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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter
Autoren: Alfred Komarek
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dann komme ich, stelle das peinlichste aller Autos auf deinen Parkplatz und schwatze der Frau Schlömmer deinen Dachstein ab. So macht man sich beliebt. Aber immerhin bin ich dir zu Ehren noch vor der Morgenröte aufgestanden. Das ist mir zum letzten Mal passiert, als in Bilbao Fernando Martinez mit seiner Freundin Schluss machte.“
    „Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“
    „Ich lag mit seiner Frau zu Bette und er ist früher nachhause gekommen als gewöhnlich. Wir haben uns dann irgendwie geeinigt, überließen Donna Martinez ihrer Einsamkeit und sind auf einen frühen Drink gegangen. Entschuldige mich bitte!“ Puntigam eilte zum Herd, briet die Eier fertig und servierte. „So! Lass es dir schmecken, Daniel. Hier ist frisches Brot.“
    „Danke!“ Käfer betrachtete seinen alten Bekannten beiläufig. Jeans, Pullover – teure Markenware allerdings – und eine Art Thomas-Gottschalk-Frisur. Das Gesicht war älter geworden, ohne sich wirklich zu verändern. Puntigam bemerkte Käfers Blick. „Nicht viel Neues in dieser verlotterten Visage wie? Ich würde sagen: Der misslungene Versuch, einen Schilehrer mit einem Gebrauchtwagenhändler zu kreuzen.“
    Käfer sah sich ertappt und lachte. „Was führt dich hierher?“
    „Der pure Eigennutz, mein Lieber. Aber davon später. Hast du Zeit für einen kleinen Winterspaziergang? Schau einmal durchs Fenster, Daniel! Ein Wetter zum Eier Legen oder zum Helden Zeugen, na, es wird uns bestimmt was Entsprechendes einfallen.“
    Tatsächlich zeigte sich der Winter an diesem Morgen von seiner bezauberndsten Seite. Die Talmulde von Sarstein lag noch im Schatten. Häuser, Bäume und Büsche waren wie Bleistiftskizzen ins bläuliche Weiß gezeichnet, das weiter oben an das Dunkel des Bergwaldes grenzte. Unter dem durchscheinend hellblauen Himmel leuchteten frisch beschneite Gipfel in der Morgensonne.
    „Zu schön, um wahr zu sein, wie?“ Bruno Puntigam warf sich der Länge nach in den Neuschnee, sprang auf und schüttelte sich. „Geil! Ich fühle mich wie ein junger Hund. Na gut, wie ein ziemlich junger Hund. Schau dir den Dachstein an, Daniel! Sieht aus, als hätte ihn ein begabter Kulissenmaler mit einem Hang zur hemmungslosen Übertreibung an den Horizont geknallt. Die Schöpfung hat sich schamlos ausgetobt hier. Und dieser Bilderbuch-Winter legt auch noch einen Weichzeichner über die ärgsten Bausünden. Wohin mit uns, Daniel?“
    „Vielleicht hinauf zum Lenauhügel? Fernblick mit poetischem Hintergrund?“
    „Genau das braucht die Welt. Und unterwegs werde ich ein wenig aus meinem weitgehend parasitären Berufsleben erzählen, damit du mich annähernd so kennen lernst, wie ich dich als publizistischen Würdenträger seit jeher gekannt habe.“
    „Ich bin arbeitslos, Bruno.“
    „Und dein Buchprojekt?“
    „Na ja.“
    „Hab dich nicht so. Wen die Götter lieben, den verstoßen sie nicht. Aber lass mich jetzt erzählen. Gleich nach dem Studium bin ich nach New York gegangen. Liest sich dann später gut in der Biografie, weißt du? Das notwendige Geld hab ich meinem Vater durch vage Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Blitzkarriere abgepresst und später mit der Drohung, demnächst in einem Sumpf aus Sex und Drogen zu versinken. Bald darauf hat er mich mit einigen schwer erträglichen Bemerkungen zurückgeholt und im eigenen Unternehmen untergebracht. Filter, Daniel, Industriefilter! Beutelfilter, Taschenfilter, Schlauchfilter, Mattenfilter, Erodierfilter, Luftfilter, Ölfilter, Kraftstofffilter, Prozessfilter, Schweißrauchfilter, Staubfilter, weiß der Teufel was noch. Ich war die PR-Abteilung.“ Puntigam bückte sich, formte einen lockeren Schneeball und warf ihn Käfer ins Gesicht. „Warum schießt du nicht zurück, Daniel? Hart auf hart, das macht Spaß! Damit habe ich übrigens Dagobert Duck zitiert. Ich mag den alten Herrn. Unheimlich kreativ, wenn es um sein Geld geht. Und erfrischend gewissenlos. Aber zurück zu den verdammten Filtern. Immerhin waren wir im Export stark. So bin ich in der Welt herumgekommen, hab mir da und dort was abgeschaut und vor allem Kontakte gesammelt. Na, und eines Tages ist mir die Tochter eines bolivianischen Großindustriellen ins Netz gegangen. Damit war mein Aufbruch in eine filterlose Zukunft gesichert. Leider war mein Mentor und künftiger Schwiegervater auch im Drogenkartell, was sein Leben wie auch meine Beziehung zu seiner Tochter drastisch verkürzte. Aber die Karriere war auf Schiene.“
    „In welcher
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