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Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen
Autoren: Langen Müller
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würde dieses Haus nie zur Verschwendung verleiten?
    Der Regisseur besah und beroch Schweinebraten und Sauerkraut und hatte keine Mühe, auch auf Distanz festzustellen, dass sie von ausgezeichneter Qualität waren.
    Dankend nahm er zunächst ein begrüßendes Glas Champagner in Empfang und bat, das Haus bewundern zu dürfen. Das war nun nicht mehr ganz so einfach, denn es waren schon viele Leute da. Die gingen die Treppe hinauf und wieder hinunter, wiederholten diese Passage mehrmals, grüßten, stellten vor und bewunderten. Meist bewunderten sie Schlichtheit und Großzügigkeit. Man säße in diesen Stühlen ganz besonders gut , hörte er im Vorbeigehen sagen.
    Er malte sich aus, wie die Gesellschaft sich ihm in etwa drei Stunden darstellen würde.
    Diese vier Herren dort würden über Arbeitszeitverkürzung und Umwegrentabilität diskutieren.
    Diese Dame würde in regelmäßigen Abständen sagen: »Also, ich weiß nicht.«
    Dieser alte Herr würde im Gespräch mit der Studentenrunde, die ihre pflichtgemäßen Protestjahre artikulierte, erklären, von allen der einzige echte Kommunist zu sein.
    Währenddessen führte er den einen oder anderen Dialog über Theater. Der »Faust« vor drei Jahren wäre eine für dieses Theater doch ungewöhnlich gute Aufführung gewesen, erfuhr er, während die »Geschichten aus dem Wienerwald« in der letzten Saison stellenweise ins Kabarettistische abgeglitten wären.
    Er versuchte sich eine Antwort auf die Frage zu geben, für wen Theater gespielt wird. Nicht wenige Anwesende hatten – das ergab das Gespräch – ein Premierenabonnement.
    Er war wieder bereit, bürgerlichen Eltern recht zu geben, zum Theater gehende Kinder solch idiotischer Berufswahl wegen zu enterben.
    Die Hausfrau hatte Takt und gesellschaftliches Format. Sie tat ihre mit ihrem Mann abgesprochene Pflicht. Sie hatte allen Gästen beiläufig zu gestehen, was diesem Haus so schmerzlich fehle, weil es finanziell einfach »Wahnsinn« gewesen wäre. Die Außentreppe nämlich, die auf der Zeichnung des befreundeten Architekten so »hinreißend« ausgesehen hätte, die Außentreppe hätte man streichen müssen. Auch an den Innenpool sei vor dem nächsten oder übernächsten Jahr überhaupt nicht zu denken.
    Als sie das auch dem Regisseur erklärte – ihr Blick ruhte während des Abends häufig auf ihm, um sich seiner Integration zu vergewissern –, fiel ihr ein, sie hatte das Allerwichtigste vergessen. Sie hatte dem Mann vom Theater nicht sofort und nicht eigenhändig zu essen gegeben. Sie stammte aus einer Marmeladen-Dynastie, hatte es also in den Genen, dass es die »Künstler« sind, die stets bevorzugt gesättigt werden müssten.
    Er wehrte ab. Man hätte ihn aufs liebenswürdigste zum Buffet gewunken. Er hätte nur noch keinen Appetit gehabt. Mittlerweile hätte er einen. Das war nun gelogen. Er hatte keinen Appetit, er hatte Hunger.
    Er dachte an die Innereien vom Lamm beim Maler und schluckte Speichel.
    Warum ihm nur immer wieder der Abend beim Maler einfiel? Die beiden Veranstaltungen waren unvergleichbar. Und doch. Die drei beim Abend des Malers machten ihn für das Theater nervös. Würde man ihnen, wenn sie wie angekündigt kämen, entsprechen?
    Aber die hier? Die Projektion dieser Leute in die leeren Sitzreihen eines Theaters verursachte Panik. Wie sich ihnen womit verständlich machen?
    Und da waren noch die Bilder an den Wänden. Teils waren sie drittrangig, teils Blätter jener »Auflagen«, die man derzeit zu haben hatte.
    Von seinem Maler, einem Bürger dieser Stadt, hatten sie nichts. Natürlich nicht, dachte er, denn dann wären die Gastgeber nach Art des Malers schon einmal bei ihm eingeladen gewesen. Und hätten danach die Sache mit dem Schweinebraten nicht mehr riskiert.
    Freilich kann keine Frau für sechzig Leute kochen, dachte er, wenngleich Frau Wirtschaftsprüfer bei dieser Tätigkeit, das muss ich einräumen, so allein ja auch nicht sein müsste. Aber sie könnte doch für zehnmal sechs kochen. Oder für sechsmal zehn. Im Laufe der Zeit. Wenn es darum geht, das neue Haus beurteilen zu lassen, sehen zu lassen, dann wäre das mit weniger sich drängenden Menschen doch viel beeindruckender.
    Er hatte zu dem Zeitpunkt, als ihm die freundlichen Hilfskräfte des Partyservice vom wohlriechenden Schweinefleisch herunterschnitten, schon ein paar Gläser Champagner getrunken. Nun wurde Wein angeboten, Weißwein, ein Franzose, so viel entnahm er mit flüchtigem Blick dem Etikett, sicher ein guter,
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