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Nachts wenn der Teufel kam

Nachts wenn der Teufel kam

Titel: Nachts wenn der Teufel kam
Autoren: Will Berthold
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saje nischt, wat nich so is'.«
    »Und du weißt genau, daß der Mann Hubert heißt?«
    »Janz jenau.«
    »Und wann hat ihn die Polizei festgenommen?«
    »Det is' vielleicht zwee, drei Jahre her.«
    »Und er ist noch im Gefängnis?«
    »Woher soll ick det wissen?«
    Das Experiment wird abgebrochen und am nächsten Tag fortgesetzt. Immer wieder die gleichen Fragen. Immer wieder die gleichen Antworten. Sehr bestimmte Antworten.
    Der bereits erledigte Fall Bruno Lüdke ist noch nicht abgeschlossen.
    Kriminalkommissar Franz muß noch einmal auf die Reise gehen.
    Franz arbeitet bereits an einem anderen Fall, als man ihm das Ergebnis des Alkoholtests mitteilt. Er erklärt sich sofort bereit, weitere Untersuchungen anzustellen. Zuerst besorgt er sich vom Schulamt eine Liste sämtlicher früherer Mitschüler Brunos. Sechsundzwanzig waren es. Einige von ihnen sind geachtete Bürger geworden, andere Soldaten. Viele sind verzogen. In ganz Deutschland muß Kriminalkommissar Franz Ermittlungen anstellen. Bei den meisten ist die Antwort glatt. Keine besonderen Vorkommnisse. Nicht vorbestraft.
    Vier aber bleiben im Sieb der Kriminalpolizei hängen. Zwei wurden wegen Diebstahls im Rückfall bestraft, einer verbüßt wegen Einbruchs eine mehrjährige Zuchthausstrafe. Der letzte aber wurde wegen Mordes gefaßt.
    Er heißt Hubert. Hubert Schwarz. Prozess vor drei Jahren. Glatter Fall. Staatsanwalt beantragte Todesstrafe. Verteidiger plädierte auf mildernde Umstände. Schwurgericht erkannte auf Todesstrafe.
    Die Hinrichtung fand sechs Wochen später statt.
    Die Sonderkommission tritt erneut zusammen, um zu überprüfen, ob Bruno Lüdke und Hubert Schwarz auch zusammen Mordtaten verübt haben. Praktisch wäre das nur in drei Fällen möglich gewesen, denn Schwarz saß fast ständig im Gefängnis, bevor er sein letztes Verbrechen verübte.
    Noch einmal holt man die Akten herbei. Noch einmal werden die Zeugen vernommen, die Asservate geprüft.
    Nach vierzehn Tagen glaubt Kriminalkommissar Franz mit Sicherheit zu wissen, daß Bruno Lüdke im Rausch gelogen hat.
    Ahnte Bruno Lüdke, daß seine letzte Stunde bald kommen würde? Wollte er durch diesen Trick das Ende hinausschieben? Wollte er dazu schlauerweise den Trunkenheitstest benutzen, um seinen Trick glaubhafter darzustellen?
    Es muß so sein. Es muß sich um den verzweifelten Versuch des Massenmörders handeln, Zeit zu gewinnen.
    Denn daß es jetzt auf sein Ende zugeht, ahnt der Mörder, wenn er nachts im Schlaf von der Pritsche auffährt und gellend um Hilfe schreit. Dann schreit er nach Kriminalkommissar Franz. Dann hämmert er mit seinen Fäusten wie besessen gegen die Zellentür.
    »Ick will raus. Ihr habt mir's versprochen. Ihr habt mir betrogen. Ihr habt jesagt, daß ick Weihnachten 1943 zu Hause bin, und wat ist jetzt? Wo bin ick? Und warum kommt der Franz nicht? … Ick weeß schon, wat ihr wollt. Kalt wollt ihr mir machen.«
    Wegen der ständigen Zwischenfälle beschweren sich die Mitgefangenen, oft harmlose, kleine Sünder, die sich vor Lüdke fürchten, als sei er Satan persönlich.
    Der Köpenicker Massenmörder wird in der äußersten Zelle des Ganges untergebracht. Die beiden Zellen neben ihm bleiben frei. Trotzdem aber hört man sein Gebrüll, sein unartikuliertes Geschrei, seine Todesangst.
    Und täglich holt man ihn. Männer in weißen Kitteln stellen ihre Experimente mit ihm an. Einmal streckt Lüdke einem der Ärzte treuherzig seine Hand hin, der aber sieht ihn an, als ob er aus Glas sei. Die Mauer gleich bleibender Freundlichkeit, die die Sonderkommission um den doofen Bruno errichtet hat, ist eingerissen. Verzweifelt wehrt sich der Massenmörder gegen diese Erkenntnis, verzweifelt klammert er sich an die beiden Beamten der Sonderkommission, die eigens nach Wien entsandt wurden, um ihn bei Laune zu halten.
    Aber Lüdke sieht die beiden Beamten nur, wenn sie ihn zu den Experimenten holen und nach den Versuchen wieder in die Zelle zurückschaffen. Auf Brunos ständige Frage: »Wann kommt der Kriminalkommissar Franz?« entgegnen sie stereotyp: »Bald.«
    Nach einer dieser schauerlichen Nächte allein in der Zelle wird Lüdke von zwei Kriminalbeamten, die er zum ersten Mal sieht, abgeholt.
    »Ick geh' nicht mit euch! Mit euch nicht! Wo sind die anderen? Ick weeß schon, was ihr wollt!«
    Gewaltsam muß Lüdke gefesselt werden. Man schleppt, schleift ihn in einen grünen Polizeiwagen. Immer wieder bleibt Lüdke stehen, schlägt um sich, stemmt sich mit gefesselten
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