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Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Titel: Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
Autoren: Jean M. Auel
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1. KAPITEL
     
    Ayla erhaschte durch den Dunstschleier hindurch die Spur einer Bewegung und fragte sich, ob es der Wolf war. Vor einer Weile hatte sie gesehen, daß er vor ihnen hertrottete.
    Sie warf einen etwas beunruhigten Blick auf ihren Begleiter, dann versuchte sie abermals, in dem aufgewirbelten Staub den Wolf zu entdecken.
    "Jondalar! Sieh doch!" sagte sie und deutete nach vorn. Zu ihrer Linken waren in der trockenen, staubgefüllten Luft undeutlich die Umrisse mehrerer kegelförmiger Zelte zu erkennen.
    Der Wolf hatte sich an einige zweibeinige Geschöpfe her-angepirscht, die aus dem Dunst heraus aufgetaucht waren, mit Speeren bewaffnet, die direkt auf sie gerichtet waren.
    "Ich glaube, wir haben den Fluß erreicht, aber mir scheint, wir sind nicht die einzigen, die hier kampieren wollen", sagte der Mann und zog den Zügel an, um sein Pferd zum Stehen zu bringen.
    Die Frau bedeutete ihrem Pferd, daß es stehenbleiben sollte, indem sie einen Beinmuskel anspannte und damit einen leichten Druck ausübte, eine Bewegung, die so sehr einem Reflex entsprang, daß sie sie überhaupt nicht als Lenken des Tieres empfand.
    Ayla hörte ein drohendes Knurren, das tief aus der Kehle des Wolfes kam, und sah, daß er jetzt keine abwehrende Haltung mehr einnahm, sondern zum Angriff bereit war. Sie pfiff. Es war ein scharfer, unverwechselbarer Laut, der dem Ruf eines Vogels ähnelte, eines Vogels allerdings, den noch nie jemand gehört hatte. Der Wolf gab das verstohlene Anschleichen sofort auf und lief zu der auf dem Pferd sitzenden Frau.
    "Bleib hier, Wolf!" sagte sie und unterstrich den Befehl mit einer Handbewegung. Der Wolf trottete neben der falben Stute her, während sich die Frau und der Mann zu Pferde langsam den Leuten näherten, die zwischen ihnen und den Zelten standen.
    Ein böiger Wind, der den feinen Lößstaub in der Schwebe hielt, wirbelte um sie herum und verhinderte, daß sie die Speerträger deutlich sehen konnten. Ayla glitt von ihrem Pferd herab. Sie kniete neben dem Wolf nieder, legte einen Arm um seinen Hals und den anderen vor seine Brust, um ihn zu beruhigen und notfalls zurückzuhalten. Sie spürte das Grollen in seiner Kehle und die sprungbereit angespannten Muskeln.
    Sie schaute zu Jondalar hinauf. Ein leichter Film aus feinem Staub lag auf den Schultern und dem langen, flachsblonden Haar des hochgewachsenen Mannes und hatte dem Fell seines dunkelbraunen Pferdes die bei dieser ausdauernden Rasse üblichere gelblichbraune Färbung verliehen. Sie und Winnie sahen kaum anders aus. Obwohl es noch Frühsommer war, trockneten starke, von der dicken Eisdecke im Norden komm-ende Winde bereits jetzt die in einem breiten Gürtel südlich des Eises liegende Steppe aus. Sie spürte, wie sich der Wolf anspannte und gegen ihren Arm drängte, dann sah sie, wie hinter den Speerträgern noch jemand auftauchte, gekleidet, wie sich Mamut für eine wichtige Zeremonie hätte kleiden können, angetan mit einer Maske mit den Hörnern des Auerochsen und einem mit rätselhaften Symbolen bemalten und geschmückten Gewand.
    Der Mamut schwenkte wütend einen Stab vor ihnen und rief: "Verschwindet, böse Geister! Verlaßt diesen Ort!"
    Ayla hatte den Eindruck, daß es eine Frauenstimme war, die durch die Maske sprach, aber sie war nicht sicher; doch die Worte waren in Mamutoi gesprochen worden. Der Mamut stürzte auf sie zu und schwenkte abermals den Stab, während Ayla den Wolf zurückhielt. Dann begann die kostümierte Gestalt zu singen und zu tanzen, hüpfte stabschwenkend auf sie zu und wich dann wieder zurück, fast so, als versuchte sie ihnen Angst einzujagen und sie zu vertreiben. Auf jeden Fall schaffte sie es, die Pferde zu ängstigen. Sie war überrascht, daß Wolf so aggressiv war; Wölfe bedrohten nur selten Menschen. Doch als sie sich an die Verhaltensweisen erinnerte, die sie beobachtet hatte, glaubte sie zu verstehen. Als Ayla sich das Jagen beibrachte, hatte sie häufig Wölfe beobachtet, und sie wußte, daß sie innerhalb ihres eigenen Rudels treu und fürsorglich waren, aber immer bereit, Eindringlinge aus ihrem Revier zu jagen, und daß sie auch nicht davor zurückscheuten, andere Wölfe zu töten, um das zu schützen, was sie für ihr Eigentum hielten. Für den winzigen Welpen, den sie gefunden und in die Erdhütte der Mamutoi gebracht hatte, war das Löwen-Lager das Rudel; andere Menschen waren für ihn so etwas wie fremde Wölfe. Er hatte ihm unbekannte Menschen, die zu Besuch gekommen waren, bereits
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