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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel
Autoren: Ian Banks
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ein ausgebreitetes Feld, sodass die Flüssigkeit mitten in der Luft wie in einem unsichtbaren Gefäß hing.
    »Er amüsiert mich«, antwortete Gurgeh. »Übrigens – Boruelal sagte etwas darüber, man habe den richtigen Spielpartner für mich gefunden. War es das, worüber ihr vorhin gesprochen habt?«
    »So ist es. Man hat irgendeine neue Studentin aufgetrieben, ein Kabinenkind aus einem Systemfahrzeug mit einer Begabung für Abräumen.«
    Gurgeh hob eine Augenbraue. Abräumen war eins der komplexeren Spiele seines Repertoires. Außerdem war es eins der Spiele, in denen er am besten war. Es gab andere menschliche Spieler in der Kultur, die fähig waren, ihn zu schlagen – obwohl sie alle Abräum-Spezialisten waren, keine Allround-Spieler wie er –, doch nicht einer von ihnen hätte einen Sieg garantieren können, und es waren wenige, wahrscheinlich nicht mehr als zehn in der ganzen Bevölkerung.
    »Und wer ist dieser talentierte Säugling?« Der Lärm auf der anderen Seite des Raums hatte nachgelassen.
    »Es ist eine junge Frau.« Chamlis schwenkte die in einem Kraftfeld ruhende Flüssigkeit umher und ließ sie durch dünne Fäden hohler, unsichtbarer Energie tröpfeln. »Gerade von Bord der Kargo-Kult hier eingetroffen. Sie ist noch dabei, sich einzurichten.«
    Das Systemfahrzeug Kargo-Kult hatte vor zehn Tagen am Chiark-Orbital angelegt und es erst vor zwei Tagen wieder verlassen. Gurgeh hatte an ein paar Schaukämpfen im Schiff teilgenommen – zu seinem geheimen Entzücken hatte er auf der ganzen Linie gesiegt; nicht in einem einzigen Match war er geschlagen worden –, Abräumen hatte er jedoch überhaupt nicht gespielt. Ein paar seiner Gegner hatten eine angeblich brillante – wenn auch schüchterne – junge Spielerin an Bord erwähnt, aber sie war, soviel Gurgeh wusste, nicht aufgetaucht, und er hatte angenommen, die Fähigkeiten dieses Wunderkindes seien stark übertrieben worden. Schiffsleute neigen zu einem wunderlichen Stolz auf ihr Fahrzeug; sie sonnten sich in dem Gedanken, dass das Schiff, mochten sie auch von dem großen Spieler geschlagen worden sein, immer noch etwas enthielt, mit dem ihm beizukommen war. Natürlich hätte das Schiff selbst ihn besiegen können, aber das zählte nicht; sie meinten Leute -Menschen oder Roboter mit 1,0-Wert.
    »Sie sind ein bösartiges und eigensinniges Gerät«, sagte Boruelal zu dem Roboter Mawhrin-Skel, der in Schulterhöhe neben ihr schwebte. Sein Aurafeld zeigte mit der Farbe Orange Wohlbefinden an, war jedoch mit purpurnen Fleckchen nicht überzeugender Zerknirschung durchsetzt.
    »Oh«, fragte Mawhrin-Skel munter, »ist das Ihr Ernst?«
    »Reden Sie einmal mit dieser widerwärtigen Maschine, Jernau Gurgeh.« Die Professorin betrachtete stirnrunzelnd die Oberfläche von Chamlis Amalk-neys Gehäuse, dann nahm sie sich ein frisches Glas. Chamlis goss die Flüssigkeit, mit der er gespielt hatte, in Boruelals altes Glas und stellte es auf den Tisch zurück.
    »Was haben Sie jetzt schon wieder angestellt?«, wandte sich Gurgeh an Mawhrin-Skel, der gerade an seinem Gesicht vorbeischwebte.
    »Anatomie-Unterricht.« Das Feld des Roboters brach zu einer Mischung aus formellem Blau und brauner Übellaunigkeit zusammen.
    »Man hat auf der Terrasse einen Chirlip gefunden«, erklärte Boruelal und maß den kleinen Roboter mit einem anklagenden Blick. »Er war verletzt. Jemand holte ihn herein, und Mawhrin-Skel erbot sich, ihn zu behandeln.«
    »Ich hatte nichts zu tun«, warf Mawhrin-Skel ein.
    »Er hat ihn vor allen Leuten getötet und seziert.« Die Professorin seufzte. »Sie waren sehr aufgebracht.«
    »Er wäre sowieso am Schock gestorben«, sagte Mawhrin-Skel. »Das sind faszinierende Wesen, die Chirlips. Diese niedlichen kleinen Pelzfalten verbergen freitragende Knochen, und das zur Schleife verbundene Verdauungssystem ist außerordentlich faszinierend.«
    »Aber nicht, wenn Leute essen.« Boruelal suchte sich auf dem Tablett einen neuen Appetithappen aus. »Er bewegte sich noch«, setzte sie düster hinzu. Sie aß den Happen.
    »Synaptische Residualkapazität«, erläuterte Mawhrin-Skel.
    »Oder ›schlechter Geschmack‹, wie wir Maschinen es nennen«, sagte Chamlis Amalk-ney.
    »Darin sind Sie Experte, was, Amalk-ney?«, fragte Mawhrin-Skel.
    »Ich beuge mich Ihren überlegenen Talenten auf diesem Gebiet«, schoss Chamlis zurück.
    Gurgeh lächelte. Chamlis Amalk-ney war ein langjähriger – und alter – Freund; der Roboter war vor mehr als viertausend Jahren
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