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Ohne Gewaehr

Ohne Gewaehr

Titel: Ohne Gewaehr
Autoren: Renee R. Picard
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Prolog
     
    Mr. Burton setzte uns beide direkt am Eingang des
Gebäudes ab und fuhr den Wagen dann in die Tiefgarage. Wir standen eine Weile
vor dem Haus, ich nestelte an den Trägern meiner Tasche und Garry trat verlegen
von einem Fuß auf den anderen. »Spuck’s schon aus Garry, was hast du noch auf
dem Herzen?«
    Er sah mich eindringlich an, dann trat er einen Schritt
auf mich zu und zog mich unvermittelt an sich. Seine großen Augen leuchteten,
als er langsam seinen Kopf senkte, den Mund leicht öffnete und versuchte, mich
zu küssen.
    Erschrocken stieß ich ihn von mir. Garry taumelte
einige Schritte nach hinten, verblüfft von meiner heftigen Reaktion, machte
dann aber erneut einen Schritt in meine Richtung.
    Ohne nachzudenken, drehte ich mich um und rannte davon,
folgte dem Verlauf der breiten Straße. Was war bloß mit meinem Freund los? Ich
hörte Garry hinter mir, hörte das Echo seiner Schritte immer lauter werden. Er
kam unaufhaltsam näher und ich wusste, dass ich ihm so nicht entkommen konnte.
Meine Kräfte ließen schon nach, gegen Garrys ausdauernde Kondition hatte ich
noch nie eine Chance gehabt, immer hatte er mich am Ende eingefangen. Das war
schon seit unserer Kindheit so.
    Ich dachte kurz daran, mich freiwillig zu ergeben, doch
als ich mich umdrehte, darauf gefasst, sein vertrautes, vor Lachen verzogenes
Gesicht zu erblicken, sah ich nicht meinen Freund hinter mir, sondern Mr. Pongs
grimmige Miene. »Hey, Party Girl! So trifft man sich wieder! Ich habe dir schon
bei unserem ersten Treffen gesagt, ich bekomme früher oder später immer, was
ich will.« Er streckte gierig seine Hand nach mir aus, strich mit kalten
Fingern über meinen Oberarm.
    Schweiß überzog meine Haut. In panischer Angst drehte
ich mich wieder um und rannte weiter. Mr. Pong nahm sofort die Verfolgung auf.
Doch bevor er zu mir aufschließen konnte, bog ich in eine dunkle Seitenstraße
ab, in der Hoffnung, hier meinen unheimlichen Verfolger abschütteln zu können. 
Unser Abstand schien sich zu vergrößern, dann hörte ich überhaupt keine
Geräusche mehr. Hatte er die Verfolgung etwa aufgegeben?
    Eine Bewegung am anderen Ende der schmalen Gasse ließ
mich abrupt stehenbleiben. Dort wartete der Anzugträger auf mich, Mr. Pongs
bereitwilliger Helfer.
    Angsterfüllt sah ich mich nach allen Seiten um,
nirgendwo waren andere Menschen zu sehen, die ich um Hilfe bitten konnte. Ein
Auto kam aus heiterem Himmel in rasendem Tempo die verlassene Straße entlang,
fuhr mir direkt entgegen. Die Scheinwerfer blendeten mich, ich konnte den
Fahrer erst im letzten Moment erkennen.
    Gott sei dank! Es war Mr. Burton. Er hatte das Fenster
heruntergekurbelt und hielt etwas in der ausgestreckten Hand. Im Vorbeifahren
warf er mir einen Gegenstand zu, dann war er genauso plötzlich wieder
verschwunden.
    Stille herrschte um mich herum, nur das Rascheln der
Blätter in den großen Bäumen war zu hören und es war so dunkel, dass ich nichts
erkennen konnte. Wo waren Mr. Pong und der Anzugträger? Lauerten Sie mir hier
irgendwo auf? Oder hatten Sie etwa so schnell und unerwartet die Verfolgung aufgegeben?
    Im Dunkeln war es nicht leicht, den Gegenstand, den mir
Mr. Burton zugeworfen hatte, wiederzufinden. Doch dann stieß mein Fuß gegen
etwas, ein metallisches Scheppern ertönte. Ich bückte mich und tastete mit der
Hand über den feuchten Asphalt. Dann hielt ich inne. War da nicht eben ein
Knistern? Gleich hinter dem nächsten Baum?
    Als ich nichts weiter vernahm, ließ ich meine Hand noch
einmal über den Boden gleiten. Dann endlich fand ich, wonach ich gesucht hatte.
Meine Waffe. Erleichtert fühlte ich das kühle Metall in meinen Händen und
richtete mich langsam auf, versuchte, mich zu orientieren. War da vorn nicht
schon der Eingang zum Theater?
    Grenzenlose Erleichterung machte sich in mir breit, als
ich die schwere Klinke herunterdrückte. Ich war in Sicherheit! Hier inmitten
meiner Freunde und Kollegen konnte mir Mr. Pong nichts anhaben.
    Katie erwartete mich schon, winkte mir ungeduldig zu.
»Nun komm endlich, Juliet! Wo hast du denn so lange gesteckt? Alle warten schon
auf dich.« Sie zog mich mit sich, ich folgte ihr willenlos. »Schnell, zieh dich
um, wir sind gleich dran.« Katie wies in eine dunkle Ecke und wartete. Mit
zitternden Händen wechselte ich meine Kleidung, schon während des Umziehens
schminkte mich die Maskenbildnerin. »Juliet, du bist ja heute so verschwitzt.
Was ist denn los?«
    Ich kam nicht mehr dazu, ihr zu antworten,
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