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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell
Autoren: Rebecca Hunt
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dunkelrote Töne, der Efeu an den Straßenrändern mit rotem Staub bedeckt, die Gegend seit Jahrhunderten unverändert. Hinter einer Kurve, wo das Sträßchen ein Stück geradeaus ging, sah man vor der nächsten Kurve schmale schattige Holzwege in den Wald führen. Und plötzlich eine dunkle Gestalt.
    »Ich glaube kaum, dass sie in dieselbe Kategorie wie eine Auster fallen würde«, sagte Esther. »Wenn wir bei diesem Bild bleiben, müsste ich mich als schlechte Kopie bekennen.«
    »Wie die Austernpflanze«, entgegnete Corkbowl, der auf alles eine bizarre Entgegnung hatte.
    Die Landschaft öffnete sich auf einer Strecke mit Feldern links und rechts und schloss sich wieder, als der Wagen einen bewaldeten Hügel hinauffuhr. Auf der gewundenen Straße durchbrachen immer wieder kleine Gassen mit roter Erde die geschlossene Wand der Stämme, und Esther konnte tiefer in die immergrünen Höhlen des Waldes hineinschauen, wo braune Laubwehen an vermodernden Bäumen lagen. Und wieder die Schattengestalt.
    »Das ist ein anderer Name für die Haferwurzel.« Corkbowl lachte über seine eigene Skurrilität. »Falls Sie sich wundern, ich habe noch eine ganze Million idiotischer Nichtigkeiten auf Lager, und ich schrecke nicht davor zurück, meine sämtlichen Thesen damit zu untermauern.« Er zuckte mit dem Ellbogen, die Hand am Lenkrad. »Egal was Sie sagen, ich kann es zu einer verwirrenden, belanglosen Analogie verwursten.«
    Ein kurzer Blick auf Corkbowl, ein freundliches Sticheln: »Ja, das ist mir schon aufgefallen.«
    Der Schatten vor ihnen am Waldrand ließ hechelnd die Zunge heraushängen. Er wartete auf das Auto.
    »Hab ich mir schon gedacht«, sagte Corkbowl. »Mein soziales Fingerspitzengefühl ist ungefähr so.« Er hielt ihr seine geballte Faust hin. Doch das war ihm noch nicht starr genug. »Nein, so«, sagte er und deutete auf eine Natursteinmauer.
    Kurzes Auflachen. »Ach, so schlimm sind Sie gar nicht. Ich würde Sie auf eine viel höhere soziale Stufe stellen.« Esther machte mit einer Hand einen schwimmenden Fisch nach, um das Maß der Flexibilität zu demonstrieren.
    Als das Auto angeschlichen kam, Corkbowl am Steuer gemütlich plaudernd, lief Black Pat im Packtiergang daneben her. Mal beschnüffelte er kurz einen am Boden liegenden Ast, dann schloss er wieder zum Auto auf. Esther hielt den Blick von ihm abgewandt. Von dem Drang überkommen, das halb heruntergekurbelte Beifahrerfenster abzulecken, ließ Black Pat seine scheußliche Zunge über die Scheibe schlabbern.
    Corkbowl warf einen Blick auf Esthers schwimmende Hand. »Nicht mal annähernd, fürchte ich.« Der nächste Satz enthielt etwas Unausgesprochenes. »Nein, wenn Sie auf einen Schluck zu trinken zu mir mitkommen würden, könnte ich es Ihnen beweisen.«
    Esther drehte ihm den Kopf zu. Im Profil wirkte er außerordentlich aufs Fahren konzentriert.
    Vor einem Schlagloch auf der Straße bremste Corkbowl auf Schritttempo ab. Black Pat hatte sich zurückfallen lassen und trödelte neben dem Wagenheck her. Esther blickte im Seitenspiegel nach ihm und sah, dass keine Gefahr bestand. »Ein Schluck zu trinken?«, sagte sie leise zu Corkbowl.
    Doch Gefahr. Black Pat kam angesprungen. Sein Fell scheuerte direkt neben ihr am Lack.
    »Ich glaub, mich laust der Esel.« Ein Schwall von Ausdünstungen. Das riesige Maul näherte sich Esthers Ohr. »Du willst dich doch nicht von diesem Esel lausen lassen.«
    Sie rührte sich nicht.
    »Nimm ja keine Einladung von diesem Esel an, Esther.«
    Sie wollte Black Pat nicht die Genugtuung verschaffen, auf seine Weisungen zu reagieren.
    Corkbowl schielte mit Eulenaugen in ihre Richtung. »Ich meine, falls Sie gern einen Beweis für meine soziale Untauglichkeit hätten … oder einen Schluck zu trinken.« Und er hasste sich dafür, dass er sich die Bemerkung nicht verkneifen konnte: »Es muss auch nicht aus der Thermosflasche sein, falls das die Entscheidung leichter macht.« Er seufzte resigniert. »Nur der Vollständigkeit halber angemerkt: Das war viel einladender gemeint, als es vermutlich klang. Ein klassischer Fall von ›aus schön wird schrecklich‹. Das ist ungefähr so wie … « Er wusste nicht, wie. »Äh, ich bin wohl nicht … «
    »Kompostierbar?«, ergänzte Black Pat für ihn. »Doch, doch, das bist du«, stellte er richtig.
    »Irgendwie will mir kein klassischer Fall einfallen«, sagte Corkbowl, »obwohl ich mir sicher bin, dass es Hunderte gibt, wie zum Beispiel … « Nein, er kam auf kein Beispiel.
    Esther
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