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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter
Autoren: Alfred Komarek
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Art, Bruno?“
    „Wunderwuzzi, Querdenker, Hofnarr, nenn es, wie du willst. Wer nie etwas anderes gelernt hat, als nach den Methoden des Managements und der Geldvermehrung zu agieren, hat entscheidende Defizite. Die Fantasie kümmert vor sich hin, Träume sind weggesperrt, verrückte Ideen dürfen nicht sein. Und ich habe mich zunehmend virtuos als Mann präsentiert, der diese Lücke füllen kann. Letztlich ist es mir sogar gelungen, wieder in meinem und deinem angestammten Metier zu arbeiten. Neuerdings ist ein Medienkonzern mit mir glücklich. Kappus & Schaukal sagt dir vermutlich was.“
    Käfer war überrascht stehen geblieben. „Der gefährlichste Mitbewerber meines ehemaligen Arbeitgebers!“
    „Und warum so gefährlich, Daniel? Weil wir neben gesundem Geschäftssinn auch ungehemmter Kreativität Raum geben. Und zwar nicht als Alibi. Ich throne zur Rechten der Geschäftsführung, aller lästigen Hierarchien entbunden, nur ihr verantwortlich.“
    „Wie schön für dich.“
    Bruno Puntigam stutzte, sein Gesicht wurde ernst, er ging auf Daniel Käfer zu und schaute ihm ruhig ins Gesicht. „Das hat jetzt aber bitter geklungen. Ist ja auch klar. Du hast mit dem
IQ
Maßstäbe in der Medienlandschaft gesetzt. Ich habe fröhlich vor mich hin gepokert, und mir geht’s heute besser als dir. Aber wer von dieser Welt Gerechtigkeit erwartet, ist wohl ziemlich naiv. Wo ist jetzt dieser Lenauhügel? Mir geht schön langsam die Luft aus.“
    „So, Bruno. Der Gipfelsieg ist errungen. Wir sind da.“
    Puntigam blinzelte wohlgelaunt in die Sonne. „Bei Gelegenheit musst du mir einmal die Namen aller Berge ringsum sagen. Derzeit kenn ich nur meinen Dachstein und deinen Loser.“
    „Passiert dir das öfter?“
    „Was?“
    „Dass du mein und dein verwechselst.“
    „Nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt, Daniel. Aber in diesem Fall …, verzeih mir bitte. Das war wirklich eine gemeine Bemerkung. Soll so gut wie nicht mehr vorkommen. Weißt du übrigens, dass ich jahrelang peinlich schlechte Zeilen großer Dichter gesammelt habe? So kommt es, dass ich für diesen weihevollen Augenblick sogar ein Lenau-Zitat anbieten kann:
Des Grafen Witwe bin ich, eine Villa / bewohn ich eine Stunde vor Sevilla
. Aus
Don Juan
, wenn ich mich recht erinnere.“
    „Erschütternd. Aber wer von uns noch keinen krummen Satz geschrieben hat, werfe den ersten Stein. Und jetzt sag einmal, Bruno, wie kommst du auf dieses schwarze Brachialauto?“
    „Ein Hummer, Daniel. Zu groß, zu klobig, zu stark, säuft wie ein Loch, die pure automobile Unvernunft. Mithin ein schönes Symbol für meine Funktion im Konzern.“
    „Das macht mir euren kreativen Ansatz eigentlich wieder verdächtig.“
    „Recht hast du. Natürlich ist Theaterdonner dabei, vor allem, wenn ich im Spiel bin. Und gerade darüber wollte ich mit dir reden, Daniel. Nur, weil es mir gerade einfällt: Bist du immer noch mit dieser Sabine Kremser zusammen?“
    „Mehr oder weniger. Eher mehr.“
    „Ein Furcht erregendes Maß an emotionaler Beständigkeit, mein Lieber. Ich bring’s nicht einmal fertig, mir selber treu zu bleiben. Übrigens sollte sich die gute Sabine allmählich etwas einfallen lassen, mit ihren Fotos.“
    „Wie versteh ich das?“
    „Es gibt nichts Langweiligeres als eine klare Linie und verlässlich hohe Qualität.“
    „Und was findest du spannend?“
    „Schau dich doch um in den Medien: atemberaubende Effekthascherei, als Kunst getarnter Kitsch, dick aufgetragene Symbolik, mega-originelle Inszenierungen, was weiß ich. Es ist wie bei Spitzenköchen: Qualität, na gut, aber wer eine neue Mode kreiert, hat die Nase vorn.“
    „Ja, ja. Und wenn das Feuerwerk abgebrannt ist, leuchtet der Mond noch immer. Irgendwann geht es nicht mehr greller und schriller. Was dann?“
    „Mir egal, möcht ich meinen. Aber du hast schon auch Recht, du weiser, alter Uhu. Findest du nicht, dass zwei wie wir fantastisch zusammenpassen könnten, weil wir so ganz und gar nicht zusammenpassen? Aber in Beziehungsfragen lege ich mich wohl besser nicht fest. Ich werde dir lieber von einem ganz konkreten Projekt berichten, das mir im Kopf umgeht. Vielleicht interessiert dich das.“
    „Vielleicht.“
    „Du bebst ja förmlich vor Anteilnahme. Also höre: Wie gesagt, ist Kappus & Schaukal bewusst anders als die anderen – wenigstens was die gelebte Wirklichkeit im Konzern angeht. Doch bei der Lektüre unseres Unternehmensleitbildes könntest du uns aber für ein Handelskontor aus dem 18.
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