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Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)
Autoren: Jack Kerouac
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    Big Sur, Kalifornien
    5. Oktober 1958
     
    Mr.   Pascal Covici
    The Viking Press
    New York, N. Y.
     
    Lieber Pat Covici:
     
    Ich schulde Ihnen großen Dank dafür, dass Sie mir Gammler, Zen und hohe Berge von dem unnachahmlichen Jack Kerouac geschickt haben. Ich wollte es schon seit geraumer Zeit lesen, aber irgendwie kam es nicht dazu. Wenn seine anderen Bücher diesem auch nur halbwegs ähneln, dann möchte ich sie auch lesen. Ich habe das Buch aufgeschlagen und war von der ersten Zeile an wie berauscht. Seine Art zu schreiben ist nicht nur fröhlich, gewagt und unbekümmert, sondern auch höchst poetisch, einfühlsam und bedeutungsvoll. Und selbst wenn er unsinnig zu sein scheint, sagt er durchaus etwas sehr Sinnvolles.
    Ein paar Wochen bevor ich das Buch bekam, hatte ich in der Evergreen Review einen Essay von ihm über das Schreiben gelesen. Ich war davon völlig begeistert und wollte ihm, Kerouac, auch sofort schreiben, um ihm das mitzuteilen.
    Aber dann hat sich jemand das Magazin ausgeliehen und nicht wieder zurückgegeben. Jetzt, bei der Lektüre von Gammler, Zen und hohe Berge , habe ich den Eindruck, dass er zu jenen seltenen Vögeln gehört, die uns nicht nur sagen können, was Schreiben ist oder sein sollte, sondern der auch selbst schreiben kann. Darin unterscheidet er sich von seinen Kritikastern.
    Er ist der erste zeitgenössische amerikanische Autor, der mich optimistisch stimmt, was die Zukunft der amerikanischen Literatur angeht. Ich weiß nicht, ob er als Mensch so ungezwungen ist, aber als Schriftsteller ist er es ganz gewiss: Keiner kann mit dieser köstlichen Leichtigkeit und Hingabe schreiben, wenn er sich nicht strenger Disziplin unterwirft. Es ist inspirierend zu sehen, wie er die Syntax zerpflückt. Er sagt genau das, was er sagen will, und dafür stehen ihm tausend Wege offen. Er kennt weder Angst noch Hemmungen, Boshaftigkeit oder Heimtücke. Er hat ein reines, warmes Herz, das groß genug ist, auch die Tierwelt, die Pflanzen, die Felsen und sogar die Würmer darin einzuschließen. Es ist sogar groß genug, auch die Idee von Gott mit einzubeziehen. Wie wunderbar ist es, auf der letzten Seite dieses Romans zu lesen: «Ich habe mich in dich verliebt, Gott. Behüte uns alle, auf die eine oder andere Weise.» Und dies von einem Mann der übel beleumdeten Beat-Generation.
    Kerouac kann und wird wahrscheinlich einen enormen Einfluss auf unsere zeitgenössischen Autoren ausüben, ob jung oder alt. Er weist den Weg aus der gegenwärtigen Sackgasse. «Sei du selbst!», sagt er im Grunde genommen. «Tu das, und du wirst Freude an deiner Arbeit haben. Tu das, und andere werden dich lesen.» Genau so habe ich ihn gelesen. Und ich möchte ihm dafür danken, dass er mich an diese simple Wahrheit erinnert hat. Ich möchte ihm danken, dass er mich zum Lachen gebracht hat. Ich möchte ihm danken, dass er mich hinauf auf die XXX High Sierras mitgenommen und mir gezeigt hat, wie man von einem Berg herunterkommt und wie hinauf. Ich liebe die Verben, die er erfunden hat und mit denen er seine Prosa anreichert. Ich mag es, wie er unser verrücktes amerikanisches Verhalten schulterzuckend abtut, noch nicht einmal darauf pfeift, aber man versteht es, man versteht, wofür er einsteht, und man möchte ihn für seine Freundlichkeit, Rücksichtnahme, Sanftheit und Nachsicht segnen.
    Auch wirkt hier eine gute Magie. Weiße Magie. Die Wirklichkeit tritt zutage, und auch wenn sie Leere sein mag, so ist sie doch niemals unwirklich. Während andere Schönrederei betreiben, arbeitet er mit Räumen. Manch anderem geht früher oder später der «Stoff» aus. Nicht so Kerouac. Denn außer ihm ist da nichts, weil er sich selbst mit allem, ob materiell oder immateriell, identifiziert hat und mit der Stille und dem Raum dazwischen. Wir haben bis heute schon alle möglichen Arten von Gammlern erlebt, aber noch nie einen Dharma-Gammler, so wie diesen Kerouac. Er streut euch keinen Sand in die Augen … er singt. «Gott, ich liebe.» Fasst Hoffnung, ihr Verlorenen – Jack ist da!
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    (unterzeichnet) Henry Miller

 
     
     
    Han Shan gewidmet

Gammler, Zen und hohe Berge

1. Kapitel
    Eines Tages Ende September 1955 sprang ich gegen Mittag vor Los Angeles auf einen Güterzug, erwischte einen offenen Wagen und legte mich hin und stopfte mir meinen Seesack unter den Kopf und schlug die Beine übereinander und blickte gedankenverloren zu den Wolken hinauf, während wir gen Norden
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