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Mission Eureka

Titel: Mission Eureka
Autoren: McGill Gordon
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E RSTER T EIL

1
    Bald
war es soweit. Seit zweieinhalb Stunden kauerten die vier Männer jetzt
schon in der Besatzungskabine der Raumfähre, festgeschnallt an ihren
Sitzen, in der vertikalen Startposition, mit angezogenen Knien auf dem
Rücken liegend: Flugkommandant Patrick Montgomery und Peter Berger, der
junge Spezialist der Mission, auf der oberen Position, ihre beiden
Kollegen unter ihnen.
    Bergers linkes Ohr juckte.
Fünf Minuten vorher hätte er sich noch kratzen können, aber der Start
stand kurz bevor, und die Helme waren fest verschlossen. Er rieb sich
den Kopf an der Schulter und preßte das Ohr gegen die Schaumauskleidung
des Helms, aber der Juckreiz blieb. Es mußte irgendein perverses,
kompliziertes Naturgesetz sein, demzufolge einem das Ohr immer erst
dann juckte, wenn der Helm geschlossen war. Er würde damit leben
müssen: mit einem juckenden Ohr und eingeschlafenen Beinen. Während der
zweiten Stunde hatte er jegliches Gefühl in den Beinen verloren. Er
schaute auf die Zahlenreihen, die über den Flugdatenschirm vor ihm
huschten, blaue Zahlen auf grünem Grund, die die sich stetig aufbauende
Start-Schubkraft anzeigten. Sämtliche Checks waren durchgeführt; die
Computer hatten die Kontrolle übernommen.
    Â»Sechsundachtzig«, kam die Stimme aus dem Kopfhörer im Helm.
    Â»Fünfundachtzig.«
    Â»Vierundachtzig.«
    Olaf
Hurler sprach mit monotoner Stimme. Berger stellte ihn sich vor, den
großen dicken stellvertretenden Technischen Direktor, wie er da unten
im Kontrollraum saß, den kahlen Schädel unter der Baseballmütze
verborgen, die er immer trug, wenn er sie durch den Countdown lotste.
Er hatte das Ritual oft genug verfolgt. Es war stets dasselbe: Hurler
und Thomas Altenburg, der Operationsleiter, Seite an Seite vor der
Hauptkonsole, vor ihnen, in drei halbkreisförmigen Reihen, die
zweiundfünfzig Techniker und Technikerinnen, jeder auf seinen
Bildschirm konzentriert, auf die endlosen Datenkolonnen, die darüber
hinwegflimmerten und deren Rot und Grün sich an der Decke des Raumes
spiegelte, so daß man sich mit ein bißchen Phantasie an einen
altmodischen Ballsaal erinnert fühlte. Rechts davon, im Computerraum,
saßen die beiden Engländer über ihre Monitore gebeugt, wie Geister
hinter ihrer Trennscheibe aus Rauchglas: in seinem Rollstuhl der
querschnittsgelähmte Swann (»Ich brauche meinen Grips, nicht meine
Beine«, pflegte er zu sagen) und Hilary, sein Assistent, ein kleiner
mausähnlicher Mann, der stets an der Seite seines Chefs war. Sie
alle â€“ Deutsche, Franzosen, Briten, Italiener, Österreicher,
Schweizer â€“ waren in diesem Moment in ihre Arbeit vertieft; das
heißt, alle bis auf Lefèbre. Der wanderte in einer Wolke teuren
französischen Rasierwassers im Raum herum, im Glauben, er überwache das
Ganze, klimperte mit den Autoschlüsseln und ging allen auf die Nerven.
Er hatte als stellvertretender Finanzdirektor zwar ein gewisses Recht,
dabeizusein, aber keine eigentliche Aufgabe. »Wie Titten an einem
Ochsen«, hatte Olaf Hurler einmal kommentiert â€“ und den Nagel auf
den Kopf getroffen.
    Der Raum wurde beherrscht von drei
riesigen Bildschirmen. Der linke zeigte eine Weltkarte mit der rot
gestrichelten Umlaufbahn, die von Kourou in Französisch-Guayana über
den Atlantik und quer über Afrika und Dakar nach Kalkutta verlief. Der
Hauptbildschirm in der Mitte, groß wie eine Kinoleinwand, zeigte
Magellan I auf der Abschußrampe. Die Fähre hing wie eine Klette an der
massiven Säule des externen Treibstofftanks; links und rechts darunter
sah man die beiden Feststoffraketen. Selbst aus dem hinteren Bereich
des Kontrollraums war noch der blaue Schriftzug auf dem Rumpf des
Schiffes zu erkennen: E UREKA . Und dazu das Europa-Emblem, ein blauer Kreis mit gelben Sternen.
    Der rechte Bildschirm zeigte die vier Astronauten in Großaufnahme.
    Berger
veränderte die Sitzposition ein wenig und blickte hinauf in die
Videokamera an der Kabinendecke. Er konnte einem plötzlichen Drang
nicht widerstehen und blinzelte neckisch in das Auge der Kamera.
    Â»Kennst du den, wo der Astronaut den Bischof trifft?« fragte er.
    Keine Antwort; nur das ruhige, monotone »Sechsundfünfzig« von Hurler, der seinen Countdown fortsetzte.
    Â»Der
ist nicht schlecht.« Berger nahm einen neuen Anlauf, und dann herrschte
ihn plötzlich Altenburgs Stimme aus dem
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