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Weil ich Layken liebe

Weil ich Layken liebe

Titel: Weil ich Layken liebe
Autoren: Colleen Hoover
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1.
    I’m as nowhere as I can be,
could you add some somewhere to me?
    – THE AVETT BROTHERS, »SALINA«
    Nachdem Kel und ich die letzten beiden Kartons in den Möbelwagen gewuchtet haben, ziehe ich mit einem Ruck die Klappe zu, lege den Riegel um und sperre damit achtzehn Jahre Erinnerungen weg, die alle auf die eine oder andere Weise mit meinem Vater verknüpft sind.
    Es ist gerade mal sechs Monate her, dass er gestorben ist. Nicht besonders lang. Aber zumindest bricht mein neunjähriger Bruder Kel nicht mehr sofort in Tränen aus, sobald wir über Dad reden, und meine Mutter hat akzeptiert, dass ihr nichts anderes übrig bleibt, als die Familie allein über die Runden zu bringen. Im Moment bedeutet das für uns vor allem, dass wir es uns nicht mehr leisten können, in unserem Haus in Texas wohnen zu bleiben, das mein Zuhause war, seit ich denken kann.
    »Jetzt sieh doch nicht immer alles so schwarz, Lake«, sagtmeine Mutter und drückt mir den Hausschlüssel in die Hand. »Du wirst Michigan lieben, da bin ich mir sicher.«
    Sie spricht mich nie mit dem Namen an, der auf meiner Geburtsurkunde steht und eine etwas ungewöhnliche Entstehungsgeschichte hat. Meine Eltern konnten sich nämlich neun Monate lang nicht auf einen Namen einigen, der ihnen beiden gefiel. Mom war für Layla , weil sie den Song von Eric Clapton so liebt, und Dad wollte mich Kennedy nennen. »Nach keinem bestimmten«, wie er sagte. »Ich finde alle Kennedys toll!«
    Als ich drei Tage nach meiner Geburt immer noch namenlos war, drängte das Krankenhaus meine Eltern, sich doch bitte endlich zu entscheiden. Die beiden beschlossen, die ersten drei Buchstaben ihrer jeweiligen Favoriten zusammenzuwerfen und mich »Layken« zu taufen, auch wenn sie mich dann später nie so nannten.
    »Sieh du nicht immer alles so rosa. Ich bin mir sicher, dass ich Michigan hassen werde«, sage ich zu Mom.
    Meine Mutter erreicht mit einem einzigen scharfen Blick das, wozu andere Eltern stundenlange Predigten brauchen. So war es immer schon und so ist es auch jetzt.
    Ich gehe die Verandastufen hinauf, um noch einen letzten Kontrollgang durchs Haus zu machen. Die leer geräumten Zimmer wirken fremd und irgendwie unheimlich. Als wäre es nicht mehr dasselbe Haus. Während der letzten sechs Monate habe ich hier einen Tornado der dunkelsten Gefühle durchlebt. Natürlich ist mir klar gewesen, dass ich irgendwann mal ausziehen würde. Aber ich bin immer davon ausgegangen, dass es erst nach meinem Schulabschluss so weit wäre.
    In dem Raum, der nicht mehr unsere Küche ist, entdecke ich auf dem hellen Viereck am Boden, wo einmal unser Kühlschrank stand, eine lila Haarspange aus Plastik. Ich hebe sie auf und streiche mit dem Daumen darüber.
    Sie wachsen wieder nach , höre ich Dad sagen.
    Ich war fünf. Meine Mutter hatte die Nagelschere nicht weggeräumt und ich habe getan, was die meisten Kinder in diesem Alter in so einem Fall tun würden. Ich spielte Friseur.
    Nachdem ich mir eine dicke Strähne aus meinem Pony geschnitten hatte, hockte ich eine gefühlte Stunde vor dem Spiegel und wartete darauf, dass sie wieder nachwuchs. Nichts passierte. Irgendwann sammelte ich die glatten braunen Haare vom Boden auf, hielt sie mir an die Stirn und überlegte verzweifelt, wie ich sie wieder befestigen könnte. Und dann fing ich an zu weinen.
    Dad hörte mich und kam ins Bad. Als er die Bescherung sah, lachte er nur, hob mich hoch und setzte mich auf den Waschtisch.
    »Hast du Angst, dass Mommy schimpft? Keine Sorge, Lake. Sie wird gar nicht mitkriegen, was passiert ist«, versprach er mir und nahm etwas aus dem Badezimmerschrank. »Schau mal hier. Ich hab was für dich.« Auf seiner Handfläche lag die lila Haarspange. »Wenn du diese Zauberspange trägst, wird Mommy überhaupt nichts merken.« Er strich den Rest meines Ponys zur Seite und befestigte ihn mit der Spange. Dann drehte er mich so, dass ich mich im Spiegel betrachten konnte. »Siehst du?«, sagte er lächelnd. »So gut wie neu!«
    In diesem Moment war ich das glücklichste Mädchen auf der ganzen Welt. Keine meiner Freundinnen hatte von ihrem Vater jemals eine Zauberhaarspange geschenkt bekommen.
    Ich lief zwei Monate lang mit der Spange herum, ohne dass Mom eine einzige Bemerkung dazu machte. Jetzt im Rückblick bin ich mir ziemlich sicher, dass Dad ihr damals alles erzählt hat, aber mit fünf glaubte ich fest an seine Zauberkräfte.
    Ich sehe Mom ähnlicher als ihm. Wir sind beide weder besonders groß noch besonders
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