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Noch einmal leben

Noch einmal leben

Titel: Noch einmal leben
Autoren: Robert Silverberg
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hierher gebracht und scheint nicht so willig zu sein wie Elena. Ich möchte ihn so lange von Elena getrennt halten, bis ich ihre Geschichte gehört habe. Dein Einverständnis vorausgesetzt habe ich es so eingerichtet, daß er oben in deinem Apartment eine Weile festgehalten wird.“
    „In Ordnung. Aber wo soll ich so lange bleiben?“
    „Hier, an meiner Seite“, sagte Mark. „Ich brauche deine Hilfe.“ Er gab ihr ein Tonbandgerät. „Nimm jedes Wort unserer Unterhaltung auf und gib acht, daß Elena nichts davon merkt. Und halte dich bereit sofort einzugreifen, wenn sie versucht mich anzugreifen. Ich lasse sie, bevor sie hereinkommt, auf versteckte Waffen untersuchen. Aber die Fingernägel kann ich ihr nicht abnehmen.“
    Risa freute sich über die Verantwortung, die ihr Vater ihr übertragen hatte. Sie sagte: „Glaubst du wirklich, du kriegst etwas aus Elena oder Noyes heraus, wo sie gerade bei Roditis waren, um sich das Gedächtnis löschen zu lassen?“
    „Das weiß ich auch nicht. Und ich bezweifle, daß er sie hat ziehen lassen, ohne an ihren Erinnerungen manipuliert zu haben. Aber auch bedeutende Männer übersehen schon mal eine Kleinigkeit.“ Ein Lichtsignal leuchtete an der Tür auf. „Elena kommt.“
    Mark ließ sie hereinkommen – ohne die Männer, die sie abgefangen und hierhergebracht hatten. Risa bekam einen Schrecken, als sie die Wut in den Augen der Italienerin sah. Sie schien vor Zorn zu kochen. Elena trug ein Kleid, das für ihre Verhältnisse schlicht, ja sogar unelegant war. Sie stürmte energisch in das Zimmer, von ihrem üblichen lasziven Schlendern war nichts mehr zu bemerken.
    „Mark! O, Mark, ich hab dir ja so viel zu erzählen“, stieß sie hervor.
    „Das kann ich mir vorstellen“, sagte Mark. Er warf Risa einen raschen Blick zu. Sie nickte, denn sie hatte das Tonband bereits heimlich eingeschaltet.
    Auch Elena warf Marks Tochter einen Blick zu. „Unter vier Augen“, sagte sie.
    „Du kannst ruhig vor Risa sprechen. Sie ist bereits über alles unterrichtet. Besser gesagt, sie weiß soviel wie ich. Aber du müßtest eigentlich noch mehr wissen.“
    Elenas Wangen verfärbten sich. Ihrem Gesicht war nur zu deutlich anzusehen, daß sie sich in Risas Anwesenheit unbehaglich fühlte. Stumm tauschten Mark und Elena Blicke aus.
    Er sagte: „Ich möchte wissen, was in dieser Wohnung am Donnerstag vorgefallen ist, Elena.“
    Elena durchschritt in kaum verhaltener Wut das Zimmer. „Was den Tag angeht, so habe ich keine Ahnung. Martin St. John hat hier im Gästezimmer auf dem Bett gelegen und wurde von einer ganzen Schwadron Roboter bewacht.“
    „Ja, und weiter?“
    „Charles Noyes kam zu mir. Er sagte, er müsse ganz dringend mit St. John reden. Er bat und bettelte so lange, bis ich ihm sagte, daß ich ihn hierher bringen würde.“
    „Das war ein großer Fehler, Elena.“
    „Ich weiß, Mark. Aber ich habe ihn nun einmal eingelassen. Zusammen sind wir dann in St. Johns Zimmer gegangen.“
    „Du hast St. John gesehen? In welcher Verfassung war er denn?“
    „Er lebte“, sagte Elena. „Er war zwar erschöpft, aber sonst ging es ihm wohl ganz gut. Dein Onkel war dabei, den Körper des Engländers unter seine Kontrolle zu bekommen. Noyes bat mich, ihn und St. John ein paar Minuten allein zu lassen. Das tat ich auch. Kurz darauf kam Noyes wieder aus dem Zimmer. St. John schrie. Er muß wohl starke Krämpfe gehabt haben. Noyes verließ die Wohnung, und wenig später war St. John tot.“
    „Würdest du sagen, Noyes hat ihn umgebracht?“
    „Es gibt keinen Grund, nicht davon auszugehen“, gab Elena zu.
    „Wie hat Noyes denn den Vorfall erklärt?“
    „Er sagte, St. John habe wohl einen Schlaganfall erlitten.“
    „Hast du die Polizei verständigt?“ fragte Mark.
    Elena schüttelte den Kopf. „Ich bin noch eine Weile hiergeblieben, nachdem Noyes verschwunden war. Dann kehrte ich auch nach Hause zurück. Ich habe niemand verständigt.“
    „Noch nicht einmal mich.“
    „Noch nicht einmal dich, Mark.“
    „Du hast Noyes also Beihilfe beim Mord an St. John geleistet“, sagte Mark.
    „Nein.“ Elenas Nasenflügel bebten. „Ich hatte ja keine Ahnung von seinem Vorhaben! Das schwöre ich dir, Mark! Ich weiß, es war falsch, ihn hierherzubringen und mit St. John allein zu lassen. Aber ich hätte nicht im Traum daran gedacht, daß er ihn umbringen wollte.“
    „Möglich“, sagte Mark. „Aber wie immer man es auch sehen will, deine Handlungsweise bleibt merkwürdig. Zuerst
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