verdächtigen direkt an. »Sie heißen Klaus Glittner?«
    Der Häftling zog es vor, nicht auszusagen. Die Anrede zeigte ihm, dass die Polizei noch nichts von seiner Doppelexistenz ahnte. »Ich möchte einen Anwalt sprechen«, erwiderte er deshalb.
    »Können Sie. Nennen Sie mir seine Rufnummer und wir verständigen ihn.«
    Glittner schwieg. Er kannte keinen Juristen in Herne. Sein Bluff lief ins Leere.
    »Also, wie heißen Sie?«
    Keine Antwort.
    »Wie Sie meinen.« Goldstein erhob sich und machte ein paar Schritte. »Wir haben Zeit.« Auch er bluffte.
    Es klopfte. Der Kommissar atmete erleichtert aus.
    Doch statt Markowsky betrat ein Uniformierter das Zimmer und übergab Goldstein einen Zettel. Er stammte von seinem Kollegen. Darauf stand, dass die Spurensicherung zwar bereits über Ergebnisse verfüge, der Bericht aber erst geschrieben werden müsse. Das könne sich etwa zwei Stunden hinziehen. Goldstein fluchte innerlich. Zwei Stunden! Aber es würde reichen. Sofern nichts anderes dazwischenkam.
    Er setzte sich wieder, sah Glittner an und fragte: »Eine Zigarette?« Mit diesen Worten hielt er ihm die Packung entgegen. Der Häftling verzog keine Miene. Ein harter Brocken, dachte Goldstein und steckte sich selbst eine Kippe an. Er inhalierte und blies den Rauch über den Tisch. »Dann noch einmal von vorne. Ihr Name ist Klaus Glittner? Was wollten Sie in der Laube? Wir haben in Ihrem Rucksack Benzin, eine Kerze und ein Wollknäuel gefunden. Wollten Sie das Gartenhäuschen in Brand stecken, um Beweise zu vernichten?«
    Die Tür wurde aufgerissen und Saborski betrat den Raum. »Herr Goldstein, bitte kommen Sie einen Moment mit mir auf den Flur.«
    Vor dem Vernehmungszimmer wartete ein Mann im Anzug, der Goldstein unbekannt war.
    »Rechtsanwalt Doktor Schwan«, stellte ihn der Kriminalrat vor. »Er vertritt die Interessen von Herrn Glittner.«
    Woher wusste der Rechtsbeistand von der Festnahme? Glittner hatte ihn nicht informiert, das stand fest. Es musste jemand anderes gewesen sein. Saborski schied aus. Goldstein hatte seinen Vorgesetzten bis jetzt über die Verhaftung im Unklaren gelassen. Markowsky oder ein anderer Beamter? Ohne triftigen Grund würde sich niemand an Goldstein vorbei mit dem Kriminalrat in Verbindung setzen. Es blieb also nur die Möglichkeit, dass ein Komplize die Verhaftung beobachtet hatte. Pauly? Natürlich! Der Pfiff. Das war der Versuch, Glittner zu warnen.
    Der Hauptkommissar musterte den Anwalt. »Sie sind bevollmächtigt?«
    Schwan lächelte hintergründig. »Selbstverständlich. Ich habe mich gegenüber Ihrem Vorgesetzten hinreichend legitimiert. Dürfte ich erfahren, was Sie meinem Mandanten vorwerfen?«
    »Versuchten Mord. Und versuchte Brandstiftung.«
    »Und worauf gründen Sie Ihren Verdacht?«
    Diese Frage hatte Goldstein befürchtet. Markowsky sollte die Beweise liefern. Er selbst hatte nichts in der Hand.
    »Zeugenaussagen.« Er fühlte sich wie jemand, der im Skat einen Null ouvert mit zwei blanken Assen spielte. Nackt.
    »Interessant. Natürlich liegt Ihnen das unterschriebene Protokoll der Aussagen vor?«
    »Nein, noch nicht«, musste Goldstein einräumen. Er sah Saborski an und wusste, dass er verloren hatte. Wo blieb nur Markowsky?
    »Ich denke, das reicht. Ich behalte mir weitere Schritte vor.« Der Anwalt sprach Saborski an. »Wenn Sie so freundlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher