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Sternenfaust - 097 - Erkenntnisse

Sternenfaust - 097 - Erkenntnisse

Titel: Sternenfaust - 097 - Erkenntnisse
Autoren: Susanne Picard
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    Der schlanke, gut aussehende Besucher blieb vor der Mahagonitür am Ende des Ganges stehen. Vorsichtig sah er sich um. Niemand war zu sehen. Die Empfangsdame, die am anderen Ende des Flurs an ihrem Schreibtisch saß, widmete sich ihrem Datenpad und beachtete den Besucher nicht mehr.
    Er legte die Hand vorsichtig an das rötliche Holz. Es war echt und fühlte sich warm an. Überhaupt sah man diesem Gebäudeflügel von Far Horizon an, dass er – im Gegensatz zu den Laboranlagen – der Repräsentation diente.
    Walter Gregorovitch hat es sichtlich gut getroffen , dachte der Besucher. Da waren die champagnerfarbene Seide an den Wänden, altmodische Mahagonitüren, die neuesten Forschungseinrichtungen, die er erst vorhin auf Walts Veranlassung hatte besichtigen dürfen – Far Horizon ließ sich offenbar nicht lumpen, wenn jemand gute Forschungsergebnisse im Namen des größten Konzerns der Solaren Welten brachte. Und Gregorovitch war brillant. Nun , dachte der Besucher. Zumindest war er es, als wir zusammen auf der Sedna-Akademie waren, gemeinsam Leichen seziert haben und üben mussten, Krankheiten zu diagnostizieren.
    Er klopfte an der geschlossenen Tür. Sie musste per Hand geöffnet werden und gab ein gemütliches Vorzimmer frei. An einem ordentlich aufgeräumten Schreibtisch, hinter dem sich eine Fensterfront befand, die einen Blick auf die marsianische Landschaft freigab, saß eine Assistentin, die sofort aufstand und den Ankommenden mit einem strahlenden Lächeln begrüßte.
    Ich habe wohl den Bonus in der Aufzählung vergessen , dachte der angenehm überraschte Besucher. Die hinreißende Vorzimmerdame.
    »Willkommen, Dr. Tregarde! Wir haben Sie schon erwartet. Professor Gregorovitch hat noch einen Besucher, aber er …« Sie unterbrach sich und wurde rot, als auf einmal laute Stimmen aus dem Büro von Professor Gregorovitch drangen, fasste sich aber schnell wieder. »… er wird sicher nicht mehr lange bleiben!«
    In Ashkono Tregardes dunklen Augen blitzte es spöttisch auf. »Das hört sich in der Tat ganz so an«, sagte er.
    »Darf … darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, während Sie warten, Dr. Tregarde?« Die junge Dame, die ganz in dezentem Mintgrün und Silberweiß, den Firmenfarben von Far Horizon , gekleidet war, war immer noch tödlich verlegen, da sich die lauten Stimmen aus dem Büro nicht beruhigen wollten. Sie schien jedoch erleichtert, dass man zumindest nicht verstehen konnte, worum es den Streitenden ging.
    Tregarde wandte seine Aufmerksamkeit ganz der jungen Dame vor ihm zu. Sie gefiel ihm, ihr dunkelbraunes Haar hob sich von den frischen Farben ihrer Kleidung sehr hübsch ab. Auch die roten Wangen standen ihr hervorragend. Er fühlte sich bemüßigt, seinen Charme an ihr auszuprobieren. »Ein eridanischer Tee wäre fantastisch, Miss …«
    »… Rodriguez, Penelope Rodriguez.« Der kleine Flirt lenkte sie erwartungsgemäß von ihrer Verlegenheit ab. Vorsichtig zog sie ihre Hand aus der seinen zurück.
    »Ein First Flush, Miss Rodriguez, wenn Sie das möglich machen können.«
    Die junge Dame nickte kurz und verschwand in einem Zimmer nebenan. Tregarde ging zur Sitzgruppe hinüber, setzte sich aber nicht, sondern trat an das Fenster, das sich dahinter befand und die ganze Wand einnahm.
    Der Blick über die rote Wüstenlandschaft des Mars war hier im obersten Stock des höchsten Gebäudes im Komplex atemberaubend. Direkt in der Nähe erhoben sich die zahllosen Kuppeln und Gebäude des Fimengeländes von Far Horizon . Sie wurden nach und nach in Richtung Horizont spärlicher und hörten dann ganz auf, um der roten kargen Marsebene der Amazonis Planitia Platz zu machen, die immer schroffer wurde und, übersät von tiefen Schluchten und felsigem Geröll, schließlich in der Ferne in den imposanten Olympus Mons überging. Die silberne Röhre der Antigravbahn zog sich in der winzig scheinenden Marssonne glitzernd wie ein nasser Spinnenfaden bis zu dem riesenhaften Vulkan hin. Über allem spannte sich der blasse Himmel eines winterlichen Marstages.
    Allein mit diesem spektakulären Anblick hat sich Far Horizon seinen Namen verdient , dachte Ashkono Tregarde beeindruckt.
    »Dr. Tregarde? Ihr Tee. Ich stelle ihn hier auf den Beistelltisch«, hörte er Walters Sekretärin auf einmal sagen.
    Er wandte sich um und lächelte der junge Dame, der die lauten Stimmen, die jetzt wieder etwas leiser wurden, immer noch sichtlich peinlich waren, charmant zu. »Ich danke Ihnen, Miss Rodriguez.«
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