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Der Fänger

Der Fänger

Titel: Der Fänger
Autoren: Jason Dark
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Das Wetter war unangenehm. Es war kalt, es war windig, und noch vor kurzer Zeit hatte sie die Schneeflocken durch den Schein der weihnachtlichen Beleuchtung treiben sehen. Die Illumination war bei Geschäftsschluss ausgeschaltet worden. Der Supermarkt und seine Umgebung lagen im Dunkeln.
    Judy zog den Mantel über, löschte das Licht und schritt durch den Flur auf den Seitenausgang zu. Er war für das Personal bestimmt. Hier lagen auch die Toiletten, von denen stets der Geruch nach Desinfektionsmitteln ausging. Judy war froh, endlich Feierabend zu haben. Sie mochte ihren Job sehr, allerdings tagsüber, wenn Betrieb herrschte. Jetzt gab es nur die Leere, die sich ebenfalls auf dem großen Parkplatz ausbreitete, der tagsüber und besonders zur Vorweihnachtszeit immer bis auf den letzten Stellplatz besetzt war.
    Ihr Auto stand nicht dort. Es gab einen bescheideneren Platz für die Fahrzeuge der Mitarbeiter und nicht weit vom Personaleingang entfernt. Der war nicht so glatt asphaltiert worden. Dort hatte man einfach nur Schotter verteilt.
    Judy verließ den Supermarkt. Augenblicklich war die Wärme verschwunden. Sie spürte den scharfen Wind, d er gegen sie blies, und sah die weißen Flocken durch die Luft wirbeln. Es schneite bereits seit mehr als einer Stunde, aber noch hatte sich der Parkplatz nicht in eine weiße Fläche verwandelt. Wenn der Schnee jedoch weiterhin fiel, würde das zu Geschäftsbeginn. anders aussehen.
    Eine schwache Lampe spendete nur unzureichend Licht. Die Welt hatte für Judy Robinson ein anderes Aussehen bekommen. Vor sich sah sie den wirbelnden Flockenteppich, und dort, wo sie hingehen musste, gab es kein Licht. Zum Glück trug sie die richtigen Schuhe. Auf den Gummisohlen konnte sie sich schnell bewegen und musste auch keine Angst haben, auf dem etwas glatt gewordenen Untergrund auszurutschen.
    Sie lief mit schnellen, kleinen Schritten, und duckte sich vor dem Wind. Sie vermisste einen Hut, der ihr Haar vor den Flocken geschützt hätte.
    Weit war es nicht. Nur wehte ihr der Schnee leider ins Gesicht, und bei jedem Schritt platschte es, denn auf dem Boden hatten sich bereits zahlreiche Pfützen gebildet.
    Natürlich war Judy auch bereits zuvor allein im Dunkeln unterwegs gewesen. Aber noch nie hatte sie dieses seltsame Gefühl überkommen wie an diesem Abend.
    Über Menschen mit Vorahnungen hatte sie bislang nur lachen können, das war jetzt anders. Sie konnte sich vorstellen, dass irgendwelche Typen trotz der Überwachungskameras nicht davor zurückschreckten, sie anzugreifen.
    Der scharfe Nordwestwind begleitete sie bis zu ihrem Polo. Sie hätte jubeln können, als sie den Wagen erreichte und die rechte Tür aufschloss. So schnell wie möglich schwang sie sich auf den Fahrersitz. Sehr gut.
    Durchatmen. Das Gefühl ignorieren. Es war ja alles glatt gegangen. Jetzt würde es keine Probleme mehr geben.
    Ein erstes Lächeln huschte über Judy’s Lippen. Sie fuhr sich durch die Haare. Dort hatten sich die Schneeflocken bereits in Wassertropfen verwandelt, die sie als kalte Perlen auf der Kopfhaut spürte.
    Der Zündschlüssel glitt ins Schloss des Polos. Der Motor tat seine Pflicht, und wieder war sie froh darüber, dass alles so normal reagierte.
    Sie schaltete die Scheinwerfer an. Aus Versehen betätigte sie das Fernlicht. Die helle Botschaft strahlte in die Dunkelheit und auch in den Flockenwirbel hinein.
    Etwas huschte hindurch!
    Judy stieß einen leisen Schrei aus.
    Ein Tier vielleicht? Sie hatte von den Füchsen gehört, die sich neuerdings die Großstädte als Revier ausgesucht hatten und sich dort wunderbar anpassen konnten. Man las immer wieder in den Zeitungen darüber. Es konnte durchaus sein, dass sie einen dieser Gesellen entdeckt hatte. Aber der Schatten schien einfach zu groß für einen Fuchs gewesen zu sein.
    Judy Robinson ließ das Fernlicht trotzdem brennen, als sie startete. Das verdammte Gefühl war wieder da. Es mochte an dem Schatten liegen, den sie gesehen hatte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Das Gefühl, nicht mehr allein in der Umgebung zu sein, verstärkte sich zusehends.
    Der Polo fuhr an. Judy kannte die Tücken des Parkplatzes. Die kleinen Schlaglöcher hatten sich inzwischen mit Wasser gefüllt, das hochspritzte, als sie hindurchrollte. Das Licht strahlte weiter, aber die Flocken nahmen ihm seine Reichweite. Die gesamte Umgebung schien von einer weißen Gardine bedeckt zu sein, und der Schnee jagte auch in einem wilden Tanz gegen die Frontscheibe, wo die
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