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Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen
Autoren: Langen Müller
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Rumpelstilzchen hüpfte der Regisseur herum und berichtete, kürzlich im Hause eines Malers dieser Stadt so überragend gegessen zu haben. Er detaillierte nach bestem Wissen Speisefolge und Zubereitungen.
    Dass manche Leute es sich herausnahmen, etwas gegen Lamm zu haben, machte ihn nur noch aufsässiger.
    Das Thema des Abends war das Feinschmeckertum.
    Die verschiedenen Lokalen verliehenen oder entzogenen Sterne wurden Gesprächsstoff, die besonderen Fertigkeiten gewisser Köche und die Einmaligkeit diverser Einkaufsquellen.
    Ein Gerichtspräsident schwärmte von der zartesten Entenbrust, die er je gegessen hätte. Eine Direktionsassistentin wusste Speisen und Getränke zu nennen, bei welchen sie so besonders heikel wäre – und zwar »von Kindheit an«.
    Die irritierte Hausfrau sah – die Blicke ihres Gatten spürend – ihre Chance nur in der scherzhaften und ständig wiederholten Frage, ob denn »so ein richtiger Schweinebraten« in all der Feinschmeckerei nicht einmal »die beste Abwechslung« wäre.
    Diese Annahme wurde ihr äußerst konventionell bestätigt, so konventionell, dass sie das Fragen nach kurzer Zeit aufgab. Schweinebraten und Krautsalat hatten den Charme exklusiver Bescheidenheit verloren. Über der Party schwebte ein Duft ordinären Bratenfetts.
    Das bessere Bier war längst eingetroffen, und es gab nicht wenige, die auf den Regisseur das Glas erhoben. Sie hätten es ihm zu verdanken, ihnen zu einem nicht mehr erhofften unbeschreiblichen Genuss verholfen zu haben.
    Andere wiederum fanden es sicher unerträglich, wie bescheiden er abwehrte und Wein trank.
    »Wetten, dass der Hausherr vor dem Einschlafen zur Hausfrau noch gesagt hat: Du bist und bleibst eine blöde Kuh!«, vermutete – selig über diese Geschichte – der Maler.
    Er und der Regisseur saßen nach einem Fahrradausflug im Garten eines wunderschönen alten Landgasthofs. Sie hatten, unter Kastanienbäumen sitzend, Schweinebraten mit Krautsalat bestellt, tranken genau dieses verschmähte Bier und fanden wenigstens die Umgebung der Stadt schön.
    Der Regisseur war sich gewiss, bei diesen freundlichen reichen Leuten nicht mehr eingeladen zu werden.
    »Sei da nicht so sicher«, sagte der Maler, »die haben auch in diesen Dingen keinen Stil.«

Das Lettische Gambit
    DEM MANAGER WAR MIES. Er schob das zur Hälfte genossene Essen der Business-Klasse, zunehmend angeekelt, von sich weg. Was hatte sein alter Vater gemeint, als er ihm am Telefon sagte: »Mein Bruder, dein von dir doch so heiß geliebter Onkel, verkommt leider total«?
    Das war die Antwort des Vaters auf eine schon langer nicht mehr gestellte Frage: »Wie geht’s eigentlich deinem Bruder?«
    Wieso habe ich gefragt, fragte sich der Manager. Blöde Frage, antwortete er sich, weil ich diesen Mann doch nicht einfach weglegen kann.
    Der Manager war im Anflug auf die Hauptstadt, die Stadt seines Studiums. Er erinnerte sich an seine Angst und seine Vorfreude. Die Vorfreude überwog. Endlich die Eltern, die Mittelstadt, den pubertären Mief loswerden. Endlich Karriere. Das heißt: die Voraussetzungen für eine Karriere schaffen.
    Der Vater hatte ihm damals gesagt: »Wenn du einmal Hunger hast, wenn du – zum Beispiel am Sonntag – dich richtig anfressen möchtest, geh ruhig zu meinem Bruder. Er hat mir gesagt, dass es ihn freuen würde. Ich meine, rein intellektuell hat er ja nichts zu bieten, aber vom Essen versteht er was. Das ist bei ihm immer sehr gut, auch wenn er beim Metzger so viel Schulden hat, dass er zwischendurch zu einem zweiten gehen muss.«
    »Irgendwann wird er die Schulden aber bezahlen müssen, weil sonst ist die Geschäftsverbindung ja nicht aufrecht zu halten«, erwiderte der Sohn.
    »Ich weiß auch nicht, wie er das macht«, sagte der Vater.
    Der Sohn hatte das Thema Geld und Verdienst nicht absichtslos ins Gespräch gebracht, war sein Vater doch längst nicht mehr sparsam, sondern schon geizig.
    Der junge Mann hatte eine dunkle, frühe, aber sehr angenehme Erinnerung an seinen Onkel. Da gab es einen Besuch des Onkels in seinem Elternhaus vor Urzeiten. Den Grund wusste er nicht mehr. Aber er konnte sich an einen Familienausflug in den großen Vergnügungspark erinnern, wo es der Onkel war, der ihm nach einer Karussellfahrt noch eine zweite und dritte bezahlt hatte, was sein Vater, der, wie er heute wusste, wesentlich begüterter war, regungslos zur Kenntnis nahm. Im Nachhinein, fiel ihm ein, hatte der Vater seinen Bruder als »leichtsinnig« bezeichnet.
    Das muss
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