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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein
Autoren: Jan Zweyer
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Beamte in das Innere der Laube drängten, sah Stirner ein, dass jeder Widerstand zwecklos war. Resigniert tat er wie befohlen und ließ sich durchsuchen.
    Ein Polizist reichte Goldstein den Ausweis, den Stirner bei sich trug.
    »Klaus Glittner?«, fragte der Kommissar.
    Stirner bejahte.
    »Sie sind vorläufig festgenommen.«
    »Weswegen?«, wagte Stirner zu fragen.
    »Versuchter Mord.«
    Stirner deutete ein Lachen an. »Ich soll was getan haben?«
    Goldstein ignorierte die Frage. »Abführen!«, befahl er barsch. »Und jemand muss die Spurensicherung verständigen.«
    Pauly hatte den Ansturm der Polizei aus sicherer Entfernung beobachtet und den vereinbarten Pfiff abgegeben. Dann hatte er eilig das Weite gesucht.
    Glücklicherweise war ihm niemand gefolgt. Schräg gegenüber den Schrebergärten lag ein Restaurant. Pauly ging hinein, bestellte ein Bier und fragte den Inhaber, ob er telefonieren dürfe.
    »Kostet zwanzig Pfennige«, knurrte der Wirt und zeigte in einen Flur, der zu den Toiletten führte. »Bezahlt wird vorher. Aber nur ein Ortsgespräch. Benötigen Sie die Vermittlung, wird es teurer.«
    »Ortsgespräch«, erwiderte Pauly und legte das Kleingeld auf die Theke.
    Am frühen Nachmittag, etwa eine Stunde nach der Verhaftung Glittners, betrat der Hauptkommissar die Zeitungsredaktion, in der Franz Hinterhuber arbeitete. Glittner saß in einer Zelle und Markowsky stellte die Laube auf den Kopf – für den Hauptkommissar gab es dort nichts mehr zu tun. Mit Glittner wollte er erst sprechen, wenn Markowsky ihm weitere Ergebnisse geliefert hatte. Also blieb ihm Zeit, seiner Ahnung auf den Grund zu gehen.
    Der Name Pauly kam ihm bekannt vor, er wusste nur nicht, woher. Goldstein meinte sich zu erinnern, den Namen vor einiger Zeit in der Zeitung gelesen zu haben. Und bei der Suche nach dem Bericht konnte der Journalist ihm helfen.
    »Haben Sie meinen Artikel über das Attentat zur Kenntnis genommen?«, begrüßte ihn Hinterhuber.
    »Selbstverständlich. Er war ja nicht zu übersehen.«
    »Und?« Der Journalist sah ihn gespannt an.
    Die Reportage über die Ereignisse am letzten Freitag war nach Goldsteins Geschmack etwas reißerisch geraten. Natürlich hatte Hinterhuber, dem Wunsch des Kommissars folgend, keine Details über Müller preisgegeben, sondern nur den Anschlag selbst beschrieben und es als Racheakt an einem verdienten Polizeibeamten bezeichnet, bei dem ein zufällig anwesender Passant schwer verletzt worden war. Aber Goldstein behielt seine Meinung für sich. Er wollte den jungen Redakteur nicht kränken. »Hat mich beeindruckt«, antwortete er deshalb ausweichend. Was schließlich nicht gelogen war. »Aber ich komme wegen etwas anderem.«
    »Hängt das mit Ihrem Fall zusammen?«
    »Das weiß ich noch nicht.« Goldstein wollte nicht zu viel seines Wissens preisgeben. »Ich meine mich zu erinnern, vor Monaten – kann jedoch auch im letzten Jahr gewesen sein – in Ihrer Zeitung etwas über einen gewissen Pauly gelesen zu haben. Können Sie mir auf die Sprünge helfen?«
    »Pauly? Nie gehört.« Er drehte sich um und rief seinen Kollegen in den hinteren Räumen zu: »Kennt jemand von euch einen Pauly?«
    »Herner?«, brüllte einer der Journalisten zurück.
    Hinterhuber schaute Goldstein an. Der nickte auf Verdacht.
    »Ja«, rief Hinterhuber.
    »November letzten Jahres. Lokalausgabe«, lautete die präzise Antwort.
    »Woher weiß er das so genau?«, wunderte sich Goldstein.
    »Vermutlich hat er den Artikel geschrieben«, entgegnete Hinterhuber auf dem Weg zu einem Regal, in dem in großen Bänden die Zeitungen der vergangenen Jahre archiviert wurden. Er zog eine der Schwarten hervor, blätterte und zeigte mit dem Finger schließlich auf einen Bericht.
    Gespannt beugte sich Goldstein über das Presseerzeugnis. Selbstmord im Gysenberger Wald , laute die Überschrift. Witwe tot aufgefunden . Goldstein überflog den Beitrag. Eine sechzigjährige Frau, deren Name Elenore Pauly war, hatte sich an einem Baum erhängt. Ein Abschiedsbrief wurde nicht gefunden. Was die Frau zu ihrer Tat getrieben hatte, blieb im Dunkeln. Sie hinterließ einen Sohn namens Adolf. Und dann las der Hauptkommissar den letzten Satz, der ihn fast umhaute. Elenore Pauly war eine gebürtige Trasse, die Schwester des bekannten Herner Kaufhausbesitzers und Industriellen Wieland Trasse.
    Adolf Pauly war also der Neffe Trasses!
    67
     
    Dienstag, 24. Oktober 1950
     
    An dem Tisch im Verhörzimmer des Polizeipräsidiums saß Hauptkommissar
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