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Klassentreffen (German Edition)

Klassentreffen (German Edition)

Titel: Klassentreffen (German Edition)
Autoren: Julia Schöning
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F ranzi stieß die Tür auf. Kein Zweifel, dieser Abend würde der schlimmste seit langem werden. Noch könnte sie umdrehen, wieder einmal fliehen. Es hatte sie noch niemand bemerkt.
    Sie atmete tief durch. Nein, dieses Mal würde sie nicht davonlaufen.
    Stimmengewirr empfing Franzi, als sie die Kneipe betrat. Aus dem hinteren Teil des Lokals drang Gelächter. Dort musste das Klassentreffen stattfinden. Mit gemischten Gefühlen folgte sie den Geräuschen.
    »Franzi, da bist du ja endlich.« Meike fiel ihr um den Hals, und für einen Moment fühlte sich Franzi in der Zeit zurückversetzt. »Schön, dass du doch noch kommst.« Mit ihren smaragdgrünen Augen strahlte Meike Franzi an.
    Franzis Herz pochte bis zum Hals. Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. »Hallo, Meike«, brachte sie schließlich mühsam hervor. Der süße Duft von Meikes Haaren ließ all die Erinnerungen schlagartig wieder lebendig werden. Sie schluckte.
    »Komm, setz dich.« Meike ließ ihr keine Zeit zum Luftholen und zog sie mit sich zum Tisch.
    »Hm . . . Ja.« Franzi kämpfte darum, ihre Fassung wiederzuerlangen. Sie hatte versucht, sich auf diesen Moment vorzubereiten, aber jetzt überwältigte er sie doch.
    Meike setzte sich neben sie, hielt ihren Arm immer noch fest und streichelte ihn, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt.
    Am liebsten wäre Franzi weggelaufen. Das war alles viel zu viel. So schlimm hatte sie es sich nicht vorgestellt. Fünfzehn Jahre, und die Gefühle überfielen sie genauso wie früher, machten sie wehrlos. Sie wusste schon, warum sie eigentlich nicht hatte kommen wollen.
    »Was hast du so gemacht die ganzen Jahre?«, fragte Meike.
    »Ähm . . . Apothekerin.« Selbst diese kurze Antwort kostete Franzi Mühe. Sie konnte sich nicht auf ein Gespräch mit Meike konzentrieren. Deren Gegenwart verursachte ein leichtes Schwindelgefühl. Meike hatte sich kaum verändert, genau wie früher fielen ihr die honigblonden Haare auf die Schultern. »Und du?«, konnte Franzi gerade noch so hervorbringen.
    »Ich bin Lehrerin.« Meikes Augen leuchteten sie weiter an, und Franzi wusste nicht, wo sie hinschauen sollte. Dieses Grün. Alles war wie damals.
    »He, Franziska.« Eine Frau mit braunen Locken beugte sich zu Franzi und lachte. Anna. »Nun ist das Klassentreffen komplett.«
    Franzi war dankbar, dass Anna ihr die Gelegenheit gab, durchzuatmen, den Blick von Meike abzuwenden und den Kopf ein wenig freizubekommen. Sie sah sich im Raum um. »Alle sind nicht da«, stellte sie fest. »Ganz komplett ist es nicht.«
    »Die Wichtigsten sind gekommen. Das reicht.« Anna lachte erneut. »Hol dir einen Sekt, dann können wir anstoßen.«
    »Ich mach das schon«, sagte Meike. »Ich hol uns beiden einen. Mein Glas ist nämlich schon wieder leer.« Sie hielt ihr Glas hoch und kicherte verlegen.
    Franzi war froh, dass sie sich kurzzeitig entfernte. Meikes Lächeln war mehr, als sie verkraften konnte.
    »Und – was macht die Liebe?« Meike kam zurück und stellte ein Glas vor Franzi ab.
    Für einen Moment spürte Franzi einen Stich in ihrer Brust. Diese Frage hatte ja kommen müssen. Sie hätte wirklich zu Hause bleiben sollen. Nach einer Antwort suchend, wischte sie ihre feuchten Finger an ihrer Jeans ab.
    »Ich bin seit über einem Jahr glücklich geschieden«, plauderte Meike schon weiter. »Komm, lass uns anstoßen.« Auffordernd hob sie ihr Sektglas.
    Franzis Hände zitterten, als sie den Stiel ihres eigenen Glases umfasste und mit Meike anstieß.
    »Auf unser Wiedersehen.« Meikes Wangen waren gerötet.
    »Ja, auf unser Wiedersehen«, murmelte Franzi matt.
    »Also?« kam Meike auf ihre Frage zurück. »Liiert, verheiratet, geschieden?« Sie verzog schmunzelnd die Lippen. »Verliebt?«
    Ja. Anscheinend immer noch, dachte Franzi. »Nichts von alledem«, sagte sie stattdessen. Sie fuhr sich mit der Hand durch die kurzen schwarzen Haare.
    »Wie? Das kann doch gar nicht sein.« Meike blickte sie erstaunt an.
    »Das ist . . . kompliziert«, stammelte Franzi. Sie musste sich räuspern, damit ihre Stimme ihr wieder gehorchte. »Lass uns nicht davon reden.« Sie nahm einen großen Schluck Sekt. Jetzt bloß nicht daran denken, ermahnte sie sich.
    »Wie du möchtest.« Meike lächelte Franzi an.
    »Was unterrichtest du denn?«, wechselte Franzi zu einem unverfänglicheren Gesprächsthema.
    »Biologie und Deutsch. Am Gymnasium.« Meike zuckte mit den Schultern.
    Ihre Blicke trafen sich und hielten sich fest. Franzi versank in
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