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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter
Autoren: Alfred Komarek
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können. Aber lass mich ein wenig Gedanken lesen …, ich bin dir nicht ganz geheuer, ist es das? Das kann ich nachvollziehen. Ich werde dir einfach auf schnellstem Wege einen Vertragsentwurf zukommen lassen. Dann weißt du, wie ernst es die Geschäftsführung meint, und kannst auch noch deinen brüderlichen Rechtsgelehrten konsultieren, bevor du freudig zur Unterschrift schreitest. Du hast alle Zeit der Welt.“
    „Unterschreiben? Bei dem Falotten da?“ Von beiden unbemerkt war Frau Schlömmer in die Küche gekommen, ging zum Herd und öffnete das Backrohr. „Essen ist fertig.“
    Käfer war froh, endlich wieder mit den Beinen alltäglichen Boden zu berühren. „Sollten wir nicht auf den Hubert warten, Maria?“
    „Auf den? Wenn die Fasching-Tag kommen, ist er eigentlich nie da, und wenn sie da sind, ist er wirklich nie da.“ Nach dem Essen lehnte sich Puntigam voll satten Behagens zurück und hob das Weinglas. „Was sagst du zu meiner Jagdbeute, Daniel?“
    „Nichts. Ich war ganz woanders mit dem Kopf, vermutlich hätt ich auch Heu gegessen. Entschuldige, Maria. Was ich noch sagen wollte, Bruno: Gib mir bitte zwei Stunden Zeit. Dann habe ich gründlich überlegt und wir können ordentlich weiterreden.“
    „
Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos
. Hat immerhin Schnitzler gesagt.“
    „Aber ein Medienkonzern ist etwas Künstliches. Dem wirst du mit Chaos nicht gerecht, oder nur in einigen Aspekten.“
    Puntigam grinste. „Ist er nicht gscheit, der Bub? Also gut, Daniel. Bis später.“
    Erst jetzt nahm sich Käfer Zeit, seine neue Unterkunft genauer zu betrachten. Im Gegensatz zum kleinen Zimmer mit dem Dachstein vor dem Fenster war dieses hier bewusst für Gäste eingerichtet worden. Auf dem mit Lack versiegelten Bretterboden standen rustikale Möbel aus hellem Holz, ein rot karierter Vorhang umrahmte das Fenster, und an den weiß gestrichenen Wänden hingen Kunstdrucke mit Blumenmotiven. Käfer warf einen missgünstigen Blick auf den Loser, dann setzte er sich auf eine Bettkante und klopfte mit der flachen Hand auf den Platz neben sich.
    „Komm schon, Sabine“, murmelte er, „wir müssen miteinander reden, auch wenn du nicht da bist. Kannst du dir denken, was mein Problem ist?“
    „Klar, Daniel. Bruno Puntigam ist keiner, der freiwillig teilt. Wenn er dich ins Boot holt, dann nicht ohne Hintergedanken.“
    „Aber die Aufgabenteilung hat plausibel geklungen, Sabine. Er die Show, ich die Substanz“.
    „Das mag für die tägliche Arbeit gelten. Den Erfolg will er für sich allein. Und wenn du ihm über den Kopf wächst, wird er sehr rasch versuchen, dich los zu werden.“
    „Das fürchte ich auch. Ich soll also nein sagen?“
    „Wie kommst du darauf, Daniel? Aber lass mich erst noch weiter schwarz sehen. Du fürchtest, durchaus nicht ohne Grund, überfordert zu sein. Du hast erfolgreich eine Zeitschrift entwickelt und geführt, eine Redaktion aufgebaut und mit ihr gearbeitet. In Zukunft hättest du aber mit vielen Medien und Redaktionen zu tun, mit Managern aller Art und jeglichen Niveaus, mit Tausenden von Menschen.“
    „Aber ich bin nicht deren Vorgesetzter …“
    „Nein. Aber du zeichnest ihr virtuelles Erscheinungsbild – wenigstens was diese Internet-Geschichte angeht. Und wer weiß, welche Aufgaben noch auf dich zukommen.“
    „Ja, klar.“
    „Und du bist für die Wirkung dieses Erscheinungsbildes in der Öffentlichkeit verantwortlich. Wenn es Missverständnisse oder andere negative Folgen geben sollte, darfst du sicher sein, dass du die Ohrfeigen abbekommst, und nicht Bruno Puntigam.“
    „Ich hab’s ja gewusst!“
    „Was, Daniel?“
    „Eine Nummer zu groß für mich.“
    „Selbst wenn das so wäre, ich kenne einige Leute in der Branche, die sich mit schöner Regelmäßigkeit übernehmen und dabei unverdrossen Karriere machen.“
    „Liegt mir aber so gar nicht …“
    „Weiß ich. Aber ich weiß auch, dass du gewinnen kannst. Daniel, du musst es versuchen! Wirf alles in die Waagschale, Energie, Erfahrung, Talent. Selbst wenn du scheiterst, hast du es dann eindrucksvoll getan, und du wirst es leichter haben, eine neue Aufgabe zu finden.“
    „Also keine geschützte Werkstätte, diesmal?“
    „Das Gegenteil, mein Lieber.“
    Daniel Käfer stand auf, ging zum Fenster, öffnete es und spürte die frische Winterluft im Gesicht. Er war ziemlich sicher, dass ein echtes Gespräch mit Sabine kaum anders verlaufen wäre. Sie kannten einander sehr gut,
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