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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen?
Autoren: Evelyn Sanders
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Lockvogelgeschäft schien zu florieren.
    Leider hatte der eifrige Jüngling nicht bedacht, daß es in Male so gut wie keine Straßenschilder gibt und erst recht keine Hausnummern. Wir haben seinen Shop nicht gefunden.
    Nach Besichtigung des prunkvollen Präsidentenpalastes – nur von außen – und des wunderschönen kleinen Sultanparks, der leider durch eine riesige Satelliten-Antenne verschandelt wird, hatten wir nach Ansicht meiner Tochter genug für die Kultur getan. Sie wollte raus aus der Sonne und rein in die Geschäfte.
    »Reinhard hat mich übrigens beauftragt, ein neues Stirnband zu besorgen. Seinen Frotteelappen hat er schon zweimal zusammengeknotet, aber nun ist er endgültig kaputt.«
    »Wo sollen wir denn hier so etwas auftreiben?« Ich hatte ihn mal gefragt, weshalb er ständig mit diesem Indianerkopfschmuck herumlaufe, zumal der sein Äußeres nicht gerade verschöne.
    »Wejen dem Transpirieren«, hatte er gesagt, »aba det is ja viel zu vornehm ausjedrückt. Bei der Hitze hier schwitze ick wie ’n Affe, und wenn ick mir da nich wat um den Kopp wickle, looft mir der Schweiß dauernd in die Oogen. Frottee is am besten.«
    »Vorhin habe ich einen Laden mit Stoffballen gesehen«, erinnerte sich Steffi, während wir, immer die Schattenseite suchend, durch die Hauptgeschäftsstraße schlichen. »Ich weiß nur nicht mehr wo.«
    Nun gibt es in Male bloß drei oder vier breite Straßen, alles andere sind Gassen und Gäßchen, also konnte es nicht so schwer sein, diesen Stoffladen zu finden. Das war auch kein Problem, dies wurde es erst, als wir dem Inhaber zu erklären versuchten, was genau wir wollten. Seine Sprachkenntnisse beschränkten sich auf einen einzigen Satz: »I speak no English.« Durchaus begreiflich. Welcher Tourist kauft schon wild gemusterte Baumwoll- oder bonbonfarbene Tüllstoffe? Also versuchten wir es mit der bewährten Zeichensprache, die dann aber auch versagte. Als Steffi durch kreisende Bewegungen um Kopf und Stirn ihren Wunsch zu verdeutlichen suchte, nickte der Mann verstehend, verschwand im Hintergrund und kam mit einer Pappschachtel voll Babyhütchen zurück. Steffi schüttelte den Kopf, woraufhin er einen weiteren Karton holte. Diesmal waren es Baseballkappen. Auch wieder falsch.
    Inzwischen hatte ich das Stoffsortiment etwas näher in Augenschein genommen und inmitten all des Bunten einen Ballen mit weißem Flanell entdeckt. »Guck mal, Steffi, das müßte doch auch gehen?«
    »Macht man daraus nicht Unterhosen für Frauen über sechzig?« Zweifelnd befühlte sie das Material, erklärte sich jedoch mit dem Erwerb einverstanden. Nun kam die nächste Schwierigkeit. Der Verkäufer, froh, uns endlich zufriedenstellen zu können, rückte mit einem Maßband an. »Only a little bit.« Steffi deutete eine Breite von etwa zwanzig Zentimetern an und erntete ein verständnisloses Kopfschütteln. Da griff sie kurzerhand zur Schere, säbelte die entsprechende Menge herunter und drückte sie dem Mann in die Hand. »How much?«
    Einen halben Dollar wollte er haben, bevor er den Stoffstreifen sorgfältig einwickelte und zusätzlich in eine Plastiktüte steckte. Wahrscheinlich wird er sich noch lange den Kopf zerbrochen haben, was wohl jemand mit zwanzig Zentimetern Unterhosenflanell anfangen kann.
    Nächste Station Tauchshop. Dort brauchten wir eine halbe Stunde, bis Stefanie die in Frage kommenden Jackets durchprobiert, und weitere fünfzehn Minuten, bis sie den Preis um etliche Dollar heruntergehandelt hatte. »In Deutschland kostet dieses Teil über tausend Mark«, sagte sie vorwurfsvoll, als ich nur zögernd mein Plastikgeld herausrückte. »Keine Angst, du kriegst es ja wieder. So viel habe ich gerade noch auf dem Konto.«
    Jetzt hatten wir schon zwei Tüten zu tragen. Wenig später waren es vier. Steffi hatte den T-Shirts nicht widerstehen können.
    Wahrscheinlich bilden sie die Haupteinnahmequelle maledivischer Souvenirhändler, zumal die Hemden erstaunlich preiswert sind. Da sich über Geschmack bekanntlich nicht streiten läßt, reichen die aufgedruckten Motive vom orangeroten Sonnenuntergang quer über die ganze Brust bis zur kleinen Palme links oben mit dem dezenten Aufdruck: Maledives. Wer trotz des reichhaltigen Angebots an Schwertfischen, Haien, Seesternen und sonstigen Getiers noch immer nicht das richtige gefunden hat, kann sich sein T-Shirt auch nach eigener Wahl bemalen lassen. Ähnlich wie hierzulande ein Musterbuch für Tapeten, bekommt man in den einschlägigen Geschäften
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