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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen?
Autoren: Evelyn Sanders
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Reinhard, nachdem er einen ganzen Pulk Neugieriger von der Mole vertrieben hatte, wo sie mit Stöcken auf die Krabben losgegangen waren. »Ick krieje ’n richtijen Haß uff die Brüder.
    Ohrfeigen könnte ick mich, det ick den Angler bloß anjebrüllt und nicht jleich koppüber in det Haifischbecken jeschmissen habe!«
    Seine Strafe hat er trotzdem noch bekommen. Er hatte sich etwas zu intensiv mit einem Rotfeuerfisch beschäftigt. Bis zum Abend war die Neuigkeit herum, und als der Delinquent mit dick verbundener Hand den Speisesaal betrat, wurde er mit lebhaftem Beifall empfangen. Leider hat er nicht begriffen, weshalb.
    »Morgen schippern wir nach Male«, teilte mir Steffi so ganz nebenbei mit, als ich gerade festgestellt hatte, daß ich nur noch zwei saubere T-Shirts besaß. Der Hotelwäscherei traute ich nicht so ganz über den Weg; Stefanies Jeans waren zwar fleckenfrei zurückgebracht worden, aber mit Bügelfalten! »Es wird Zeit, daß wir nach Hause kommen.«
    »Eben. Und deshalb müssen wir vorher noch nach Male.«
    Male ist die Hauptstadt der Malediven, befindet sich auf der gleichnamigen Insel, ist kleiner als Monaco und nicht ganz so voll. Das liegt aber nur daran, daß es keine Hochhäuser gibt. Das höchste Gebäude ist die Moschee.
    »Die letzten drei Tage will ich noch genießen! Was soll ich in Male?«
    »Die nötige Prestigebräune hast du doch, jetzt tu mal was für die Bildung«, konterte Steffi und leierte die ›Reisetips von A-Z‹, Ausgabe Malediven, herunter. »Male ist der wirtschaftliche und kulturelle Anlaufpunkt aller neunzehn Atolle. Das Islamische Zentrum …«
    »Der kulturelle Aspekt interessiert dich doch nicht die Bohne. Sei wenigstens ehrlich und gib zu, daß du bloß einkaufen willst.«
    »Na wennschon! In Male ist alles viel billiger als hier auf den Inseln. Tauchklamotten soll man sogar wesentlich preiswerter kriegen als in Deutschland. Ein neues Jacket brauche ich sowieso, warum also nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Du machst in Kultur, und ich gehe shoppen.«
    »Hast du überhaupt noch genug Geld?«
    »Nein«, gestand sie kleinlaut. »Du hast doch hoffentlich deine Kreditkarte mit?«
    Ein weiterer Grund, auf diesen Ausflug zu verzichten! Steffi sah das anders. »Jetzt ist es sowieso zu spät, ich habe uns nämlich schon eingetragen.«
    An ihre spontanen Entschlüsse werde ich mich wohl nie gewöhnen. Für einen Hund entscheidet sie sich genauso schnell wie für ein Paar Schuhe, ein Auto kauft sie innerhalb von zehn Minuten, und deshalb habe ich auch immer Angst, sie würde mal von einer Urlaubsreise mit einem Trauring am Finger zurückkommen.
    Apropos Trauring – das ›beratende Gespräch‹ hatte inzwischen stattgefunden, gestern abend auf der Terrasse bei Mondschein und Guavensaft.
    »Eigentlich sollte ich jetzt nicht mit dir hier sitzen, sondern mit meinem Lover«, hatte sie gesagt. »Sieh dir bloß mal diesen Sternenhimmel an! Da bleibt einem doch gar nichts anderes übrig, als romantisch zu werden.«
    »Dann hättest du Horst Hermann mitnehmen müssen.«
    »Er wollte ja, aber ich nicht. Wie soll ich denn über eine Trennung nachdenken können, wenn er neben mir im Bett liegt?«
    Das allerdings war ein unwiderlegbares Argument, selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Betten in unserem Bungalow einen halben Meter weit auseinanderstanden. »Ihr lebt jetzt seit über vier Jahren zusammen, seid schon beinahe ein altes Ehepaar und …«
    »Das ist es ja gerade«, unterbrach sie mich. »Da kommt nichts mehr rüber. Wir bewegen uns in eingefahrenen Gleisen. Ganz am Anfang hat er mich auf ein Podest gestellt, und jetzt erwartet er, daß ich es abstaube. Von wegen Arbeitsteilung! Wenn er mal den Aschenbecher auskippt, tut er so, als hätte er die ganze Wohnung geputzt.«
    »Dafür kocht er doch«, erinnerte ich sie eingedenk ihrer mangelhaften Fähigkeiten auf diesem Gebiet.
    »Stimmt, aber frag lieber nicht, wie.« Doch nach einer kleinen Pause räumte sie ein: »Allerdings kann er immer noch besser kochen als ich. Aber darum geht es ja gar nicht.
    Ich langweile mich ganz einfach mit ihm. Ich brauche jemanden, der gesprächig ist, mich auch mal aufmuntert, wenn ich mich hängenlasse, amüsant sein kann und nicht dreimal in der Woche zum Basketballtraining geht.«
    »Was dir vorschwebt, ist kein Mann, sondern ein Fernsehapparat.« Das war mir einfach so herausgerutscht, doch Steffi schien es gar nicht gehört zu haben; sie strickte weiter an ihrem
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