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Nachts wenn der Teufel kam

Nachts wenn der Teufel kam

Titel: Nachts wenn der Teufel kam
Autoren: Will Berthold
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daß er vom Reichssicherheitshauptamt bereits zum Tode verurteilt ist, aber sie versuchen, es sich nicht anmerken zu lassen. Sie begegnen dem Massenmörder weiter unbefangen, lassen seine plumpen Scherze über sich ergehen. Tage noch, Wochen höchstens, dann wird der Fall des Köpenicker Ungeheuers lautlos bereinigt.
    Sie holen Lüdke täglich zu den Versuchen ab. Manche sind schmerzhaft. Sie versichern ihm, daß er nach Berlin käme, um in eine Anstalt eingewiesen zu werden, wo es bessere Verpflegung gibt und Zigaretten, soviel er haben möchte.
    Sooft sie Mitleid mit dem doofen Bruno verspüren, denken sie an seine Verbrechen und beißen die Zähne zusammen. Sie werden froh sein, wenn sie diesen Fall hinter sich haben.
    Heute findet ein Experiment nach dem Geschmack des Bruno Lüdke statt. Er erhält Schnaps, soviel er will. Die Flasche steht vor ihm auf dem Tisch, und er hat sie fast geleert. Er merkt nicht, daß die Leute um ihn herum genau registrieren, wie viel er trinkt. Er greift weiter nach der Flasche; der Alkohol lockert ihm die Zunge.
    Genau das wollen die Leute, die neben ihm sitzen. Zunächst verläuft alles glatt. Auch im Rausch gibt Bruno Lüdke die gleichen Beteuerungen, wie er sie bis zum Überdruss Kriminalkommissar Franz von der Sonderkommission wiederholte. Lüdkes Zunge ist schon schwer, er spricht noch unverständlicher als sonst. Er legt den Kopf müde auf die Arme. Seine Augen sind glasig. Er lacht laut, dumm und zusammenhanglos. Ein paar Mal schiebt er gutmütig den Beamten die Schnapsflasche zu und fordert sie zum Mittrinken auf.
    »Ihr seid doof«, sagt er. »Freut euch doch, wenn's endlich wat zum Saufen jibt.«
    Und weiter geht der Trunkenheitstest. Fall für Fall. Stimmt alles ganz genau. Die Einzelheiten seiner Mordtaten kommen ihm auch noch im Alkoholrausch sozusagen glatt über die holprige Zunge.
    Plötzlich lallt der Mörder etwas Zusammenhangloses vor sich hin, gerade in dem Augenblick, da das Experiment abgebrochen werden soll. Silben, Sätze, Gelächter. Immer wieder das gleiche. Immer wieder ohne Zusammenhang.
    »Mach's Maul auf«, sagt Kriminalsekretär M. zu ihm, »wir verstehen sonst kein Wort.«
    Bruno Lüdke lacht schallend.
    »Ihr Bullen«, lallt er, »so schlau seid ihr … So schlau und so doof. Da hab' ick euch janz schön anjeschmiert. Weil ihr alles wisst, 'nen Dreck wisst ihr!«
    »Was wissen wir denn nicht?«
    »Na, die Jeschichte da, wo ihr mir jerade jefragt habt. Die hab' ick ja jar nicht kaltjemacht. Die nicht.«
    »Warum die nicht, Bruno?«
    »Na, ick war dabeijewesen. Aber ick hab' ihr jar nischt getan. Det war een andrer.«
    »Wer denn?«
    »Det weeß ick nich mehr. Jebt mir lieber noch zu saufen.«
    »Erst sagst du uns den Namen.«
    »Ick saje jar nischt, wenn ick nischt krieje.«
    Einer der Psychologen gibt dem Kriminalbeamten einen Wink. Lüdke erhält die Flasche zurück.
    »Na also«, fährt Lüdke fort. »Prost, ihr Bullen! Det war nicht nur eenmal. Da habt ihr mir een paar Sachen uffjebrummt. Da kann ick jar nischt dafür. Aber ick bin 'n Kumpel und halt's Maul.« In sein plumpes, aufgedunsenes Gesicht kommt ein verschlagener Zug. »Det war der Hubert.«
    »Welcher Hubert?«
    »Na, der aus Köpenick.«
    »Und was hat er gemacht?«
    »Kalt hat er se jemacht. Vier oder fünf. Ick hab' nur immer uffjepaßt, damit nischt passiert. Schmiere hab' ick jestanden. Er hat mir Jeld jejeben.«
    Lügt er, oder hatte er tatsächlich einen Komplizen? Auf einmal fällt den Beamten ein, daß Lüdke verschiedene seiner Straftaten mit einer Intelligenz ausführte, die ihm keiner zutraut. Daß er planmäßig und kaltblütig Geld und Schmuck fand. Daß er alle Spuren beseitigte, daß an vielen Schauplätzen zwangsläufig der Eindruck entstand, mindestens zwei Mörder hätten hier einen schaurigen Auftritt gegeben.
    Sie dringen weiter mit ihren Fragen auf Bruno Lüdke ein. Sie rationieren genau das Quantum Alkohol. Gerade so viel, daß es ihm die Hemmungen löst und er nicht zu betrunken wird.
    »Wie heißt Hubert noch?«
    »Weeß ick nicht mehr.«
    »Woher kennst du ihn?«
    »Na, er ist mit mir in die Schule jejangen.«
    »In welche?«
    »Na, in die Idiotenschule natürlich.«
    »In Köpenick?«
    » Ja .«
    »Und wo wohnt er?«
    »Det weeß ick nich.« Bruno Lüdke lacht schallend. »Den habt ihr schon lange abjeholt. Aber wejen wat janz wat anderm. Ihr habt ihn einjesperrt. Aber ihr habt nich jewußt, det er ooch Frauen umjelegt hat.«
    »Du lügst nicht?«
    »Nee. Ick
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