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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel
Autoren: Ian Banks
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Dies ist die Geschichte eines Mannes, der für lange Zeit fortging, nur um an einem Spiel teilzunehmen. Der Mann ist ein Spieler namens Gurgeh. Die Geschichte fängt mit einem Kampf an, der kein Kampf ist, und endet mit einem Spiel, das kein Spiel ist.
    Wer ich bin? Von mir werde ich später erzählen.
    Und so fängt die Geschichte an.
     
    Bei jedem Schritt wirbelte Staub auf. Er hinkte durch die Wüste, folgte der in einem Anzug steckenden Gestalt vor ihm. Das Gewehr lag ruhig in seinen Händen. Sie mussten beinahe da sein; durch das Schallfeld des Helms dröhnte die ferne Brandung. Sie näherten sich einer hohen Düne. Von oben müssten sie die Küste sehen können. Irgendwie hatte er überlebt. Er hatte nicht damit gerechnet.
    Draußen war es hell und heiß und trocken, aber innerhalb des Anzugs war er vor der Sonne und der sengenden Luft abgeschirmt – wohlbehütet und kühl. Eine Ecke der Sichtscheibe seines Helms war da, wo er einen Treffer abbekommen hatte, dunkel, und das rechte Bein, ebenfalls lädiert, konnte er nicht richtig abbiegen, sodass er hinken musste. Aber ansonsten hatte er Glück gehabt. Sie waren zum letzten Mal einen Kilometer weiter hinten angegriffen worden, und jetzt befanden sie sich fast außer Reichweite.
    Raketen kamen in einem glitzernden Bogen über den nächsten Kamm. Wegen der beschädigten Sichtscheibe sah er sie zu spät. Er glaubte, die Raketen feuerten bereits, aber es war nur der Sonnenschein, der sich auf ihren glatten Körpern widerspiegelte. Die Raketen senkten sich und formierten sich wie ein Vogelschwarm.
    Als sie tatsächlich zu feuern begannen, wurde das durch rote Lichtblitze angekündigt. Er hob sein Gewehr, um zurückzuschießen. Die anderen der Gruppe, alle in Anzügen, waren bereits dabei. Einige warfen sich auf die staubige Wüstenerde, andere ließen sich auf ein Knie nieder. Er war der Einzige, der stand.
    Die Raketen schwenkten ab, wendeten alle gleichzeitig und trennten sich dann, um verschiedene Richtungen einzuschlagen. Einschläge zu seinen Füßen trieben Staubwolken hoch. Er versuchte, auf eine der kleinen Maschinen zu zielen, aber sie bewegten sich verblüffend schnell, und das Gewehr fühlte sich in seinen Händen groß und unhandlich an. Der Alarm seines Anzugs übertönte die fernen Schüsse und die Rufe der anderen Leute; Lichter blinkten innerhalb des Helms, gaben Einzelheiten des Schadens bekannt. Der Anzug schüttelte sich, und sein rechtes Bein wurde plötzlich taub.
    »Wach auf, Gurgeh!«, sagte Yay lachend neben ihm. Sie drehte sich auf einem Knie, als zwei der kleinen Raketen plötzlich auf ihren Abschnitt der Gruppe zurasten; sie mussten spüren, dass dort die schwächste Stelle war. Gurgeh sah die Maschinen kommen, aber das Gewehr sang wild in seinen Händen und zielte immer dahin, wo die Raketen gerade eben gewesen waren. Die beiden Maschinen schossen auf den Raum zwischen ihm und Yay zu. Eine explodierte, löste sich auf; Yay schrie triumphierend. Die andere flog weiter. Yay holte mit dem Fuß aus und versuchte, nach ihr zu treten. Sich unbeholfen umdrehend, schoss Gurgeh nach der Rakete und bestrich dabei unabsichtlich Yays Anzug. Er hörte sie aufschreien und dann fluchen. Sie taumelte, brachte das Gewehr jedoch herum. Staubfontänen spritzten um die zweite Rakete hoch, die kehrtmachte und von neuem auf sie zulenkte. Das rote pulsierende Licht beleuchtete seinen Anzug und füllte seine Sichtscheibe mit Dunkelheit. Er fühlte sich vom Hals abwärts wie gelähmt und fiel zu Boden. Um ihn wurde es schwarz und sehr still.
    »Sie sind tot«, teilte ihm ein munteres Stimmchen mit.
    Er lag auf dem für ihn unsichtbaren Wüstensand. Er hörte ferne, gedämpfte Geräusche, spürte Vibrationen durch den Boden. Er hörte seinen eigenen Herzschlag, die Ebbe und Flut seines Atems. Er versuchte, den Atem anzuhalten und das Herz zu verlangsamen, aber er war paralysiert, eingekerkert, ohne Kontrolle.
    Seine Nase juckte. Es war unmöglich, sie zu kratzen. Was tue ich hier?, fragte er sich selbst.
    Die Wahrnehmung kehrte zurück. Leute redeten, und er starrte durch die Sichtscheibe auf den flach gedrückten Wüstensand einen Zentimeter vor seiner Nase. Bevor er sich bewegen konnte, zog ihn jemand an einem Arm hoch.
    Er löste die Helmverschlüsse. Yay Meristinoux, ebenfalls ohne Helm, sah ihn an und schüttelte den Kopf. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt, und von ihrem einen Handgelenk baumelte das Gewehr. »Du warst schrecklich«, sagte sie,
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