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Der Fänger

Der Fänger

Titel: Der Fänger
Autoren: Jason Dark
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lachte. »Ja, es stimmt irgendwo. Meine Frau würde die Wände hochgehen, wenn ich ständig zu Hause wäre. Aber der Job ist wieder mal zum Weglaufen. Dabei meine ich nicht nur das Wetter, sondern das, was man immer wieder vorfindet.«
    »Verstehe«, sagte ich. »Und was hast du hier vorgefunden? Ich sehe nur einen Einkaufswagen.«
    »Ja, und darin lag die Tote!«
    Ich schwieg.
    Tanner gab uns diese Pause. Er schlug gegen seine Hutkrempe und sorgte so dafür, dass einige Tropfen abfielen. Danach sagte er. »Man hat die Frau richtig hineingepresst, nachdem sie ermordet worden war.« Er hob die Schultern. »Wer tut so etwas?«
    Es war in der Tat schlimm. Aber ich glaubte nicht daran, dass uns Tanner allein deswegen herbestellt hatte. Da musste es schon einen anderen Grund geben.
    »Was gab es noch?«, fragte ich leise.
    Er nickte vor sich hin. »Ich weiß nicht, ob es ein Fall für euch ist, aber ich weiß mir im Moment keinen Rat. Es ist die dritte Tote innerhalb von sechs Wochen, die wir auf diese Art und Weise gefunden haben.«
    »Moment!«, sagte Suko. »In einem Einkaufswagen?«
    »Nein, das war nur hier der Fall. Die beiden anderen Leichen wurden woanders entdeckt. Aber alle drei wiesen die gleichen Symptome auf.«
    »Und?«
    »Man hat ihnen die wichtigsten Organe entnommen!«
    ***
    Nach dieser Antwort und der gleichzeitigen bösen Überraschung war es zunächst mal still zwischen uns. Ich schaute Suko an, er mich, und der Schauer auf meinem Rücken war nicht wegen der Kälte entstanden. Hier ging es um die drei Frauen.
    »Ja, Freunde, so ist das«, brummte Tanner.
    Durch die Nase saugte ich die kalte Luft ein. Irgendwie fühlte ich mich neben mir selbst stehend und hörte mich fragen: »Welche Organe sind es gewesen?«
    »Herz, Leber, Nieren.« Tanner hob die Schultern. »Man hat den Körper aufgeschnitten und die Organe entnommen. Danach hat man die Leiche entsorgt – oder die Leichen. Jemand hat also Interesse an den gesunden Organen der Frauen.«
    Da hatte er wohl Recht. Ich wusste, dass es gewissenlose Menschen gab, die mit Organhandel sehr viel Geld verdienten. Ganze Banden lebten davon, und sie operierten zudem international, sodass ihnen schlecht beizukommen war.
    »Der dritte Fall?«, murmelte ich.
    »Wie ich schon sagte.«
    »Und eine Spur?«
    »Die gibt es nicht«, gestand er. »Wir ermitteln bisher ins Leere.«
    »Wer waren die beiden Frauen denn? Habt ihr das herausgefunden?«, erkundigte sich Suko.
    »Haben wir. Es waren Russinnen, und ich gehe mal davon aus, dass die Tote hier ebenfalls eine ist. Papiere hatte sie nicht bei sich, aber ich glaube an das Gesetz der Serie. Wir werden es noch herausfinden, denn ich gehe davon aus, dass sie mit den anderen beiden Frauen Kontakt gehabt hat. Sie haben sich kennen müssen.«
    »Warum?«
    Tanner grinste mich müde an. »Weil die beiden zuerst ermordeten Frauen zu ihren Lebzeiten für eine Modelagentur gearbeitet haben. Hübsche, junge Mädchen für alle möglichen Fotoshootings. Für Kalender, für Prospekte, vielleicht auch für Modeaufnahmen oder auch Pornobilder. Das weiß ich nicht genau.«
    »Wie heißt die Agentur?«
    »STAR LOOK.«
    »Kenne ich nicht.«
    »Ich auch nicht«, fügte Suko hinzu.
    Tanner strich sich über das nasse Gesicht. »Sie sitzt in Soho, ihre Chefin heißt Wanda Rice.«
    »Russin?«
    »Nicht ganz, John. Eine Halbrussin. Die Mutter stammt aus Minsk, der Vater ist Engländer. Nun ja, sie hat die Agentur aufgebaut. Nur mit russischen Models.«
    Suko nickte und hob die Schultern. »Können wir die Tote sehen?«
    »Natürlich. Kommt mit.«
    Wir gingen zu der Wanne. Tanner persönlich bückte sich und hob den Deckel an.
    Ich hatte mir keine Vorstellungen von dem gemacht, was mich beim Anblick der Toten erwartete und war eigentlich auf alles eingestellt, aber diese Überraschung war durchaus positiv – natürlich relativ gesehen.
    Die junge Frau mit dem blassen Gesicht machte den Eindruck einer Schlafenden. Sie lag auf dem Rücken. Die Augen waren ebenso geschlossen wie der Mund. Schneeflocken fielen auf das Gesicht, schmolzen allerdings nicht. Krause Haare, zu blond, als dass die Farbe natürlich gewesen wäre. Sie war in einen dunkelroten Flauschmantel eingehüllt.
    »Sie ist darunter nackt«, erklärte Tanner. »Die Wunden sind noch frisch. Man hat es nicht für nötig gehalten, sie zu vernähen. Reicht euch das?«
    Ich nickte.
    Der Deckel wurde wieder geschlossen. Die Tote konnte jetzt abtransportiert werden.
    Ich sprach Tanner an.
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