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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell
Autoren: Rebecca Hunt
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länger damit herumzuärgern. Sie rechnete damit, dass er sich über den Wedel lustig machte, wünschte es sich. Mit leicht hochgezogenen Augenbrauen sah sie, wie sich auf Black Pats Gesicht Ernüchterung breitmachte. Der Wedel interessierte ihn nicht. Aus Ernüchterung wurde Kränkung, der Blick eines Herzensbrechers, der es nicht fassen kann, dass er verschmäht wird.
    »Bitte nicht«, sagte er zu Esther.
    Es hatte also angefangen. Sie tat verwirrt. »Was nicht?«
    »Lass mich bleiben.«
    Ein schwerer, unsicherer Blick von Esther, der Mund verkniffen. Dem rötlichen Licht und der drückenden Hitze in der Küche entstieg eine Traurigkeit, die hohle Traurigkeit einer sterbenden Beziehung. Es war nicht mehr aufzuhalten. Mit einem Stöhnen schmiegte Black Pat seine Schnauze an die Wand.
    »Wie bitte?«, sagte Esther.
    Und nun wurde der alte Romeo gänzlich schamlos. Langsam und beschwörend sagte er: »Wenn du zulässt, dass ich dich liebe, wird es die längste Liebe deines Lebens werden.«
    »Mich lieben? Du?« Entsetzt hörte Esther sich die Worte aussprechen, sofort im Zweifel, ob sie ihn richtig verstanden hatte. Grotesk, doch sie probierte es aus: »Black Pat, du liebst mich nicht.«
    Die Antwort war unverfroren: »O doch, das tue ich.«
    »Ich bezweifele, dass es Liebe ist.« Sie scheute sich, so zu reden. Eine schüchterne kleine Erklärung folgte. »Weil ich die Liebe kennengelernt habe und mich erinnern kann, wie es war.«
    »Nimm das mal zwei«, sagte Black Pat. »Mal zwei, mal drei. Du hast ja keine Ahnung … Es ist eine Liebe von einer Stärke, von der du dir gar keinen Begriff machst.« Mit heißer Stimme fügte er hinzu: »Es ist eine Liebe, die über deine Lebenszeit hinaus mit einer unvergleichlichen Gewalt fortbestehen wird.«
    »Warte mal … Gewalt?«
    »Grenzenlose, endlose, konkurrenzlose Gewalt.«
    »Nein«, sagte Esther nach kurzer Sprachlosigkeit, die Augen nur noch dunkle Löcher. »Das ist keine Liebe, das ist Inbesitznahme. Genau das hast du mit Michael gemacht, du hast von ihm Besitz ergriffen.«
    »Ich war ihm treu ergeben«, gab Black Pat zurück, begleitet von einem ungewöhnlichen Lächeln. »Und ich bin dir treu ergeben.« Das Verlangen war berauschend, stachelte sein Werben an. Er trommelte sich mit einer Pfote auf die Brust. »Ich bin dir ergeben. Esther, dies hier«, wieder drosch die Pfote bekräftigend auf die Brust ein, »dies ist Ergebenheit.« Sein Locken, seine animalische Männlichkeit setzten ihr unbarmherzig zu. »Komm«, flehte Black Pat. »Ich bin jetzt hier, Esther. Lass mich bleiben.«
    Eine große Müdigkeit kam: der Reiz der Unterwerfung, ein Ruf vom Elefantenfriedhof der Niederlage. Dann soll er mich eben haben, dachte Esther. Sie setzte zu ihrer matten Entgegnung an, doch irgendetwas bewirkte, dass sie ihr im Hals steckenblieb. Es gab ein Hindernis, eine Straßensperre, die das Fortfahren verwehrte. Churchill mit seinem Aufruf zum Widerstand; Michaels Leidensgeschichte; das Asyl bei Beth und Big Oliver; und Corkbowl, ein kleines Licht am Ufer: Dies alles summierte sich und erhob sich zu einer Faust trotzigen Überlebenswillens. Es war keine Frage, als sie sagte: »Hast du auch Michael gefragt, ob du bleiben könntest?«
    »Mit Michael war es anders, eine andere Regelung.« Ein ausweichendes Achselzucken machte deutlich, dass Black Pat nicht näher darauf eingehen wollte. »Er hatte keine Wahl. Churchill auch nicht. Denn nicht jeder hat eine Wahl. Ich bin so unzertrennlich mit ihrem Leben verflochten, wie ich … « Er überlegte. »Bei dir bin ich nicht so … « Black Pat gab das Bemühen um Genauigkeit auf. »Ich durchdringe dich nicht so tiefinnerlich.« Mit der Einschränkung: »Im Moment nicht, noch nicht.«
    »Was bedeutet, dass ich zurzeit noch die Wahl habe, ob ich mich von dir durchdringen lasse?«
    »Durchdringen … hm.« Das Wort gefiel ihm nicht, er brauchte ein besseres. »Durchdringen … « Er suchte nach etwas weniger Bedrohlichem. »Es ist eher ein gegenseitiges – «
    Esther hatte kein Interesse an einer exakten Wortwahl für das Grauen. »Aber ich habe die Wahl, das stimmt doch?«
    »Im Augenblick ja.« Er sagte das ehrlich, auch wenn ihm die Ehrlichkeit schwerfiel. »Eine Zeitlang. Doch die Zeit wird weniger und ist irgendwann um.«
    »Dann wird es schwierig?«
    Eine jähe Gefühlsaufwallung: »Es wird leichter.« Einschmeichelnd jetzt: »Esther, es ist das Leichteste auf der Welt.«
    Esther sah sich in ihrer Küche um, sah die Zerstörung, die
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