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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen?
Autoren: Evelyn Sanders
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einen dicken Wälzer vorgelegt, in dem nun wirklich alle nur denkbaren Schablonen enthalten sind. Auf Wunsch werden sie auch beliebig zusammengestellt, und dann kommen so seltsame Kunstwerke heraus wie der Rochen mit Maske und Schnorchel oder der Hai, aus dessen aufgesperrtem Maul eine Sauerstoffflasche ragt.
    »Sollten wir für die Zwillinge nicht auch T-Shirts mitnehmen?« Steffi hatte sich für ein Hemd mit Seeanemonen entschieden, liebäugelte aber noch mit einem zweiten, auf dem sich ein halbes Aquarium tummelte.
    »Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, daß die Mädchen so was anziehen? Bei denen gilt doch schon quergestreift als extravagant. Zur Zeit stehen sie modisch irgendwo zwischen Gouvernante und Direktionssekretärin, aber mit zunehmendem Alter gibt sich das wieder. Denk bloß mal an deinen Vater! Wenn der sein Hawaiihemd anzieht, brauch ich ’ne Sonnenbrille.«
    »Dann hab’ ich was für ihn!« Aus dem vor ihr liegenden Stapel zog sie ein T-Shirt heraus, auf dem die Umrisse eines Mannes im Liegestuhl zu sehen waren, neben ihm eine Batterie Flaschen und über sich eine strahlende Sonne. »The art of doing nothing« stand darunter, auf gut deutsch also: Die Kunst des Nichtstuns. »Das kann er in Schottland tragen, wenn er neben seiner Angel sitzt.«
    Für die Zwillinge fanden wir doch noch etwas, nämlich wunderschöne flauschige Badetücher. Sie gefielen mir so gut, daß ich für mich auch eins kaufte. Einziger Nachteil: Sie hatten alle das gleiche Muster. Inzwischen ist eins verschwunden, und nach übereinstimmender Aussage der Mädchen kann das nur meins gewesen sein.
    Bepackt wie Lastesel, standen wir wieder in der Sonne und machten uns auf die Suche nach einem Café. Ungefähr fünfundfünfzigtausend Einwohner hat Male, doch ihren Kaffee trinken sie alle zu Hause. Es gibt zwar ein Fischrestaurant am Hafen und eine Art Biergarten, in dem man aber keins kriegt, nur Cafés findet man nicht. Dafür landeten wir vor dem Fischmarkt, angesiedelt in einer rundherum offenen Halle. »Nein, nicht schon wieder Fisch!« rief Steffi entsetzt und machte auf dem Absatz kehrt. »Ich hole mir jetzt in einem Laden was zu trinken, hocke mich auf die Bank da drüben und warte, bis unser Kahn kommt. Mir reicht es!«
    Daß die Bank da drüben in der prallen Sonne stand, hatte sie übersehen. Deshalb verzogen wir uns auf den feudalen überdachten Anlegesteg, der zur Meerseite hin mit Kordeln abgesperrt war und auch sonst recht unbenutzt aussah. Wir hatten vorhin beim Aussteigen ja auch erst über zwei andere Dhonis balancieren müssen, bevor wir das sichere Ufer betreten konnten.
    Ich hatte mich gerade auf das Geländer geschwungen, als ich auch schon wieder heruntergescheucht wurde. Ein baumlanger Malediver machte mir unmißverständlich klar, daß ich hier nichts zu suchen hätte. Im Weggehen sah ich noch, wie er ein Tuch aus der Tasche zog und sorgfältig über die Stelle wischte, die ich mit meinem Hinterteil entweiht hatte. Wie hätte ich denn auch wissen können, daß dieser Steg lediglich dem Präsidenten vorbehalten war?
    Nach und nach trudelten die anderen Ausflügler ein, ähnlich bepackt und ähnlich erschöpft wie wir. Nein, den Eisladen hatten wir nicht gesehen, leider, und das Geschäft mit der italienischen Nobelmarken-Kollektion auch nicht, doch dafür hatte Jürgen den Tauchshop nicht gefunden. Stolz präsentierte Stefanie ihr Jacket.
    »Was hast du dafür bezahlt? Bloß dreihundert Dollar? Das glaube ich nicht.« Einen Kassenzettel konnte sie leider nicht vorweisen, weil sie keinen bekommen hatte. War es etwa möglich, daß es für die Malediver kein Finanzamt, keine Betriebsprüfer und vielleicht gar keine Steuern gibt? Das sollte man schleunigst mal klären. Monaco ist eh schon zu voll, und die Malediven sind sowieso viel schöner!
    Das erste, was mir beim Betreten unseres Dhonis auffiel, waren die in der Mitte gestapelten Säcke, mindestens ein Dutzend. »Was mag da drin sein?«
    »Reis«, sagte Steffi. »Morgen treffen neue Gäste ein.«
    Während der Rückfahrt kam ich mit Frau Burmeester ins Gespräch. Schon mehrmals hatte ich sie vor einer dieser primitiven Hütten sitzen sehen und mich darüber gewundert, denn sie hatte nie den Eindruck gemacht, als würde sie sich dort wohl fühlen – ganz im Gegensatz zu den anderen Höhlenbewohnern, die ›das einfache Leben und die Verbundenheit mit der Natur‹ den Luxusschuppen auf der anderen Inselseite vorzogen. Wahrscheinlich handelte es sich bei ihnen
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