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Ohne Gewaehr

Ohne Gewaehr

Titel: Ohne Gewaehr
Autoren: Renee R. Picard
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ertönte.
    Ich spürte den Schmerz in meiner Brust sofort. Doch diesmal
machte es mir nichts aus. Wenn Daniel fortging, dann wollte auch ich nicht mehr
hiersein.
    Ich küsste ihn ein letztes Mal. »Ich bin bei dir Champ.
Ich werde immer bei dir sein. Ich liebe dich.«
    Bevor ich mich zu Daniel niederlegte, sah ich den Mann
mit der schwarzen Maske. Jetzt verstand ich, warum mir seine Bewegungen so
vertraut vorgekommen waren. Er blickte aufmerksam zu uns herüber, so, als ob er
sich davon überzeugen wollte, dass wir auch wirklich starben. Die kalten Augen
und die aristokratische Nase verrieten ihn.
    Aber nun war ohnehin alles zu spät. Ich sank kraftlos
zu Boden, legte meinen Kopf auf Daniels Brust, lauschte seinem leiser werdenden
Herzschlag. Als ich schließlich nichts mehr hörte, schloss ich meine Augen.
Mein letzter Gedanke galt nur ihm.
    Bitte, lass mich nicht allein hier zurück!

Sonntag, 24. Juni 2012
     
    Flüsternde Stimmen ertönten im Hintergrund. Ich wusste
nicht, ob ich noch träumte oder schon wach war. Das laute Sirenengeräusch einer
Ambulanz war in einiger Entfernung zu hören und wenn ich mich konzentrierte,
konnte ich einzelne Worte ausmachen, die ganz in meiner Nähe gesprochen wurden.
»Sie wird durchkommen, Mrs. Walles. Ihre Tochter ist eine starke Frau, eine
Kämpferin, die wird es schaffen. Machen Sie sich keine Sorgen, es sieht
schlimmer aus als es ist.«
    Die Stimme meiner Mutter erwiderte etwas, das ich nicht
verstand, dann hörte ich wieder die weiche Stimme der unbekannten Frau. »Miss
Walles wurde hier mit einer Schussverletzung im Oberkörper eingeliefert, da
schalten wir immer sofort die Polizei ein. Schusswunden sind schließlich
anzeigepflichtig, darum warten schon die beiden Kriminalkommissare draußen.«
    Ich versuchte, den Nebel in meinem Kopf zu durchstoßen
und mich zu erinnern, was geschehen war, warum ich mich plötzlich in einem
Krankenhaus befand. Langsam tauchten einzelne Bruchstücke wieder auf: Das
Theater. Mr. Pong und der Anzugträger. Schüsse. Der Mann mit der schwarzen
Maske. Seine Bewegungen, die mir so seltsam vertraut vorkamen. Seine Augen.
Seine Nase. Daniel auf dem Boden. Das vertraute Schlagen seines Herzens. Dann
die Stille. Neiiiiiiin!
     
    »Ganz ruhig, Juliet. Alles ist gut, wir sind ja bei
dir. Beruhige dich doch!«
    Ich spürte eine kühle Hand an meinem Arm, dann auf
meiner Stirn. Corinnes Stimme erklang erneut dicht neben meinem Ohr. »Kannst du
mich hören? Wenn du wach bist, dann bewege deine Finger, drück meine Hand.«
    Ihre Hand legte sich sanft in meine, hielt mich fest. Aber
ich wollte ihre Hand nicht drücken, wollte nicht zu erkennen geben, dass ich aufgewacht
war. Ich wollte nicht wach sein, denn wenn ich jetzt aufwachte, dann war ich
hier und Daniel fort. Und ohne ihn wollte ich nicht leben.
    Wieder strich Corinne mir über das Gesicht, mit einem
Finger wischte sie die Tränen weg, die nun unweigerlich über meine Wange rollten.
»Juliet, mach endlich die Augen auf. Wie lange willst du hier denn noch rumliegen?«
    Ich seufzte leise, blinzelte vorsichtig und sah direkt
in die Augen meiner großen Schwester. Sie blickte mich besorgt an, doch als sie
bemerkte, dass ich wach war, verwandelte sich ihr Gesichtsausdruck sofort in
ein freundliches Lächeln. »Na endlich! Wir hatten schon Angst, du schläfst hier
noch tagelang weiter.«
    Weiter kam sie nicht, denn nun schob sich auch meine
Mutter ins Blickfeld. »Kind, wie geht es dir? Hast du große Schmerzen?« Sie
schien um Jahre gealtert zu sein, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte.
    »Was ist mit Daniel?«, flüsterte ich mühsam. Mein Mund
war ausgetrocknet und mein Hals brannte bei dem Versuch zu sprechen.
    Meine Mutter sah mich betreten an, schwieg dann.
    Ihr Verhalten bestätige meine größten Ängste. War
Daniel tatsächlich tot? Ich versuchte mich zu erinnern, was geschehen war. Aber
alles, was in meinem Kopf herumschwirrte, waren seine letzten Worte und sein
lebloses Gesicht. »Lass los, Baby!«
    Weitere Tränen liefen nun über mein Gesicht, meine
Hände zitterten plötzlich unkontrollierbar und ein lauter Schluchzer drang aus
meinem staubtrockenen Mund.
    Meine Mutter schien bestürzt angesichts meines
Zustands, wich zurück und überließ es Corinne, sich weiter mit mir abzugeben. »Hey,
Schwesterchen, wein doch nicht. Alles ist okay. Daniel geht es gut, er ist
jetzt nicht hier aber er hat sich nach dir erkundigt. Mach dir keine Sorgen.«
    »Er ist am Leben?«, vergewisserte ich
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