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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil
Autoren: Selma Lagerloef
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begreifen. Trotzdem habe ich all den Plunder zusammengesammelt und ihn hier nördlich
     und westlich von derEbene hingelegt. Aber ich fürchte, daß der, der dies Teil wählt, nichts weiter als Armut zu erwarten hat. Schafe und Ziegen
     werden den ganzen Viehbestand bilden, den er halten kann, und er wird wohl auf die See hinausgehen müssen, um zu fischen oder
     in den Wald auf Jagd, um sich Nahrung zu schaffen. Da sind freilich eine Menge Gießbäche und Wasserfälle, so daß sich da vielleicht
     so viele Mühlen bauen ließen, wie er Lust hat, aber ich fürchte, er wird nicht viel anderes als Baumrinde darauf zu mahlen
     haben. Und sehr beschwerlich bekommt er es mit Wölfen und Bären, denn die werden sicher in der Wildnis hausen. Ja, das ist
     das dritte Teil. Ich weiß wohl, daß es nicht mit den anderen verglichen werden kann, und wäre ich nicht so alt, so würde ich
     die Teilung noch einmal vornehmen, aber das ist unmöglich. Und nun habe ich keine Ruhe in meiner letzten Stunde, weil ich
     nicht weiß, wem von euch ich das geringste Teil geben soll. Ihr seid alle drei gute Söhne gewesen, und es ist schwer, ungerecht
     gegen einen von euch zu sein.«
    Nachdem die alte Riesenfrau sie mit dem Stand der Dinge vertraut gemacht hatte, sah sie die Sühne bekümmert an. Diesmal sagten
     sie nicht, so wie früher, daß sie gerecht geteilt und gut für sie gesorgt habe. Sie standen stumm da, und es war leicht zu
     sehen, daß derjenige von ihnen, der das letzte Teil bekam, unzufrieden sein würde.
    Ja, da lag die alte Mutter und war voller Sorgen, und die Söhne konnten sehen, daß sie alle Qualen des Todes schon im voraus
     kostete, weil sie das Erbe unter sie verteilen mußte und nicht wußte, wen von den Söhnensie unglücklich machen sollte, indem sie ihm das geringste Teil zusprach.
    Der jüngste aber liebte seine Mutter am innigsten, und er konnte es nicht ertragen, zu sehen, wie sie sich quälte. Er sagte:
     »Ihr sollt Euch um dieser Sache willen keine Sorge mehr machen, Mutter! Legt Euch nur hin und sterbt in Frieden! Das schlechte
     Teil könnt Ihr mir schenken. Ich werde mir Mühe geben, mich redlich darauf durchzuschlagen, und wie es auch gehen mag, ich
     werde Euch nicht zürnen, weil die anderen es besser haben als ich.«
    Sobald er das gesagt hatte, wurde die Mutter ruhig und sie dankte ihm und lobte ihn. Die anderen Teile zu bestimmen, machte
     ihr keine Schwierigkeiten, denn sie waren fast gleich gut.
    Als alles geordnet war, dankte die Alte dem jüngsten Sohn noch einmal und sagte, sie habe erwartet, daß gerade er ihr helfen
     werde. Und sie bat ihn, wenn er in seine Wildnis hinaufkomme, der großen Liebe zu gedenken, die sie für ihn gehegt hatte.
    Damit schloß sie ihre Augen und starb, und als die Brüder sie in die Erde gebettet hatten, gingen sie alle drei hin, um ihr
     Besitztum anzusehen. Und die beiden ältesten konnten ja nur froh und zufrieden sein.
    Der dritte ging in seine Wildnis hinauf, und er sah, daß die Mutter wahr geredet hatte, und daß sein Besitz in der Hauptsache
     aus Bergabhängen und kleinen Seen bestand. Aber er konnte deutlich erkennen, daß die Mutter mit Liebe seiner gedacht, als
     sie dies Teil für ihn zurechtlegte, denn obwohl sie nichts weiter als Plunder übriggehabt hatte, war es doch so geordnet, daß man sich kein schöneres Land denken konnte. Stellenweise war es rauh und wild,
     schön war es aber trotzdem. Es tat ihm wohl, das zu sehen, aber froh war er doch nicht.
    Nach und nach aber bemerkte er, daß der Felsgrund hier und da ein wunderliches Aussehen hatte. Und als er genauer zusah, entdeckte
     er, daß er fast überall mit Erzadern durchwachsen war. Es war hauptsächlich Eisen, aber es fand sich auch reichlich Kupfer
     und Silber dort oben auf seinem Besitz. Er ahnte, daß er größere Reichtümer bekommen hatte, als einer der Brüder, und allmählich
     wurde es ihm klar, daß seine alte Mutter doch eine Absicht mit der Erbteilung gehabt hatte.

XXVI. Im Bergwerkdistrikt
    Donnerstag, 28. April.
    Die wilden Gänse hatten eine beschwerliche Reise. Es war ihre Absicht gewesen, gleich nordwärts über Westmanland zu fliegen,
     sobald sie ihr Frühstück auf den Feldern von Fellingbro verzehrt hatten, aber der Westwind nahm an Stärke zu und verschlug
     sie statt dessen nach Osten, ganz hinauf an die Grenze von Uppland.
    Sie flogen hoch oben, und der Wind jagte sie in gewaltiger Fahrt vor sich her. Der Junge saß da und guckte hinab, um sich
     einen Begriff
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