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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein
Autoren: Jan Zweyer
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überlegte. Wo konnte ein Hinweis sein? Er sah sich um. Den Wohnzimmerschrank hatte er erfolglos auf Geheimfächer untersucht. Die Lampenschirme waren leer. Unter den Polstern hatte sich ebenfalls nichts gefunden. Den Teppich hatte bereits Krönert hochgenommen und beiseitegelegt. Dann fiel sein Blick auf den Boden. Holzdielen. Gehobelt und gewachst. Eine schmerzliche Erinnerung drängte sich ihm auf. Vor sieben Jahren hatte er gemeinsam mit Kollegen einen jungen Burschen verhaften müssen. Sein Kollege hatte das Versteck unter den Dielenbrettern entdeckt. Das hatte das Schicksal des Jungen besiegelt, woraufhin Goldstein ihn ausgeliefert hatte.
    Der Polizist schüttelte sich, als ob er so die Verantwortung für das damalige Geschehen von sich abstreifen könnte. Die Dielenbretter waren einen Versuch wert.
    Und tatsächlich musste er nicht lange suchen. Lahmer hatte sich noch nicht einmal besondere Mühe gegeben, sein Geheimfach zu tarnen. Krönert hatte dummerweise den hochgeschlagenen Teppich genau auf der Stelle platziert, an der eines der Bretter etwas höher stand als die restlichen. Hätte er auch dort unter dem Teppich nachgesehen, wäre ihm das lockere Bodenbrett nicht verborgen geblieben.
    Der Hauptkommissar ging in die Küche und fand ein Messer. Mit dessen Spitze löste er die zwei unscheinbaren Schrauben und hebelte das Brett auf. Und da lag der kleine Karton.
    Goldstein hob ihn aus seinem Versteck, brachte ihn zum Tisch und klappte den Deckel auf. Ein Schlüssel. Und eine Karte mit der Schließfachnummer, ausgestellt von der Bank AG in Herne. Hatte er doch richtig vermutet. Nach all den Niederlagen der letzten Tage endlich ein kleiner Erfolg.
    Der Widerstand des Bankangestellten war schnell gebrochen. Goldsteins Dienstausweis, die Hinzuziehung des Filialleiters, Karte, Schlüssel, ein Hinweis auf den Mord an Lahmer und eine freundliche Belehrung, dass die Behinderung der polizeilichen Ermittlungsarbeit strafbar sei, genügten.
    Eine Viertelstunde nachdem er das Geldinstitut betreten hatte, stand vor ihm auf dem Tisch im Tresorraum eine Kassette, die der aus der anderen Bank glich.
    Goldstein wartete, bis der Angestellte den Raum wieder verlassen hatte, holte tief Luft und öffnete das Metallbehältnis. Eine weitere Enttäuschung konnte er nur schwer verkraften. Aber seine Sorge war unbegründet – die Unterlagen waren darin.
    Der Kommissar rief den Leiter der Filiale zu sich, zeigte ihm den Papierstapel und erklärte, dass er diesen mitnehmen werde. Der Mann war so eingeschüchtert, dass er es nicht wagte, nach dem eigentlich erforderlichen richterlichen Beschluss zu fragen. Goldstein war das nur recht. Voller Hochgefühl verließ er das Bankhaus.
    Auf seinem Schreibtisch lag immer noch das Notizbuch Krönerts mit den seltsamen Codes und ihrer vermutlichen Bedeutung: Kloster, Transfer, Sterzing, Kennwort. Krönert war tot und Goldstein würde nie erfahren, was sich hinter diesen Worten verbarg. Er warf einen letzten Blick auf das Rätsel, dann klappte er die Kladde kurz entschlossen zu und verstaute sie in einer Schublade.
    Dann machte er sich daran, die Unterlagen zu lesen. Mit wachsender Bestürzung wurde ihm klar, was er hier vor sich hatte: den schlüssigen Beweis dafür, dass das, was Bos angedeutet hatte, wahr war. Lahmer, Müller und vor allem Trasse waren während des Krieges als Hehler tätig gewesen. Das bewiesen die Frachtlisten, ausgestellt vom Materiallager des Nachschubstabs z.b.V. 365 und unterschrieben wechselseitig von SS-Sturmbannführer Wolfgang Müller oder Major Knut Lahmer. Adressiert an das Kaufhaus Trasse in Herne. Sogar das Gewicht war angegeben: dreißig Kilo. Inhalt der Lieferung: Kochtöpfe verschiedener Größen. Immer nur Kochtöpfe. An diese Listen war jeweils eine Dublette angeklebt. Selbes Datum, selbes Gewicht, dieselbe Liefernummer und identische Unterschriften. Doch diese Aufstellung offenbarte, was tatsächlich verschickt worden war: Schmuck, Diamanten, Gold und Gemälde alter Meister. Stück für Stück notiert. Goldstein schauderte. Selbst die Menge an Zahngold wurde detailliert aufgeführt, aufs Gramm genau. Wahrscheinlich herausgerissen aus den Mündern ermordeter Juden.
    Mehrere Schreiben Trasses an Lahmer und Müller ließen den Schluss zu, dass der Warenhausbesitzer gezielt Bestellungen aufgegeben hatte. Entsprechende Antwortbriefe zeigten die Bemühungen der beiden Offiziere, diese Wünsche zu befriedigen.
    Schließlich ein Briefwechsel Lahmers mit einer Bank
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