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Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen
Autoren: Langen Müller
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dachte er, aber er verstand nichts von den Namen der Franzosen. Er war eben erst ein wenig in die Hierarchie der heimischen Billigweine eingedrungen.
    Er hatte das Gefühl, protestieren zu müssen. Er wusste nicht, wie, nicht, wogegen. Er wusste nur, man durfte hier nicht einfach alles so geschehen lassen. Er müsste irgendeine, noch so arme, noch so hilflose Stellung beziehen. Er spürte eine Schuldigkeit dem Maler gegenüber, hier nicht auch pausenlos alles gutzuheißen. Wo wäre da der Rangunterschied geblieben?
    Zum Glück begann die Hausfrau die Einschätzung seiner Person und die Fürsorge für diese zu übertreiben. Sie spielte ihm noch einmal die zur Sparsamkeit gezwungene preisbewusste Gattin des gar nicht so reichen Hausherrn vor, nannte – so ganz vertraulich – eine rasend günstige Einkaufsquelle für diesen Wein und bezifferte die Konditionen und Preisnachlässe bei Abnahme von soundso vielen Kartons.
    Da hörte er sich sagen: »Ich hätte ganz gern ein Bier.«
    Der Hausfrau und ihrem so günstigen und doch so guten Wein hatte er einen Korb gegeben und um ein Bier – nein, nicht gebeten, das hatte er nicht, er hatte ein Bier gleichsam bestellt.
    Das Haus hatte Bier zwar nicht eingeplant, der Schweinebraten stand eben in einem anderen Koordinatensystem, aber es war natürlich nicht in Verlegenheit zu bringen. In kürzester Zeit traf eine Flasche Lagerbier des größten nationalen Bierkonzerns ein.
    Ein in der Nähe stehender Anwalt sagte: »Das ist eine gute Idee.«
    Der Regisseur kannte das Bier. Er hatte es des Öfteren im Strandbad zur Wurstsemmel getrunken oder nach dem Tennis als Trost. Das war das Bier, das man immer zu Hause haben muss, für die Reparateure der Waschmaschine, für die, die Bier und keinen Kaffee haben wollen.
    Er sagte: »Nicht böse sein. Aber das kann ich nicht trinken. Haben Sie nicht zufällig …«, und er nannte ein ihm gerade geläufiges Importbier.
    Ein Chirurg bekräftigte: »Er hat nicht unrecht, unser junger Freund. Das« – und er sprach die im Haus befindliche Biersorte aus – »ist ja leider wirklich nicht zu saufen.«
    Das Problem »Bier« breitete sich in Windeseile in alle Richtungen des neuen Hauses aus, als hätte manche Gruppe der Gesellschaft nur auf dieses Stichwort gewartet als thematische Befreiung des Abends.
    Einige vertieften die Erkenntnis, Schweinebraten ohne Bier sei überhaupt nur halb so gut.
    Andere erzählten, welche besonderen Biersorten sie zu Hause hätten – und zwar ausschließlich.
    Wieder andere erwähnten, man hätte heute exquisiten Champagner getrunken und keinen billigen Sekt. Wieso also dieses Bier? Und die jungen Leute begriffen plötzlich lautstark und militant nicht, warum beim Partyservice nicht auch ein riesiges Fass Bier für sie geordert worden wäre.
    Keine Frage, es war besiegelt: Eine riesige Panne war passiert.
    Der Hausherr, der sich bis jetzt mit wichtigen Geschäftspartnern dem Zentrum ferngehalten hatte, stieß zu einer Art Krisensitzung und bestimmte – dynamisch wie er war –, sofort ein Mietauto zu rufen und besseres Bier kommen zu lassen.
    Der Regisseur hätte jetzt erklären können, das sei beileibe nicht nötig, hatte dazu aber keine Lust und auch keine Chance, denn es gab mittlerweile ein paar Gäste, die ihrerseits keineswegs hinter der Forderung nach besserem Bier zurückstehen wollten.
    Die sagten rüde scherzend, sie wollten mit der zweiten Portion Schweinebraten warten, bis »trinkbares« Bier im Haus eingetroffen wäre. Und sie zwangen den Hausherrn zum Mitlachen.
    Der Regisseur sah in allem nur noch Theater, eine dramatische Steigerung aufgrund eines kleinen zufälligen Einfalls. Als sein eigener Akteur hatte er nun alle Farben der Situation zu provozieren und durchzuspielen.
    Er bedauerte mehrfach, die »reizenden Gastgeber« in eine »blöde Situation« gebracht zu haben.
    Er gestand, untröstlich zu sein, bei Bier eben so schwer Kompromisse machen zu können.
    Er übertrieb so schamlos, bis auch das zu erwartende Gegenspiel entstand.
    Ein Apothekerehepaar, vehement bestätigt vom Werbeleiter einer Skifirma, fand es doch sehr fraglich, ob das bewusste Lagerbier denn wirklich so schlecht sei. Und man fand Parteigänger.
    Langsam bildete sich in wieder anderen Gruppen der Anwesenden die Meinung, es wäre nicht gerade die Aufgabe eines – ohnehin seltsamerweise eingeladenen – Mitglieds des Stadttheaters, hier den Weltmann zu mimen.
    Es gab Meinungsverschiedenheiten.
    Vergnügt wie ein riesiges
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