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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten
Autoren: Joy Fielding
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auch immer, Roses Tod traf sie schwer. Und als sie von meinem Beitrag zu den Geschehnissen und auch die Wahrheit über den »Unfall« meiner Tante erfuhr, – weil Megan es natürlich überall sofort herumposaunen musste – nun, da war sie beinahe apoplektisch.
    Apoplektisch – ist das nicht ein fantastisches Wort? Man hört seine Bedeutung schon im Klang. Ich glaube, dafür gibt es einen literaturwissenschaftlichen Fachausdruck, aber ich kenne ihn nicht. Ich könnte natürlich Mrs. Crosbie einen Brief schreiben und sie fragen, aber ich glaube irgendwie nicht, dass sie besonders begeistert wäre, von mir zu hören, und ich bezweifle, dass sie antworten würde. Aber wer weiß? Vielleicht überrascht sie mich. Das hat sie in der Vergangenheit weiß Gott oft genug getan. Apoplektisch bedeutet jedenfalls, zu einem Schlaganfall neigend, einer Hirnmassenblutung nach Ruptur einer interzerebralen Arterie. Ich habe es nachgeschlagen.
    Ich war übrigens selbst beinahe apoplektisch, als ich in jener Nacht vor fast zehn Monaten Gregs Schritte im Erdgeschoss des alten Hauses hörte. Ganz zu schweigen von der Ankunft des Dynamischen Duos von Torrance, in Gestalt des Sheriffs und Mrs. Crosbies. Das nenne ich eine gelungene
Überraschung! Es war einfach zu viel auf einmal! Ich bin in Panik geraten. Deswegen habe ich die Waffe auch gegen mich selbst gerichtet und abgedrückt. Ich wusste nicht, was ich sonst machen sollte.
    Ich bin ehrlich gesagt froh, dass Greg überlebt hat, obwohl sein Leben zunächst an einem seidenen Faden hing. Sein Zustand galt länger als eine Woche als kritisch. Und danach war er noch einen Monat lang im Krankenhaus und anschließend in der Reha, bis er kräftig genug war, seinem Vater gegenüberzutreten und zu erklären, dass er ein Stipendium für eine renommierte Kunsthochschule in Chicago bekommen hatte. Mrs. Crosbie hat ihm bei der Bewerbung geholfen und offenbar großen Anteil daran, dass er angenommen wurde. Was habe ich gesagt? Die Frau steckt voller Überraschungen.
    Greg ist im Januar nach Chicago gegangen. Fürwahr ein frohes neues Jahr.
    Nicht, dass ich ihm seinen Erfolg missgönne. Ich hatte offen gestanden immer eine kleine Schwäche für Greg, vielleicht war ich sogar ein bisschen in ihn verknallt, weshalb es mir leidtat, dass er derjenige war, der in jener Nacht durch die Tür platzte. Ich hatte gehofft, es wäre Joey. Aber er war es nicht, und ich hatte leider keine andere Wahl, als auf ihn zu schießen. (Nicht, dass es mir keinen Spaß gemacht hätte – ich habe mich sogar gefragt, warum ich nicht gegen mehr meiner männlichen Quälgeister vorgegangen bin.)
    Meine Mutter hat mir die Einzelheiten berichtet: Offenbar war er im Laufe des Abends schon einmal auf Mrs. Crosbie und den Sheriff getroffen, und die drei hatten Megan fast eine Stunde lang hektisch gesucht. Ich hatte übrigens Recht. Er hatte meinen Wagen am Straßenrand gesehen und beschlossen, genauer nachzusehen. Das Dynamische Duo hat dann sein Auto gesehen, und ehe man sichs versah, war das Haus voll.
    Man hätte meinen sollen, dass zumindest einer von ihnen einem Krokodil zum Opfer gefallen wäre. Ich meine, die Gegend heißt schließlich nicht umsonst Alligator Alley.

    Die arme Kerri. Als sie erfuhr, was ich getan hatte, war sie außer sich. Ein weiterer guter Ausdruck, finde ich, weil er perfekt das Gefühl beschreibt, das man manchmal hat, wenn man wütend ist. Ich liebe das Bild, das jemand buchstäblich neben seinem eigenen Körper steht. Ich finde das klasse. Als ob man in einen Spiegel schauen würde, nur dass diesmal das Spiegelbild real ist und man selber nicht.
    Zunächst wollte meine Mutter mich weder sehen noch mit mir reden noch irgendetwas mit mir zu tun haben. Aber nach ein paar Wochen hat sie es sich anders überlegt. Vielleicht weil sie durch Roses Tod eine reiche Frau geworden oder weil ich schließlich trotz allem doch ihr Fleisch und Blut war. Aber vielleicht auch, weil Ian sie wenige Tage nach meiner Verhaftung abserviert hat und sie sonst niemanden hatte, an den sie sich wenden konnte. Kerri kam nie besonders gut mit dem Alleinsein zurecht.
    Dass Ian sie verlassen hat, tut mir leid. Ich habe nicht gewollt, dass das geschieht, obwohl es mich nicht überrascht hat. Einem Mann, der eine Frau wegen einer anderen verlässt, kann man nicht trauen, und er hätte meine Mutter womöglich früher oder später sowieso sitzen lassen. Vermutlich war Kerri auch gar nicht gänzlich unglücklich darüber, ungeachtet
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