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Geisterhauch (German Edition)

Geisterhauch (German Edition)

Titel: Geisterhauch (German Edition)
Autoren: Darynda Jones
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1
    Gevatter Tod ist unwiderstehlich
    – T-Shirt-Aufdruck – häufig zu sehen an
    Charlotte Jean Davidson, Freundin von Gevatter Tod
    »Charley, schnell, wach auf!«
    Spitze Fingernägel krallten sich mir in die Schultern und taten ihr Äußerstes, um mich aus dem Nebel des Schlafs zu schütteln, in dem ich wohlig schwebte. Die Erschütterungen reichten wahrscheinlich, um in Oklahoma ein kleines Erdbeben auszulösen. Da ich in New Mexico lebte, war das ungünstig.
    Wegen der schrillen Stimmgewalt war ich ziemlich sicher, dass die Person, die mich belästigte, meine beste Freundin Cookie war. Ich seufzte verärgert und fand mich damit ab, in meinem Leben ständig gestört oder von irgendwem gebraucht zu werden. Meistens gebraucht. Vermutlich weil ich die einzige Schnitterin diesseits des Mars’ war, das einzige Portal zur anderen Seite, das die Verstorbenen durchqueren konnten. Jedenfalls die, die nicht gleich nach ihrem Tod hinübergingen und dadurch auf der Erde festsaßen. Und das waren verdammt viele. Da ich als Schnitterin zur Welt gekommen war, konnte ich mich an keine Zeit erinnern, in der nicht irgendwelche Toten an meine Tür klopften – bildlich gesprochen, denn Tote klopfen selten – und mich baten, ihnen bei einer unerledigten Sache zu helfen. Erstaunlich, wie viele der lieben Verstorbenen vergaßen, den Herd auszuschalten.
    Die durch mich hinübergehen finden meistens, dass sie lange genug auf Erden gewandelt sind. Ausreise via Schnitterin. Durch mich. Die Verstorbenen können mich von jedem Teil der Welt aus sehen und durch mich auf die andere Seite gelangen. Nach allem, was ich höre, strahle ich wie ein Leuchtfeuer, grell wie tausend Sonnen, was für einen Verstorbenen mit Kater echt ätzend sein muss.
    Ich bin Charlotte Davidson, Privatdetektivin, Beraterin der Polizei, Halbstarke vom Dienst – zumindest hätte ich halb stark sein können, wenn ich weiter zu den Kampfsport-Stunden gegangen wäre; stattdessen war ich bloß in dem Kurs, in dem man lernt, Leute mit Papierkram zu erschlagen – und nicht zu vergessen die Schnitterin. Schnitterin zu sein, war gar nicht übel. Ich hatte eine Handvoll Freunde, die mir sehr am Herzen lagen – einige waren lebendig, andere nicht so sehr –, und eine Familie, bei der ich dankbar dafür war, dass einige lebendig waren und andere nicht so sehr. Und ich hatte was mit einem der mächtigsten Wesen des Universums, Reyes Alexander Farrow, Sohn Satans mit Coverboy-Körper.
    Als die Schnitterin kannte ich mich mit Toten aus. Ihr Sinn fürs Timing war reichlich unterentwickelt. Für mich kein Problem. Aber mitten in der Nacht von einem lebendigen Menschen geweckt zu werden, der zudem seine Fingernägel regelmäßig bei World of Knives schärfen ließ, war einfach nicht richtig.
    Ich schlug permanent auf die Finger und traf schließlich Luft, als der Störenfried abrauschte, um in meinen Kleiderschrank einzudringen. Bestimmt war Cookie auf der Highschool zum potenziellen Mordopfer des Jahres gewählt worden. Trotz meines überwältigenden Verlangens, sie böse anzusehen, konnte ich mich nicht überwinden, die Lider auseinanderzuzwingen. Es drang auch so schon eine brutale Helligkeit durch. Ich hatte eindeutig zu wattstarke Lampen.
    »Charley …«
    Aber vielleicht war ich ja gestorben? Vielleicht hatte ich ins Gras gebissen und schwebte unglücklich auf das Licht zu wie im Film.
    »… ich mein’s ernst …«
    Ich fühlte mich nicht gerade schwerelos, aber die Erfahrung hatte mich gelehrt, niemals das miese Timing des Todes zu unterschätzen.
    »… los, steh auf!«
    Zähneknirschend brachte ich die Energie auf, mich mit der Erde zu verbinden. Darf … nicht … zu … dem Licht.
    »Hörst du mir überhaupt zu?«
    Cookies Stimme kam gedämpft aus dem Schrank, wo sie in meinen persönlichen Sachen wühlte. Sie hatte echt Glück, dass mein Killerinstinkt nicht angesprungen war und sich an ihr ausgetobt hatte. Dann läge sie jetzt am Boden. Kleinlaut. Grün und blau. Vor Schmerzen stöhnend. Mit letzten Zuckungen.
    »Charley, Herrgott noch mal!«
    Plötzlich wurde es dunkel um mich. Ein Kleidungsstück war auf meinen Augen gelandet. Völlig deplatziert. »Das finde ich auch«, sagte ich groggy, während ich den wachsenden Kleiderhaufen auf meinem Gesicht wegschob. »Was machst du denn da?«
    »Dafür sorgen, dass du dich anziehst.«
    »Ich bin so angezogen, wie ich es …« Ich linste zu den Leuchtziffern auf meinem Nachttisch. »… um zwei Uhr nachts sein möchte.
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