Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennender Stahl (von Hassel)

Brennender Stahl (von Hassel)

Titel: Brennender Stahl (von Hassel)
Autoren: Peter Brendt
Vom Netzwerk:
 
    Prolog
     
     
    Die Männer der Emerald starben. Sie starben, weil Krieg war, und sie starben ohne Würde weil der Krieg auf See nur wenig Raum für Würde lässt. Die beiden Torpedos trafen das Schiff ziemlich genau um Mitternacht, als viele der Männer für den Wachwechsel auf ihren Stationen waren. Doch was normalerweise eine bessere Überlebenschance bedeutet hätte, bedeutete auf einem Tanker nur einen noch schrecklicheren Tod.
    Das Maschinenpersonal starb als erstes. Der große Maschinenraum mit seinem Geruch nach Öldämpfen und laufenden Maschinen, erfüllt vom Stampfen der schweren Kolbenmaschinen und der Hitze, die sie ausstrahlten, verwandelte sich nach dem Treffer von einem metallen blitzenden Wunderland der Ingenieurskunst in ein tödliches Inferno. Die Ladung im Gefechtskopf des Torpedos riss ein Loch von mehreren Metern in die knapp halbzölligen Stahlplatten durch das die See hineinstürzte wie eine glasig grüne Wand.
    Der Alptraum aller Schiffsmaschinisten wurde Wirklichkeit als sie versuchten, von den unteren Plattformen nach oben zu flüchten, verfolgt von dem lauwarmen Wasser des Südatlantiks. Panik brach aus. Jeder wollte der erste auf dem schmalen Niedergang sein. Mit Schraubenschlüsseln und bloßen Fäusten wurde um das Recht gekämpft zu überleben, denn in diesem Augenblick wurden Männer zu Tieren, die nur einem Urinstinkt folgten: Überleben! Doch die meisten der Maschinisten auf der unteren Plattform starben. Das Wasser holte sie ein, bevor die ineinander verkeilten Körper der Kämpfenden nach oben gelangen konnten.
    Als das Wasser schließlich die heißen Dampfrohre erreichte, verwandelte es sich in Dampf. Nicht in etwas Dampf, sondern sehr viel und sehr heißen Dampf, der mit Druck nach oben hin entwich. Viele der Maschinisten, die im Leitstand auf der oberen Plattform Dienst getan hatten, wurden bei lebendigem Leib gekocht wie Hummer. Nur für kurze Zeit gellten die grellen verzweifelten Schreie durch die Dampfschwaden, Schreie, die nicht zu beschreiben waren, weil sie einfach all die Leiden der gequälten Kreaturen beinhalteten, die in diesem Augenblick schon nichts Menschliches mehr an sich hatten.
    Dann erreichte das Wasser die heißen Kessel. In einer Reihe von Explosionen platzten die unter Druck stehenden Metallbehälter. Trümmer schossen durch den Raum, aber hier lebte ohnehin niemand mehr, der davon hätte verletzt werden können. Aber die Kesselexplosionen rissen den ohnehin geschwächten Rumpf nach unten hin auf und noch mehr Wasser strömte mit triumphierendem Brausen in das tödlich getroffene Schiff.
    Der zweite Torpedo traf einen der Tanks, und beinahe sofort entzündete sich das Öl darin. Wo Augenblicke vorher noch ein Geleitzug in der Dunkelheit ruhig durch das Wasser geglitten war, stand von einem Augenblick zum anderen ein loderndes Fanal auf der schwarzen See. Dreihundert, vierhundert Meter hoch schlug die Tankerfackel in den  Nachthimmel. Das rote Licht riss die anderen Schiffe aus dem schützenden Mantel der Dunkelheit. Hektisch wechselten sie Kurs, um diesem Leuchtfeuer zu entrinnen, dieser tödlichen Bedrohung, die einen Augenblick zuvor noch ein Kamerad in diesem Geleitzug gewesen war. Jeder der Kapitäne wusste, dass sie in diesem Licht sichtbar waren und sichtbar bedeutete verwundbar. Noch verwundbarer als ohnehin schon.
    Die Reihen schließen, Geschwindigkeit halten, und vor allem, nie zurückblicken! Das waren die Regeln des Fahrens im Geleit. Eine Sloop der Eskorte musste einen Frachter mit einem Warnschuss bedrohen, als dieser stoppen wollte um Überlebende aufzunehmen, wie es das ungeschriebene Gesetz der See befahl. Wie es das in Friedenszeiten befahl! Nur - jetzt war Krieg, und damit galten neue Regeln.
    Das zweite Geleitboot, ebenfalls eine Vorkriegskorvette, tastete sich vorsichtig an das brennende Wrack heran, das Minuten zuvor noch ein stolzes Schiff gewesen war. Zwei Bewacher, das war alles, was die größte Seemacht der Welt übrig hatte, um diesen Konvoi zu schützen, der von Südafrika mit einem Zwischenhalt in Sierra Leone nach England fuhr. Neunzehn Frachter und ein Tanker waren ausgelaufen. Aber nun kam das schwierigste Stück. Wenn fünfzehn der Frachter London erreichten, dann wäre das ein großer Erfolg. Und selbst wenn nur zehn der tief im Wasser liegenden Schiffe London erreichen sollten, würde man das in der Admiralität immer noch als Erfolg verbuchen.
    Aber weder die überlebenden Männer der Emerald noch der Sloop
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher