Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todesstatte

Titel: Todesstatte
Autoren: Booth Stephen
Vom Netzwerk:
1
    B ald wird sich ein Mord ereignen.Vielleicht geschieht er schon in den nächsten Stunden.Wir könnten unsere Uhren abgleichen und die Minuten zählen.Was für eine Gelegenheit, um Zeuge zu werden, wie ein Leben verstreicht, um es in jenem letzten, vollkommenen Augenblick zu begleiten, wenn das Dasein erlischt und die Seele sich vom Körper trennt.
    Das Ende ist immer so nah, nicht wahr? Das Schicksal lauert unter unseren Füßen wie eine Ratte in der Kanalisation. Es hängt in der Zimmerecke wie eine Spinne in ihrem Netz, die auf ihren großen Moment wartet. Und der Augenblick unseres Todes existiert bereits in uns, tief in uns. Er ist ein dunkles Gespenst an der Schwelle zu unseren Träumen, ein Gewicht, das an unseren Füßen zerrt, ein Flüstern im Ohr in der dunkelsten Stunde der Nacht.Wir können ihn weder sehen noch greifen. Aber dennoch wissen wir, dass er da ist.
    Aber vielleicht … vielleicht werde ich auch einfach warten und die Vorfreude genießen. Schließlich heißt es doch, das wäre das halbe Vergnügen, oder etwa nicht? Das Warten und das Planen, die ungetrübte, gespannte Erwartung.Wir können unsere Fantasie vorauseilen lassen wie einen Hund, der mit zuckender Schnauze und vor Erregung geifernd einer Fährte folgt. In Gedanken können wir uns das Blut ausmalen und uns daran ergötzen.Wir können die Augen schließen und den Duft einatmen.
    Ich kann ihn schon jetzt riechen, ihr nicht? Er ist so stark, so süß. So unwiderstehlich. Es ist der Duft des Todes.
    Auf dem Flur näherten sich Schritte. Jemand mit schweren Stiefeln ging langsam über den Linoleumfußboden. Dieser Mensch hatte keine Eile, war in Gedanken anderswo, dachte an sein Mittagessen oder an das Ende seiner Schicht, machte sich Sorgen wegen der stechenden Schmerzen in seinem Rücken und weil sein Hosenbund zu eng geworden war. Ein ganz gewöhnlicher Mensch, der nur selten ans Sterben dachte.
    Die Schritte machten in der Nähe der Tür halt, und es war das Rascheln von Papier zu hören, gefolgt von einem Augenblick der Stille. Der Duft von Kaffee schwebte durch die Luft, warm und metallisch wie der Geruch von Blut, der aus der Ferne hertrieb.
    Während Detective Sergeant Fry der Stille lauschte, rieb sie mit einem Taschentuch an den schwarzen Flecken an ihren Fingern. Mit dem Faxgerät war es immer dasselbe. Jedes Mal, wenn sie sich dem verdammten Ding näherte, bekam sie Druckerschwärze auf die Haut. Entweder leckte die Kartusche, oder auf dem Gehäuse befanden sich Fingerabdrücke. Heute Abend kam es ihr allerdings vor, als versuchte sie, sich einen viel dunkleren Fleck als Faxtoner von den Händen zu wischen.
    Â»Er ist ernsthaft geistesgestört«, sagte sie. »Das ist alles. Ein Irrer. Ein Fall für die Psychiatrie.«
    Sie erwartete jedoch keine Antwort. Es war nur eine Taktik von ihr, um das Lesen des Rests der Abschrift hinauszuzögern. Fry rieb abermals an ihren Fingern, wodurch die Flecken aber nur verschmierten und noch tiefer in ihre Poren eindrangen. Sie würde sie später mit Seife und einer Handbürste bearbeiten müssen.
    Â»Verdammte Maschinen. Wer hat die eigentlich erfunden?«
    Auf der anderen Seite des Schreibtischs wartete Detective Inspector Paul Hitchens geduldig, während er sich mit seinem Stuhl hin und her drehte und zufrieden über das schrille Quietschen lächelte, das bei jeder Drehbewegung aus dem Metallgestell drang.
    Fry seufzte. In der Einsatzzentrale warteten die Unterlagen zu mehreren Fällen auf sie, die dafür sorgten, dass ihr die Arbeit ohnehin bereits bis zum Hals stand. Am nächsten Vormittag hatte sie einen Gerichtstermin, um in einem Mordprozess als Zeugin auszusagen, und im Lauf des Tages stand noch eine Besprechung mit der Strafverfolgungsbehörde auf dem Programm. Sie hatte keine Zeit, um noch irgendetwas anderes anzunehmen, was ihr Detective Inspector eigentlich hätte wissen müssen.
    Außerdem hatte sie letzte Nacht schon wieder schlecht geschlafen, und nach einem langen Arbeitstag schmerzte ihr Kopf, als drückten Stahlfedern gegen ihre Stirn und bohrten sich tief in die Nerven hinter ihren Augen. Ein aufkeimendes Übelkeitsgefühl sagte ihr, dass sie nach Hause gehen und sich eine Weile hinlegen sollte, bis sie sich wieder besser fühlte.
    Und dieses Mal wird es sich um einen echten Mord handeln – nicht um eine trunkene Schlägerei im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher