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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen?
Autoren: Evelyn Sanders
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auf?«
    »Weil es in spätestens fünf Minuten erneut gießt. Sieh dir doch den Himmel an!«
    Das konnte ich nicht, weil ich mich immer noch mit schönem heißem Wasser berieseln ließ. Langsam taute ich auf.
    »Conny hat gesagt, bei Mondwechsel ändert sich vorübergehend das Wetter. Jetzt haben wir Neumond, und prompt regnet es. Siehste, es geht schon wieder los.«
    Ich drehte den Wasserhahn zu und hörte es trotzdem noch plätschern. »Also gut, du hast recht gehabt. Wenigstens fällt mir jetzt der Abschied nicht so schwer. Kannst du mir mal was zum Anziehen holen? In den Gefrierschrank nebenan gehe ich so nicht. Aber was Langes!«
    »Wir haben immer noch achtundzwanzig Grad«, warnte Steffi, als sie ihre Malediven-Hose und eine langärmlige Bluse brachte. »Du wirst dich totschwitzen.«
    Danach saßen wir auf der Terrasse und guckten zu, wie sich die Rinnsale auf den Wegen in Bäche verwandelten und aus den Pfützen kleine Teiche wurden. Kurze Zeit später war alles vorbei. Die Sonne kam durch, über den Teichen bildeten sich Dampfwolken, was nicht im Boden versickerte, wurde von den Sonnenstrahlen aufgesogen. Nur aus der Dachtraufe tropfte es immer noch in den darunter stehenden halbverrosteten Blecheimer. Was oben reinlief, kam an der Seite wieder heraus.
    »Begreifst du jetzt, weshalb ich die ganzen Sachen im Zimmer aufgehängt habe?« trumpfte Steffi auf. Wir quälten uns immer noch mit dem Rucksack herum und hatten den Reißverschluß bis auf die letzten Zentimeter geschlossen. Die gingen wirklich nicht mehr zu.
    »Ich hole Reinhard, der hat mehr Kraft.«
    Das war anzunehmen, doch Reinhard saß im Coffeeshop und wartete auf seinen Schiffsjungen. »Komm, Steffi, wir gehen was trinken. Wenn ich meinen Skipper richtig einschätze, dann säuft er jetzt seine Whiskyflasche leer. Auf dem Kahn hat er ja keine Zeit dazu gehabt.«
    Unterwegs gab ich eine dramatische Schilderung unseres Segeltörns, nur mußte ich wohl ein bißchen zu sehr übertrieben haben, denn Steffi wurde trotz ihrer Bräune richtig blaß. Wütend ging sie auf Reinhard los, der vor seinem Bier saß und uns fröhlich zuwinkte. Elli war auch da.
    »Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?« fauchte Steffi ihn an. »Beinahe hättest du meine Mutter auf dem Gewissen gehabt! Warum seid ihr nicht früher umgekehrt oder habt wenigstens eine andere Insel angefahren, es liegen doch genug herum!«
    »Nu mal janz ruhig, Meechen, reg dich erst mal ab!« Reinhard winkte dem Kellner. »Bringen Sie der jungen Dame einen Bananenshake mit einem Schuß Baldrian. Habt ihr nicht? Ach, du weeßt janich, wat det is? Na, denn eben ohne.«
    »Ich lasse mich nicht bestechen«, schimpfte die junge Dame, obwohl sie einem Bananenshake nie widerstehen kann und auch gar keinen Versuch unternahm, die Bestellung rückgängig zu machen. »Ich will jetzt wissen, weshalb du meine Mutter in Lebensgefahr gebracht hast.«
    »Setz dich erst mal hin«, meinte Reinhard. »Siehste, so is det schon besser. Und denn laß dir sagen, det nich eene Minute lang Jefahr bestanden hat. Janz schön windig war’s und ooch ziemlich naß, aba doch nich jefährlich. Da hab’ ick uff der Ostsee schon janz andere Wetter erlebt. Ick ärjere mich ooch schon seit ’ner halben Stunde, det wir nich einfach weiterjesejelt sind. Ick hätte wissen müssen, det die Rejenwand nich so jroß is. Isse hier unten ja nie.«
    Steffi war noch immer nicht beruhigt. »Dann erklär mir doch, warum ihr nicht auf einer anderen Insel den Sturm abgewartet habt.«
    »Denn wär’n wir morjen’ne Schlagzeile in der Bildzeitung jewesen«, sagte er gemütlich. »Det Riff von unserer Insel kenne ick und weeß, wo man durchkommt, aba doch nich von den anderen. Ohne Sicht wär’n wir jarantiert ruffjebrettert, und denn jute Nacht, Marie.«
    Im stillen hatte ich mich ja auch gewundert, weshalb wir nicht woanders Schutz gesucht hatten, sondern umgekehrt waren. Nun wußte ich es. »Warum hast du mir eigentlich nicht erzählt, daß du schon auf der Ostsee rumgeschippert bist? Dann hätte ich vorhin etwas weniger Angst gehabt. Ich dachte, deine nautischen Erfahrungen beschränken sich auf den Wannsee.«
    »Haste mich etwa danach jefragt?«
    Bis jetzt hatte Elli noch kein Wort gesagt, doch nun machte sie endlich mal den Mund auf. »Wenn wir von einem dreiwöchigen Urlaub zurückkommen, brauche ich immer vier Wochen zum Erholen. Vielleicht wißt ihr jetzt, warum.«
    Das einzig Angenehme am Februar ist, daß er nicht so lange dauert.
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