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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen?
Autoren: Evelyn Sanders
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Gemäuer‹ lediglich zu den Pflichtübungen gehören.
    Dieses alles überragende Bauwerk war leicht zu finden. »Was meinst du, Määm«, überlegte sie laut beim Anblick der glänzenden goldenen Kuppel, »ob die Mullahs regelmäßig einen Trupp Arbeiter mit Sidolinflaschen da raufschicken? Normalerweise müßte die doch längst stumpf sein, die sieht aber aus wie frisch poliert.«
    »Erwartest du jetzt wirklich eine sachkundige Antwort von mir?«
    »Nee«, kam es sofort zurück, »du putzt ja nicht mal den Eiswürfelbehälter. Da sind immer noch die Fingerabdrücke von Silvester drauf.«
    Nachdem wir die Moschee von außen umrundet hatten, wollten wir hinein. Daran wurden wir von einem bärtigen Mann gehindert. Warum dürfen wir nicht…? Mißbilligend deutete er auf unsere Beine, die zwar bis zum Knie züchtig bedeckt waren, sich weiter unten jedoch in schamloser Nacktheit zeigten.
    »Dann eben nicht!« schimpfte Steffi und schlüpfte wieder in ihre Schuhe, die sie bereits ausgezogen hatte. Man ist ja halbwegs mit den islamischen Sitten vertraut.
    Wie aus dem Boden gewachsen, stand plötzlich ein Jüngling neben uns. Über dem Arm hatte er ein Sortiment Tücher hängen, und ehe wir überhaupt wußten, was er von uns wollte, hatte er schon zwei zu unseren T-Shirts passende Farbtöne herausgesucht und hielt sie uns auffordernd entgegen.
    »Du willst die doch hoffentlich nicht kaufen?«
    Das hatte ich auch gar nicht vor. Wenn die Besichtigung der Moschee nur mit verhüllten Beinen gestattet ist, hat man das zu respektieren, doch deshalb gleich diese tischdeckengroßen Tücher für teures Geld kaufen? Kommt nicht in Frage!
    Das wollte ich dem Knaben gerade auf englisch verklickern, als er mich unterbrach. »Nix kaufen, nur nehmen für Besuch von Moschee.« Im Handumdrehen hatte er mir das Tuch um die Taille gewickelt.
    »Frag erst nach der Leihgebühr«, warnte Steffi.
    »Nix Geld, kostet nix.« Abwehrend streckte er beide Arme von sich, woraufhin die gesamte Kollektion erst einmal zu Boden fiel. Steffi half beim Aufsammeln. »Aber nachher du kommen in meine Shop«, bestimmte er: »Ich habe alles. T-Shirt, Hosen, Schmuck und viele anderes. Hier du hast mein Adresse.« Aus der Hemdentasche fischte er ein Bündel Visitenkarten heraus und drückte mir eine davon in die Hand.
    »Was wird aus den Tüchern?« Inzwischen hatte sich Steffi auch vorschriftsmäßig verhüllt, zweifelte jedoch immer noch an der kostenlosen Leihgabe.
    »Ich hier warten, dann wir gehen in meine Shop.«
    »Zumindest ist das mal eine originelle Art von Kundenfang«, sagte sie grinsend, während wir die Stufen zur Moschee hinaufschritten. Im Innern war es angenehm kühl, doch wenn man ein Weilchen dort stehenblieb, wo keine Teppiche auf den Marmorböden lagen, bekam man kalte Füße. »Ich friere«, sagte Steffi denn auch nach kurzer Zeit.
    »Laß uns gehen. Sooo besonders toll finde ich die Moschee gar nicht, da habe ich in Tunesien viel kostbarere gesehen. Die in Mombasa hat auch mehr hergemacht.«
    Damit hatte sie zweifellos recht. Wir warfen durch die Fenster noch einen Blick in die im Erdgeschoß liegenden Schulklassen, wo – nach Geschlechtern getrennt – Kinder über den Koran gebeugt im Chor Unverständliches herunterleierten, dann steuerten wir den Ausgang an. Davor stand wieder der Bärtige. Er versperrte zwar nicht direkt die Tür, doch um hinauszukommen, hätten wir uns vorbeidrängeln müssen. »Was will der von uns?«
    »Bakschisch«, sagte Steffi lakonisch.
    »Wofür denn bloß?« Trotzdem suchte ich in meiner Tasche nach Kleingeld, fand aber nur eine Zehndollarnote.
    »Das ist zuviel«, protestierte Steffi sofort, »oder hast du schon mal siebzehn Mark in einen Klingelbeutel geworfen? Wart mal, irgendwo muß ich noch etwas von dem Spielgeld haben.« Aus der Hosentasche zog sie eine Handvoll zerknüllter Scheine, maledivische Rufiyaa, Überbleibsel von unserer Inseltour. Der Türsteher wollte sie aber gar nicht annehmen. »It’s only a contribution for the school«, sagte Steffi. Daraufhin grinste er freundlich und steckte das Geld ein. Als Spende für die Schule wurde es akzeptiert.
    Der Tuchverleiher war beschäftigt. Eine ganze Touristengruppe stand um ihn herum und ließ sich einkleiden. Wir gaben unsere Tücher zurück und sicherten den späteren Besuch seines Shops zu. »Du haben mein Adresse?« Ich zeigte ihm die Visitenkarte, woraufhin er befriedigt nickte und bei der Gelegenheit auch gleich neue verteilte. Das
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