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Ohne Gewaehr

Ohne Gewaehr

Titel: Ohne Gewaehr
Autoren: Renee R. Picard
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mich angstvoll.
    »Ja, natürlich ist er am Leben. Die Einzige, die hier
faul herumliegt, bist du!« Corinne beugte sich über mich und flüsterte mir
leise ins Ohr: »Aber du solltest seinen Namen nicht ständig erwähnen, Mum und
Dad sind sowieso schon vollkommen von der Rolle. Und seit sie hier sind, hast
du die ganze Zeit nur nach Daniel gerufen, das ist ein ganz schöner Schock für
die beiden.«
    Ich starrte nach oben. »Wo ist er jetzt? Ist er
verletzt?«
    Meine Schwester runzelte genervt die Stirn. »Soweit ich
weiß, befindet er sich noch in Polizeigewahrsam. Aber ich verfolge das
natürlich nicht minütlich, denn eigentlich bin ich wegen dir hier und nicht
wegen deines Möchtegernverlobten.«
    Erschöpft schloss ich die Augen und versuchte, das Gehörte
zu verarbeiten. Daniel war am Leben und wurde von der Polizei festgehalten.
Aber wieso? Was war passiert, wenn nur ich hier im Krankenhaus lag? Und was war
das für eine Bemerkung über unsere Verlobung? Hatte ich das etwa auch
vergessen?
    Meine Überlegungen wurden jäh unterbrochen, als Dr.
Sanders ins Zimmer trat und geradewegs an mein Krankenbett kam. »Juliet, so
schnell sieht man sich wieder! Sie haben uns einen ganz schönen Schrecken
eingejagt. Wie geht es Ihnen jetzt? Haben Sie Schmerzen?«
    Die Ärztin trat näher an mich heran, tastete mit
routiniertem Griff an meinem rechten Arm entlang. Eine Kanüle steckte in meiner
Armbeuge, der Schlauch war mit einem Infusionsbeutel verbunden, aus dem eine
durchsichtige Flüssigkeit heraustropfte. Verwundert registrierte ich, dass mein
Arm am Bettgestell festgebunden war.
    Als sie mein heiseres Krächzen hörte, hielt sie mir eine
kleines Glas Wasser vor den Mund. Ich trank gierig und genoss das Gefühl,
welches das kühle Wasser in meiner brennenden Kehle auslöste. »Ich habe keine
Schmerzen, mir geht es gut«, beantwortete ich endlich ihre Frage.
    Ein nachsichtiges Lächeln erschien auf Dr. Sanders
Gesicht, doch sie sagte nichts, band stattdessen meinen Arm los und machte sich
daran, mit professioneller Gründlichkeit die Anzeigen der Geräte auszuwerten. Während
sie das Protokoll studierte, das am Fußende meines Bettes angebracht war, erklärte
sie mir schließlich: »Sie haben großes Glück gehabt, Juliet. Als Sie
eingeliefert wurden, waren Sie so gut wie tot. Auf der Fahrt hierher ist Ihr
Herz stehengeblieben. Außerdem mussten wir Sie intubieren, darum haben Sie
jetzt diese Halsschmerzen. Sie wurden operiert und Ihre Vitaldaten scheinen
mittlerweile stabil zu sein. Wenn alles weiter so zufriedenstellend verläuft, sind
Sie vielleicht schon in ein paar Tagen wieder auf den Beinen und alles, was von
der Verletzung übrig bleibt, ist eine kleine Narbe an Ihrem Oberkörper.« Sie
sah in mein schmerzverzogenes Gesicht und ergänzte: »Auch wenn Sie sich das
vielleicht im Augenblick noch nicht vorstellen können.«
    Ich nickte schließlich. »Was ist mit Daniel? Haben Sie
den hier auch behandelt?«
    Dr. Sanders blickte überrascht auf, ohne ihre Tätigkeit
zu unterbrechen. »Nein, wieso? Als er hier mit Ihnen ankam, stand er zwar am
Rande eines Nervenzusammenbruchs, aber er hat sich ganz von allein gefasst als
er hörte, dass Sie am Leben sind.« Sie musterte mich mit zusammengezogenen
Augenbrauen und setzte dann missbilligend hinzu: »Da das ja nun schon das
zweite Mal innerhalb einer einzigen Woche ist, gewöhnt er sich vielleicht
langsam an das Gefühl, seine todkranke Freundin hier abzuliefern.«
    »Er wurde also nicht angeschossen?«, vergewisserte ich
mich atemlos. Irgendetwas stimmte nicht mit meinen Erinnerungen. Ich konnte
genau spüren, wie es sich anfühlte, wenn sein Herz unter seiner Brust schlug,
dann immer schwächer wurde, bis es schließlich ganz stehenblieb. Bildete ich
mir das alles nur ein oder wollte mir niemand die Wahrheit sagen, um mich nicht
unnötig aufzuregen?
    Die Ärztin trat wieder an mein Bett, nahm meine Hand
und blickte mich aufmerksam an. »Während Sie bewusstlos waren, haben Sie immer
wieder nach Mr. Stone gerufen und sich dabei enorm aufgeregt. Ich nehme an, Sie
hatten Albträume. Das ist ganz normal und ein gutes Zeichen, ihr Kopf versucht
bereits, das Geschehene einzuordnen. Aber es ist wichtig zu unterscheiden,
welche Erinnerungen Sie wirklich erlebt haben und wo Ihr Gehirn Ihnen einen
Streich spielt.«
    Sie wollte sich abwenden, doch als sie meinen fragenden
Blick bemerkte, blieb sie weiter neben mir stehen. »Ich denke, Sie sollten das
zusammen mit Mr. Stone in
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