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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen?
Autoren: Evelyn Sanders
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wir bloß noch die Einfahrt durchs Riff finden.« Wie er das schaffen wollte, war mir rätselhaft. Ihm anscheinend auch. »Der Einheimische vom Tauchboot orientiert sich immer an der Regenwasserzisterne.«
    »Und was macht er, wenn die nicht zu sehen ist?«
    »Dann fährt er gar nicht erst raus.«
    Eine Viertelstunde kreuzten wir draußen vor dem Riff, starrten ins Wasser, obwohl ich gar nicht so genau wußte, wonach ich eigentlich suchen sollte, dann hatte Reinhard die offene Stelle gefunden. »So, jetzt setz dich mal ans Ruder!«
    »Wer? – Ich???«
    »Siehst du sonst noch jemanden?« Er warf mir einen Blick zu, der alles das zum Ausdruck brachte, was er aus Höflichkeit nicht aussprach. »Ruder nennt man das Ding unterhalb der Wasseroberfläche, und dieser Holzgriff hier ist die Ruderpinne. Damit bewegt man das Ruder und steuert das Boot. Kapiert?«
    »Sooo dämlich bin ich nun auch wieder nicht.«
    »Dann setz dich endlich hier hin!« Er drückte mich auf die Bretter – pardon, auf die Planken – und führte meine Hand zur Ruderpinne. »Genauso, wie sie jetzt steht, hältst du sie fest, ganz egal, was passiert. Ist das klar?«
    Das war klar, doch was sollte jetzt noch passieren? Wir waren ja fast zu Hause.
    Reinhard turnte zur Mitte, fummelte wieder am Segel herum und rief plötzlich: »Ruder etwas mehr backbord!«
    Galt das mir? Wenn ja, wo, bitte sehr, war backbord? »Rechts oder links?«
    »Links! Links!« An der Bordwand knirschte es verdächtig. »Du bist zu weit! Geh wieder etwas nach steuerbord!«
    Wenn backbord links bedeutete, mußte steuerbord logischerweise rechts sein. »Nicht so weit! Zurück!!! Ja, so ist es gut. Und jetzt genau mittschiffs halten!«
    Was ist mitschiffs?
    In diesem Augenblick brachen die ersten Sonnenstrahlen durch, nur ein paar hundert Meter vor uns tauchte wie von unsichtbaren Kräften hochgeschoben die Insel auf, die Wolken verschwanden hinter den Palmen, und dann segelten wir auch schon in die Lagune hinein.
    »Na, wie ham wir det jemacht?« frohlockte Reinhard, als das Boot sanft an den Steg glitt. »Nu kannste dich ooch wieder auspellen.« Er befreite mich von der Schwimmweste, lehnte jedoch meine Hilfe bei den unerläßlichen Aufräumungsarbeiten ab und schickte mich weg. »Jeh erst mal heiß duschen, zieh dir wat Trocknet an, und denn kommste in den Coffeeshop. Ick spendier’ dir ’n Grog zum Aufwärmen.«
    »Die wissen hier doch gar nicht, was das ist. Wer trinkt schon so was bei dreißig Grad im Schatten?«
    »Ooch wieda wahr«, sagte er lachend. »Na, denn kriegste eben Rum mit Tee.«
    Ohne einen trockenen Faden am Leib und trotz der Sonne wie Wackelpudding bibbernd, lief ich zum Bungalow.
    »Gut, daß du kommst, ich kriege den blöden Reißverschluß nicht zu.« Auf der Terrasse packte Steffi ihren Tauchrucksack, wobei die Bezeichnung ›packen‹ nicht stimmt. Sie kniete vielmehr auf dem Ding, vergeblich bemüht, die Ärmel vom Jacket auch noch hineinzustopfen. »Verstehe ich gar nicht, vorher ist es doch auch gegangen. Hilf mal mit! Ich drücke jetzt drauf, und du ziehst, ja? Wieso bist du überhaupt schon zurück? Habt ihr auch was von dem Unwetter abgekriegt? Du mußt fester ziehen!«
    Jetzt reichte es mir. »Ich muß gar nichts! Was ich brauche, ist eine heiße Dusche, ich bin nämlich total durchgefroren.« »Bei der Hitze?«
    »Dir scheint entgangen zu sein, daß ich etwas naß geworden bin.«
    Als ich die Tür öffnete, schlug mir eiskalte Luft entgegen. Normalerweise schalteten wir die Klimaanlage erst dann ein, wenn wir zum Abendessen gingen, tagsüber braucht man sie selten, aber jetzt lief sie auf vollen Touren. Oben drüber drehte sich zusätzlich der Ventilator. »Bist du verrückt geworden?«
    »Weißt du eine bessere Methode, die ganzen Klamotten trocken zu kriegen?« Steffi steckte den Kopf durch die Tür. »Ich war in der Tauchbasis, als es zu regnen anfing, aber bis ich hergesprintet war, hat alles schon getrieft.«
    Erst jetzt fiel mir die quer durch das Zimmer gespannte Wäscheleine auf, an der Handtücher, Badeanzüge und drei T-Shirts wedelten.
    »Wir können das Zeug doch nicht feucht in die Koffer packen.«
    Ich rannte durch den Eiskeller ins Bad, riß mir die nassen Sachen herunter und drehte die Dusche auf. Endlich Wärme!
    Steffi kam hinterher. »Jetzt war ich so stolz auf meine geniale Konstruktion, und du würdigst sie nicht mal.«
    »Die ist nicht genial, die ist einfach idiotisch. Warum hängst du nicht alles wieder draußen
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