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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein
Autoren: Jan Zweyer
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Schrebergarten an der Bochumer Straße waren zwei Laubenpieper trotz der Dunkelheit noch damit beschäftigt, Holz für den Winter einzulagern. Dazu stapelten sie Scheite, die hinter einem der nicht verpachteten Schuppen im Freien lagerten, in ihre Schubkarre, um sie zu ihren Gärten zu schaffen. Als sie das Holz bis auf eine Höhe von etwa einem halben Meter abgeräumt hatten, wurde dahinter ein Hohlraum sichtbar, in dem ein menschlicher Körper lag. Die Leiche hatte ein blutiges Loch in der Stirn.
    Die Schrebergärtner hatten Walter Stirner, den früheren Mitarbeiter Adolf Eichmanns, gefunden.
    70
     
    Mittwoch, 25. Oktober 1950
     
    Goldstein notierte zunächst handschriftlich, was er wusste. Lahmer hatte Trasse erpresst und wurde deshalb von Müller, wahrscheinlich im Auftrag Trasses, aus dem Weg geräumt. Müller hatte genaue Kenntnis von Trasses Geschäften, deshalb erschoss ihn Pauly, der Neffe des Kaufhausbesitzers. Konrad Müller war auf der Suche nach Pauly, der seinen Vater aufs Schafott geschickt hatte, der Bande unbeabsichtigt ins Gehege gekommen. Da die Kerle nicht ahnten, was Müller wollte und wer er war, stand auch der junge Mann auf ihrer Abschussliste. Krönert hatte das Attentat ausgeführt und die Einbrüche begangen. Obwohl ein Mann von Bos, hatte dieser nach Goldsteins Überzeugung mit den Vorfällen nichts zu tun. Und auch sein Vorgesetzter, Kriminalrat Saborski, war in die Morde mit Sicherheit nicht involviert. Allerdings hatte auch er Dreck am Stecken. Seine Geschäfte mit Trasse waren alles andere als astrein. Diese würden ihn ohne jeden Zweifel die Pension kosten.
    Blieb nur noch die geheimnisvolle Organisation, von der Bos gesprochen hatte. Und die Rolle von Schönberger und dem Gelsenkirchener Beamten Schwarz. Goldstein war in ihrem Fall auf Vermutungen angewiesen, jedoch davon überzeugt, dass beide Trasse und möglicherweise die hinter ihm stehende Organisation mit Informationen versorgt hatten. Vielleicht hatten sie Trasse gewarnt, sodass er sich rechtzeitig absetzen konnte. Das Schreiben des Kaufhausbesitzers an Saborski legte zumindest den Schluss nahe, dass er Helfer bei seiner Flucht gehabt haben könnte.
    Als er seinen Bericht beendet hatte, ging er ihn erneut durch. Er enthielt zu viele Hypothesen und Indizien, nur wenige Beweise. Wie auch? Einer seiner Hauptzeugen, Johann Bos, war spurlos verschwunden, ein anderer lag schwer verletzt im Krankenhaus. Walter Stirner war tot, Adolf Pauly und Wieland Trasse auf der Flucht.
    Goldstein wollte diesen Fall heute zu Ende bringen. Saborski, Schönberger und Schwarz waren fällig. Er durfte nicht mehr schweigen, das war er den Opfern dieser Verbrecher schuldig.
    Er benötigte Stunden, um den Report mit Durchschlagpapier auf einer Schreibmaschine zu tippen. Als er endlich fertig war, zog er das letzte Blatt aus der Maschine und legte es vor sich hin. Er griff zum Füllfederhalter, um zu unterschreiben, legte ihn dann aber doch beiseite. Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Was, wenn Saborski noch ein Ass im Ärmel hatte? Wenn sich Müller irrte? Wenn Schwarz alles abstritt? Für einige Minuten starrte er auf das Blatt. Dann setzte er kurz entschlossen seinen Namen und das Datum darunter. Zuletzt unterschrieb er.
    Danach ließ er sich mit dem Büro seines Vorgesetzten verbinden.
    »Der Herr Kriminalrat«, flötete seine Sekretärin, »ist heute bei Ihnen in Herne. Sie können jederzeit bei ihm hineinschauen.«
    Goldstein erhob sich, um Kriminalrat Wilfried Saborski seine Erkenntnisse persönlich zu überbringen.
    Saborski Gesichtsfarbe verlagerte sich von Rot zu Dunkelrot, je mehr er las. Als er den Brief Trasses in Händen hielt, vollzog sie den umgekehrten Prozess.
    »Wo haben Sie diese Schreiben her?«, zischte er, mittlerweile kalkweiß.
    »Es lag in Trasses Villa und war an Sie adressiert.«
    »Wie sind Sie in das Haus gekommen.«
    »Eine Kellertür. Sie war nicht verschlossen.«
    »Hatten Sie einen Durchsuchungsbeschluss?«
    »Nein. Es war Gefahr im Verzuge.«
    Saborski lachte auf. »Das glauben Sie doch selbst nicht.«
    »Ich wollte Trasse vorläufig festnehmen.«
    Der Kriminalrat warf die Unterlagen auf die Tischplatte. »Vergessen Sie’s. Nichts davon können Sie als Beweis anführen.«
    Goldstein spürte, dass das Gespräch nicht den Verlauf nahm, den er sich erhofft hatte. Trotzdem kratzte er seinen ganzen Mut zusammen: »Sie leugnen also, mit Trasse Geschäfte gemacht zu haben?«
    Saborski sprang auf und brüllte los:
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