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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter
Autoren: Alfred Komarek
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überlegte eine Weile, dann lächelte er böse. „Gut. Kann ich deinen Terminkalender haben?“
    Sabine kramte in ihrer Handtasche. „Hier. Was willst du damit?“
    „Ich zerreiße ihn. Hab ich mit meinem vorhin auch getan. Und du begleitest mich morgen nach Graz.“
    „Was soll das, spinnst du? Was tu ich dort?“
    „Mit mir den bescheidenen Rest meines Berufslebens teilen. Und am Anfang steht eine romantische Winterreise in einem bezaubernden Auto. Ich liebe das Abenteuer, weißt du?“
    „Wie? Ach so, deine Ente … und das Buchprojekt. Du willst zurück ins Salzkammergut?“
    „Um zu arbeiten. Im Winter habe ich diese Landschaft noch nicht erlebt. Und die Faschingstage stehen vor der Tür.“
    „Karneval?“
    „Etwas in dieser Art, aber sehr eigenständig – uraltes Brauchtum. Ein wichtiges Thema fürs Buch. Und du kannst gleich einmal fotografieren.“
    Sabine schaute auf die Reste ihres Terminkalenders herab, dann hob sie den Kopf. „Das kannst du mit mir nicht machen, Daniel. Was du willst, ist rücksichtslos und dumm. Ich werde meine Aufträge hier in Deutschland pünktlich erfüllen. Ich werde mich nicht mit dir auf ein kindisches Auto-Abenteuer einlassen. Ich weigere mich, Arbeit in ein Projekt zu investieren, das kaum angedacht ist. Ich halte dich natürlich nicht auf. Tu, was du willst. Aber du wirst es ohne mich tun. Sag einmal, hältst du mich für total verrückt?“
    „Ja, Liebes.“
    „Sei vernünftig, Daniel, bitte!“
    „Ich gebe mir alle Mühe. Du hast also morgen einen ganzen halben Tag Zeit, deine Geschäftspartner um Verständnis zu bitten. Ich hingegen werde mit Heinz Rösler reden. Er muss uns für diese Reise mit einem konkreten Auftrag und einem Budget ausstatten.“
    „Es schneit wie wild in Österreich. Es gibt Straßensperren. Und deine Ente …“
    „… hat zwar keine nennenswerte Heizung, aber Winterreifen. Und jetzt noch etwas weniger Vernünftiges, Sabine: Es ist unser erstes gemeinsames Projekt und die erste gemeinsame Reise in eine Gegend, die längst meine zweite Heimat geworden ist.“
    „Daniel …, ich will das noch einmal überschlafen.“
    „Doch hoffentlich mit mir?“
    Käfer reiste allein. Sabine hatte ihn zu einem Kompromiss überredet. Sie versprach nachzukommen, sobald die dringendsten Arbeiten erledigt wären. Die Rückfahrt fände aber zu zweit statt, garantiert, und so was von zu zweit …
    Er war nur kurz in Graz geblieben, weil er ein längeres Gespräch mit seinem Bruder vermeiden wollte. Heinz bemühte sich zwar stets, ihn mit guten Ratschlägen oder mahnenden Worten zu verschonen. Doch seine berufsbedingte Art, Sachverhalte kühl zu analysieren und exakt zu benennen, konfrontierte Käfer mit einer Wirklichkeit, die er gar nicht so deutlich sehen wollte.
    Außerdem war er ungeduldig. Endlich verfolgte er wieder ein konkretes Ziel statt gegen verbale Wände zu rennen. Natürlich wäre es klüger gewesen, die Eisenbahn zu nehmen. Aber er brauchte dieses, na ja, Sabine hatte Recht gehabt, dieses kindische Abenteuer. Immerhin nahm er vorerst die Autobahn, um Zeit zu sparen. Ein dicker Mantel schützte ihn vor der Kälte, und gerührt nahm Käfer die Andeutung eines nicht ganz so kalten Lufthauchs wahr, der von irgendwo her sein Gesicht streifte. Die Heizung, na bitte. Das Wetter in Graz war sonnig gewesen, ein klarer Wintertag, der die Schneereste auf den rotbraunen Dächern der Altstadt glitzern ließ. Jetzt, gegen Mittag, war der Himmel bedeckt. Erst fielen vereinzelte Flocken, dann schneite es dichter. Bald schabten mit Eis verkrustete Wischerblätter wirkungslos über vereistes Glas. Wo immer es möglich war, hielt Käfer an und sorgte mit kalten Fingern und heißem Bemühen für bessere Sicht. Dennoch fühlte er sich auf der Autobahn allmählich fehl am Platze und suchte fortan auf schmalen Straßen seinen Weg. So zwischendurch verzehrte er eine erschreckend fette Bratwurst, trank Tee und fühlte sich für die nächsten Wochen gesättigt. Vorsichtig rollte er auf Schneefahrbahnen durchs tief verschneite Ennstal und starrte angestrengt ins wirbelnde Weiß. Als er zur Passstraße abzweigte, die über die Klachau führt, sah er fast erschrocken den Grimming vor sich aufragen, eine wütende steinerne Drohgebärde. Daniel Käfer konnte sich nicht erinnern, je so einen unwirschen Berg gesehen zu haben. Er fröstelte und bewegte sich mit einigem Respekt an eisigen Flanken und Lawinenhängen vorbei auf die Passhöhe zu.
    Dann aber war er fast schon am
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