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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben
Autoren: Robert Silverberg
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Ordnung?“
    „In Ordnung, Elena. Willst du jetzt bitte in das Zimmer dort drüben gehen? Ich möchte mit Noyes sprechen.“
    „Der ist auch hier?“
    „Ja, er wird oben bei Risa festgehalten. Laß dich bitte nicht sehen, solange ich mich mit ihm befasse.“
    „Du wirst nichts von ihm erfahren. Gar nichts!“
    „Bitte“, sagte Mark.
    Elena ging in das Zimmer und schloß die Tür hinter sich.
    Risas Augen suchten die ihres Vaters. Mark sah noch ausgelaugter aus als vorher. Aber dieser merkwürdige Onkel-Paul-Zug an ihm schien noch ausgeprägter geworden zu sein. Mark schien aus einer inneren Quelle neue Willenskraft zu ziehen.
    Er ging zum Telefon und ordnete an, daß Charles Noyes jetzt hereinkommen sollte.
     
    Noyes schlich sich wie ein wildes Tier ins Zimmer, das von einer Meute Jagdhunde gestellt worden war. Die innere Anspannung drohte ihn zu zerreißen. Während des ganzen Rückflugs von Evansville hatte er Elena vorgespielt, er sei Kravchenko, um sie daran zu hindern, ihn nochmals in die Mangel zu nehmen. Mittlerweile hatte sich auch sein Fremdbewußtsein vom Schock erholt. Kravchenko war wieder wach und versuchte stärker denn je, die Kontrolle zurückzugewinnen, besonders jetzt, wo er eine ganze Nacht lang die Freiheit gekostet hatte.
    Kravchenko hämmerte hinter Noyes’ Stirn. Charles’ Kleider klebten an seinem Körper. Seine Knie waren weich wie Butter. Seine Augen flatterten nervös und aufgekratzt wie die Flügel eines Vogels. Er wußte, daß es für ihn kein Entrinnen mehr gab. Er verloren war. Elena war so zornig über Roditis, daß sie beschlossen hatte, sein Spiel zu verderben. Und er saß wegen seiner ungelöschten Erinnerungen mitten drin im Pulverfaß. Sein Kopf steckte voller unerwünschter Kenntnisse, die früher oder später herauskommen mußten.
    Schuldig des vorsätzlichen Mordes. Verurteilt zur Geisteslöschung.
    Vielleicht war das noch nicht einmal das Schlechteste. Endlich Ruhe und Frieden. Keine Drehungen mehr am Karmarad. Das Vergessen. Das Nirwana. Endlich eins sein mit dem Kosmos.
    Mark Kaufmann sah ihn streng an. Auch er konnte die Anzeichen des Stresses nicht verbergen. Sein Gesicht hatte sich verändert, fiel Noyes sofort auf. Na, meinem ist es nicht anders ergangen. Wir alle haben schon lange auf diesem Amboß leben und Schlag auf Schlag hinnehmen müssen.
    Und dort auf der Couch saß Risa, das geile kleine Ungeheuer. Auch sie sah verändert aus: älter, gerissener, raubtierhafter. Sie werden mich bei lebendigem Leib verschlingen. Elena hat ihnen alles gesagt. Ich bin von jedem hintergangen worden. Warum tut Elena das? Hat Roditis sie nicht haben wollen? Warum hat er sie bloß nicht flachgelegt? Wie ist er nur auf die Idee gekommen, sie so zu verletzen? Hat er denn nicht begreifen können, daß er sie damit zutiefst kränken würde, sie geradezu aufforderte, alles auszuplaudern? Ich hätte ihm sagen müssen, daß ich nur durch Elenas Hilfe zu St. John vordringen konnte. Aber er drängte mich ja so rasch zum Operationssaal. Und überhaupt war Kravchenko ja da noch am Drücker gewesen. Und Jim hatte wohl nichts davon erzählt. Später hat sich dann keine Gelegenheit ergeben, es ihm zu sagen, denn offiziell wußte ich ja nichts mehr von dem Mord.
    Kaufmann sagte: „Ich schätze, Sie sind nicht zum ersten Mal in dieser Wohnung, Mr. Noyes.“
    „Nun …“
    „Erst kürzlich waren Sie hier. Letzte Nacht, um genau zu sein. Stimmt das?“
    „Wer hat Ihnen denn den Floh ins Ohr gesetzt?“ fragte Charles mit dem letzten bißchen Trotz, das er noch aufbieten konnte.
    „Sie sind gestern abend spät in Begleitung von Miß Elena Volterra hierher gekommen“, sagte Kaufmann. „Auf Ihr Beharren hin hat sie Sie ins Zimmer von Martin St. John gebracht. Dort waren Sie mit ihm allein und haben ihm eine geringe, aber ausreichende Menge eines Gifts verabreicht, das unter dem Namen Zyklophosphamid-8 bekannt ist und zu einem raschen, dafür jedoch um so entsetzlicheren Tod …“
    „Nein!“ schrie Noyes. „Das habe ich nicht getan! So war es nicht!“
    „Wir besitzen genügend Beweise gegen Sie, um eine Geistesuntersuchung beantragen zu können.“
    „Das ist nicht wahr! Sie bluffen!“
    Kaufmann sagte: „Wir haben eine lückenlose Beweiskette Ihrer Schuld, Mr. Noyes. Davon läßt die Polizei sich überzeugen. Ihr Gedächtnis wird einer genauen Untersuchung unterzogen werden. Danach droht Ihnen die Ausmerzung. Wenn Sie natürlich freiwillig ein Geständnis ablegen wollen und darin
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