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0233 - Blitzgespräche mit dem Tod

0233 - Blitzgespräche mit dem Tod

Titel: 0233 - Blitzgespräche mit dem Tod
Autoren: Blitzgespräche mit dem Tod
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»Das sind Mr. Cotton und Mr. Decker«, stellte uns der Boß vor, »und dies ist Mr. Carion, ein alter Freund von mir. Wir waren zusammen auf dem College. Ich möchte betonen, daß Mr. Carions Anliegen rein privater Natur ist. Er bittet uns in einer heiklen Sache um Rat. Okay, Harry?«
    Harry Carion war ungefähr im gleichen Alter wie unser Boß.
    Er trug eine breitrandige Hornbrille, einen tadellosen Börsenanzug mit dunkelblauer Fliege und an der rechten Hand einen Ring mit einem bildschönen, mindestens einkarätigen Brillanten.
    Carion sah aus wie ein Manager oder »Börsianer« und hatte in der Woche bestimmt ein Einkommen, das unser Monatsgehalt um einiges überstieg.
    Augenblicklich schien Mr. Carion ziemlich durcheinander zu sein.
    »Soll ich erzählen?« fragte er, und als Mr. High nickte, begann er. »Ich bin seit fünfundzwanzig Jahren bei der Bank of Commerce angestellt und leite zur Zeit unsere Zweigstelle der Midland Avenue. Ich bin seit dreiundzwanzig Jahren verheiratet und ..er rutschte verlegen auf seinem Sitz hin und her, na und, wie das so geht… ich habe eine Freundin.«
    Er blickte uns an, als wolle er sagen, paßt euch das vielleicht nicht?
    Wir antworteten nicht.
    »Tja, ich weiß nicht, ob das etwas zur Sache tut, aber ich möchte betonen, daß Pat ein absolut anständiges und zuverlässiges Mädchen ist.« Er schien Widerspruch zu erwarten, und als dieser ausblieb, steckte er sich umständlich eine dicke Zigarre an. »Wir kennen uns seit drei Jahren. Natürlich schreibt sie mir auch öfter Briefe, obwohl ich sie wiederholt davor gewarnt habe.«
    »Kommen Sie zur Sache, Harry«, mahnte Mr. High.
    »Tja, und einer dieser Briefe ist spurlos verschwunden, ein Brief, der meiner Frau, wenn er in ihre Hände geraten sollte, den Grund zu der schon lange gewünschten Scheidung geben würde. Meine Frau könnte den Brief auch als Druckmittel benutzen, um mich zu schröpfen.«
    »Wieso konnte denn ein derartiges Schriftstück spurlos verschwinden?« fragte Phil. »Ich setze doch voraus, daß Sie den Brief sehr gut verwahrten, wenn nicht gar vernichteten.«
    »Ganz richtig, Mr. Decker. Ich vernichte diese Dinger regelmäßig, aber in diesem Einzelfall hatte ich es versäumt. Der Brief kam mit einem Eilboten um fünf Uhr nachmittags. Ich riß ihn sofort auf und las ihn. Pat teilte mir darin mit, sie werde auf zwei Tage zu einer Kusine fahren und mich danach, das wäre übermorgen, am 21. August, nachmittags um 5.30 Uhr im Teeraum des Placa-Hotels treffen. Ich hatte nicht die Absicht, das in meinem Terminkalender zu notieren, aber ich vergaß es. Ich legte Pats Brief unter eine Marmorkatze, die ich als Briefbeschwerer benutze. Dort vergaß ich den Brief in der Eile. Als ich heute morgen in mein Office kam, war er verschwunden.«
    »Da kommt doch nur ein Angestellter der Bank in Frage«, meinte ich.
    »Käme… Käme, aber das ist nicht möglich. Ich ging gestern abend als letzter und kam heute morgen als erster. Ich bin ganz sicher, daß der Brief noch da war, als ich mein Privatbüro verließ.«
    »Wie ist es denn mit den Putzfrauen?«
    »Die kommen erst um acht Uhr, wenn die Bank geöffnet wird.«
    »Sind Sie sich vollkommen sicher, daß Sie am Abend wirklich als letzter gingen, das heißt, daß niemand die Gelegenheit hatte, den Brief von Ihrem Schreibtisch zu nehmen?«
    »Unbedingt. Das ganze Personal zwar schon gegangen. Nur der Hauptkassierer wartete noch an der Tür. Er hilft mir, das Scherengitter vorzuschieben, und dann geht auch er.«
    »Das klingt sonderbar, Mr. Carion. Irgend etwas stimmt an Ihren Angaben nicht, das heißt, wenn nicht jemand einen Duplikatschlüssel hat.« Ich zögerte einen Augenblick, und dann sagte ich, was ich dachte. »Kann es sein, daß sich Ihre Gattin einen Nachschlüssel besorgt, hat?«
    Der Bankier lächelte.
    »Auf diesen Gedanken käme Kay nie, und außerdem habe ich das Ledertäschchen mit dem Schlüsselbund an einer Kette in der Hosentasche. Wenn ich zu Bett gehe, so lege ich es unters Kopfkissen. Das ist eine alte Angewohnheit. Ich schlafe so leicht, daß niemand den Schlüsselbund wegnehmen könnte, um einen Nachschlüssel anzufertigen.«
    »Und wer außer Ihnen besitzt noch Duplikate?«
    »Ein Satz liegt im Tresor bei der Hauptbank und ein zweiter in unserer Filiale in der 161. Straße East im Panzerschrank.«
    »Dann würde ich mich an Ihrer Stelle erkundigen, ob die beiden Duplikatsätze noch an ihrem Platz sind, obwohl ich mir nicht denken kann, daß jemand
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