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0406 - Finale in der Knochengrube

0406 - Finale in der Knochengrube

Titel: 0406 - Finale in der Knochengrube
Autoren: Jason Dark
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Bevor wir ihm folgten, hielt ich Wladimir fest. »Was haben wir zu erwarten?«
    Der KGB-Mann strich über sein glattes Haar. »Was haben wir zu erwarten?«, wiederholte er. »Tschigin wird seinen Triumph auskosten. Er befindet sich in einer euphorischen Stimmung.«
    »Davon habe ich nichts bemerkt«, meinte Suko.
    »Ich kenne ihn. Er hat sogar gegrinst. Das tut er sonst nie. Der ist normalerweise wie ein Eisschrank.«
    »Auch die kann man auftauen«, erklärte Lady Sarah voller Trotz und schüttelte sich, als hätte sie jemand mit kaltem Wasser übergossen. Ihr Gesicht nahm einen harten Zug an, sie blickte starr geradeaus auf die Treppe, die wir hinaufschritten, um in das als Agentenschule umfunktionierte Kloster zu gelangen.
    Wie es weitergehen sollte, wusste ich tatsächlich nicht. Wir hingen hinter dem Eisernen Vorhang fest. Uns stand zwar Wladimir Golenkow zur Seite, der aber musste auf Tschigin, seinen Vorgesetzten, hören, und der Oberst war auf Wladimir nicht gut zu sprechen, da sich dieser nicht auf seine, sondern auf unsere Seite geschlagen hatte.
    Es lief also nicht gut.
    Am meisten musste Sarah Goldwyn leiden, obwohl sie es nicht zeigte.
    Sie hatte Strapazen auf sich genommen, war von dem verstorbenen Rasputin als Geistführerin auserwählt worden und hatte mit ansehen müssen, wie das Testament durch den grünen Opferdolch, der dem Götzen Baal gehörte, zerstört wurde.
    In der Halle war es kaum wärmer als draußen. Ich schloss die Tür.
    Oberst Tschigin hatte die Tür zu dem Zimmer, in dem er mit uns reden wollte, nicht verschlossen. Wir sahen ihn hinter einem protzigen Schreibtisch sitzen und hörten seine sonore Stimme. »Treten Sie doch näher.«
    »Da ist wenigstens geheizt«, sagte Wladimir. »In diesem Raum empfängt er immer die Besucher.«
    »Ah so.«
    »Aber bildet euch nichts darauf ein. Der Kerl ändert von einem Augenblick zum anderen seine Laune.«
    Lady Sarah übte sich in schwarzem Humor. »Wenn ich den zum Mann hätte, würde ich ihn vergiften und nicht erschießen.«
    »Wieso?«, fragte Suko.
    »Weil der keinen Schuss Pulver wert ist.«
    Wir mussten uns das Lachen verbeißen. Ich war trotzdem froh, dass die Horror-Oma ihren Humor nicht verloren hatte, nach allem, was sie hinter sich hatte.
    Das Zimmer war nicht nur wesentlich größer als das Büro, in dem wir Tschigin zuerst gegenüber gesessen hatten, sondern auch wesentlich besser eingerichtet. Zwei Lenin-Bilder schmückten die Wände.
    Tschigin paffte an einer Zigarre. »Aus Kuba«, sagte er, nahm sie aus dem Mund und betrachtete sie prüfend. »Ich gönne mir nur eine, wenn ich einen Sieg errungen habe.«
    »Und das haben Sie jetzt?«, fragte ich.
    Tschigin beugte sich vor. »Ja!«, knallte er uns seine knappe Antwort entgegen.
    Suko, Lady Sarah und ich hatten uns hingesetzt. Wladimir war stehen geblieben. Ihm wurde kein Platz angeboten, dafür durfte er Wodka und Gläser für uns alle holen.
    »Ich möchte mit euch anstoßen«, sagte der Oberst. »Und zwar darauf, dass ich der Stärkere geblieben bin. Den ganzen Quatsch könnt ihr vergessen, und dieser komische Dolch ist auch verschwunden. Also trinken wir, und dann sehen wir weiter.«
    Suko beugte sich vor. »Wie weit?«
    Tschigin paffte eine dicke Wolke und hob die Schultern. Der Sessel, in dem er hockte, war viel zu groß. »Ich bin mir noch nicht sicher, ob ihr nicht doch Spione seid. Das wird sich alles herausstellen, wenn sich die Verhörexperten einschalten.«
    »Es wäre Freiheitsberaubung«, sagte ich.
    »Nein, nicht hier. Unser Land muss sich schützen. Viele wollen den sozialistischen Fortschritt sabotieren. Dem muss man einen Riegel vorschieben, das ist alles.«
    Wladimir reichte uns die Gläser. Einen Schluck konnten wir wirklich vertragen. Auch Sarah Goldwyn.
    Der Oberst nahm die Flasche und goss sein Glas fast bis zum Rand voll.
    »Hat der große Vorsitzende den Wodka nicht verboten?« Ich konnte es mir nicht verkneifen, die Frage zu stellen.
    »Nein, nicht ganz. Verdiente Männer, zu denen ich mich zähle, dürfen trinken.«
    »Aber nur in Maßen«, sagte ich spöttisch.
    »Sei nur nicht so überschlau, Engländer. Dir wird man noch einiges bis zum Stehkragen aufreißen, das kann ich dir versprechen. Vielleicht verschwindest du auch in irgendeinem Arbeitslager.«
    Ich enthielt mich diesmal eines Kommentars und schüttelte nur den Kopf. Wladimir reagierte ebenso, aber der Oberst sah es nicht, denn er schüttete den Wodka wie Wasser in seine Kehle. Als er das Glas
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