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Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel
Autoren: Catherine Coulter
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Kapitel 1
    Clontarf, Irland Dänische Festung, im Jahre 910
    Den Finger an die Lippen gelegt, drehte er sich zu den beiden Männern um. Sie hatten den Holzsteg über der tiefen Schlucht geräuschlos überquert. Die große Umsicht wäre gar nicht nötig gewesen. Ein greller Blitz zerriß den Nachthimmel, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donnerschlag. Der Himmel leuchtete weiß auf, die Erde erbebte, der Regen ergoß sich in Sturzbächen, und man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Er wußte, was er tat. Alles war genau geplant. Er gab Hafter und Sculla hinter sich ein Zeichen und lächelte — ein mörderisches Lächeln.
    Einar mußte sich in der Festung aufhalten. Das wußte Rorik von seinem Spion. Aslaks Nachricht war erst eine Woche alt. Einar mußte hier sein, auch wenn die Hexe ihm vom Festungswall zugerufen hatte, er halte sich in Dublin am Hofe des Königs auf. Doch die Hexe, Einars Hure, wie er annahm, hatte gelogen. Sie versuchte, ihn in die Irre zu führen.
    Die drei Männer erreichten den hinteren Einlaß, eine niedere Holztür, deren dicke Balken feindlichen Rammböcken lange Zeit standgehalten hätten. Doch sie würde nur angelehnt sein, hatte Aslak versprochen.
    Richtig. Er drückte die Tür einen Spalt auf und schlüpfte lautlos und geduckt in den Hof. Das Messer hatte er aus dem Gürtel gezogen. Plötzlich ertönte hinter ihm eine laute Männerstimme: »Faßt ihn! Tötet ihn aber nicht!«
    Rorik fuhr herum. Drei Männer stürmten mit gezückten Schwertern auf dem Holzsteg über der Schlucht heran.
    Wahnsinn und Blutrausch übermannten ihn. Vor ihm hatten sich ein Dutzend schwerbewaffnete Männer aufgebaut, doch darum scherte er sich nicht. Er würde nicht umkehren, auch wenn er die drei Männer über der Schlucht im Handstreich erledigen könnte. Nein, er mußte vorwärts. Einer der Männer, die ihn umringten, mußte Einar sein, den er noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Er brüllte seinen Namen, beschimpfte ihn als Feigling und Mörder, verhöhnte ihn, forderte ihn auf, sich zu stellen und mit ihm zu kämpfen. »Einar! Einar!«
    Die Garnisonskrieger rückten mit gezückten Schwertern und erhobenen Schilden näher. Er knurrte wie ein Raubtier vor Zorn. Er schrie seinen Haß in den Himmel. Sie verbargen den Feigling. Sie schützten Einar vor seiner Rache.
    Rorik schwang sein Schwert über dem Kopf und stürzte sich wie ein Berserker auf die feindlichen Krieger. Sein Blut rauschte wild in seinen Adern, er konnte nur noch einen Gedanken fassen: Töten. Sein Schwert sauste mit wilder Gewalt durch die Luft, er bahnte sich einen blutigen Pfad durch die feindlichen Krieger. Er mußte Einar finden. Der feige Hund versteckte sich, benutzte seine Männer als Schild, um sich zu schützen, doch Rorik würde ihn stellen. Und dann würde er ihm das Schwert in die Kehle stoßen.
    »Einar!«
    Und wieder hörte er die Stimme des Mannes hinter sich: »Tötet ihn nicht!«
    Plötzlich wurde er von Dutzenden Händen gepackt und auf die morastige Erde gedrückt. Er ließ den Schild fallen, hieb statt dessen mit dem Messer auf die Angreifer ein. Die Hände ließen von ihm ab. Er war wieder auf den Beinen, das Messer in einer Faust, das bluttriefende Schwert in der anderen. Brüllend und fluchend, mit blutunterlaufenen Augen stand er im strömenden Regen, wild entschlossen, seinen blutrünstigen Rachedurst zu stillen. Wieder ließ ein Donnerschlag die Erde erbeben.
    Die Männer wichen zurück, schlossen einen Kreis um ihn, ließen ihn nicht aus den Augen, verfolgten jede seiner Bewegungen. Er schrie sie an, nannte sie elende Feiglinge und stinkende Hurensöhne.
    Gunleik, der Kommandant der Garnison, stand hinter dem Kreis der Männer und beobachtete den Eindringling, dessen Gefolgsleute bereits außer Gefecht gesetzt und gefangen genommen waren. Beide Männer waren tapfer und stark, einer maß fast zwei Meter. Er war umgefallen wie ein Baum, als Ivar ihm das stumpfe Ende einer Axt über den Schädel zog. Der andere war im Schlamm ausgerutscht, vier Männer hatten sich auf ihn geworfen und ihn gefesselt. Aber der dritte, der mit den blutunterlaufenen Augen, der würde nicht aufgeben, der würde auf keinen Trick hereinfallen. Dennoch zögerte Gunleik, ihn zu töten.
    Vier seiner eigenen Männer waren verwundet und brüllten vor Schmerzen. Nun befahl er wieder: »Bleibt zurück! Bringt ihn nicht um!«
    Doch die Männer bebten vor Zorn, lechzten nach dem Blut des Eindringlings. Lange konnte er sie nicht mehr
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