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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel
Autoren: Ian Banks
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jedoch nicht unfreundlich. Sie hatte das Gesicht eines schönen Kindes, aber die langsame, tiefe Stimme klang wissend und schalkhaft – eine verhaltene Stimme.
    Die anderen saßen ringsumher auf Steinen oder im Sand und unterhielten sich. Ein paar gingen zum Clubhaus zurück. Yay hob Gurgehs Gewehr auf und hielt es ihm hin. Er kratzte sich die Nase, dann lehnte er es mit einem Kopfschütteln ab, die Waffe an sich zu nehmen.
    »Yay«, sagte er zu ihr, »das ist etwas für Kinder.«
    Sie antwortete nicht gleich. Sie hängte sich das Gewehr über die Schulter, zuckte die Achseln. Dabei glitzerten die Mündungen beider Gewehre im Sonnenschein kurz auf; er sah von neuem die heranrasende Reihe der Raketen, und für eine Sekunde wurde ihm schwindelig.
    »So?«, fragte sie. »Es ist nicht langweilig. Du hast dich über Langeweile beklagt, da dachte ich, das Kriegsspiel würde dir Vergnügen machen.«
    Er klopfte sich den Staub ab und schlug die Richtung zum Clubhaus ein. Yay ging neben ihm. Bergungsroboter schwebten an ihnen vorbei und sammelten die Bestandteile der zerstörten Maschinen auf.
    »Es ist infantil, Yay. Warum sollte man seine Zeit mit solchem Unsinn verschwenden?«
    Sie blieben oben auf der Düne stehen. Das niedrige Clubhaus lag hundert Meter entfernt, zwischen ihnen und dem goldenen Sand und der schneeweißen Brandung. Das Meer gleißte unter der hoch stehenden Sonne.
    »Blas dich nicht so auf«, riet sie ihm. Der kräftige Wind zauste ihr kurzes braunes Haar und trieb die Gischt der Brandung wieder aufs Meer hinaus. Yay bückte sich nach den Teilen einer zerschmetterten Rakete, die halb vergraben im Sand lagen, hob sie auf, pustete Sandkörnchen von den schimmernden Oberflächen und drehte sie in den Händen. »Mir macht es Spaß«, erklärte sie. »Mir machen Spiele, wie du sie magst, Spaß, aber… so etwas auch.« Sie blickte verwirrt drein. »Das ist doch ein Spiel. Macht dir das überhaupt kein Vergnügen?«
    »Nein. Und nach einer Weile wird es dir auch kein Vergnügen mehr machen.«
    Sie zuckte leichthin die Achseln. »Warten wir’s ab.« Sie reichte ihm die Teile der Maschine. Er sah sie sich an. Eine Gruppe junger Männer ging auf dem Weg zu den Schießständen an ihnen vorbei.
    »Mr. Gurgeh?« Einer der jungen Männer blieb stehen und sah Gurgeh fragend an. Ein Ausdruck der Verärgerung huschte über das Gesicht des Älteren und wich dem amüsierter Toleranz, den Yay in solchen Situationen schon gesehen hatte. »Jernau Morat Gurgeh?« Der junge Mann war sich immer noch nicht ganz sicher.
    »Schuldig.« Gurgeh lächelte liebenswürdig. Yay bemerkte, dass er seinen Rücken ein bisschen straffte, sich etwas in die Höhe reckte. Das Gesicht des Jüngeren strahlte. Er vollführte eine schnelle, formelle Verbeugung. »Mr. Gurgeh«, sagte er mit breitem Lächeln, »mein Name ist Shuro… Ich bin…« Er lachte. »Ich verfolge alle Ihre Spiele; ich habe einen kompletten Satz Ihrer theoretischen Werke gespeichert…«
    Gurgeh nickte. »Da haben Sie sich ordentlich hineingekniet.«
    »In der Tat. Es wäre mir eine Ehre, wenn Sie irgendwann während Ihres Aufenthalts hier gegen mich spielen würden… gleichgültig, in welchem Spiel. In Aufmarsch bin ich wahrscheinlich am stärksten; ich spiele ab drei Punkten, nur…«
    »Während mein Handicap bedauerlicherweise Mangel an Zeit ist«, unterbrach Gurgeh ihn. »Aber, selbstverständlich, sollte sich eine Gelegenheit ergeben, würde ich mich freuen, gegen Sie zu spielen.« Er bedachte den Jüngeren mit der Andeutung eines Nickens. »Es war mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.«
    Der junge Mann zog sich errötend zurück. »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, Mr. Gurgeh… Auf Wiedersehen… Leben Sie wohl.« Er lächelte verlegen, drehte sich um und ging, seine Gefährten einzuholen.
    Yay sah ihm nach. »Du genießt das, nicht wahr, Gurgeh?« Sie grinste.
    »Durchaus nicht«, wehrte er kurz ab. »Es ärgert mich.«
    Yay sah immer noch dem durch den Sand stampfenden jungen Mann nach und musterte ihn dabei von oben bis unten. Sie seufzte.
    »Und was ist mit dir?« Mit Abscheu betrachtete Gurgeh die Raketenteile in seinen Händen. »Genießt du diese… diese Zerstörung?«
    »Das kann man doch nicht Zerstörung nennen«, antwortete Yay bedächtig. »Die Raketen werden durch Explosion demontiert, nicht zerstört. Ich könnte eins von diesen Dingern in einer halben Stunde wieder zusammensetzen.«
    »Dann ist es nicht echt.«
    »Was ist nicht
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